Wiesbaden Biennale 2025 – „Platz machen!“ – Unsichtbare (Stadt)-Räume sichtbar machen

Das Intendantinnen-Duo Dorothea Hartmann und Beate Heine (li) und die künstlerischen Leiterinnen Rebecca Ajnwojner und Carolin Hochleichter beim Pressegespräch anlässlich der Biennale Wiesbaden vom 12.bis 21. September 2025. Schon das Setting war eine Premiere: Statt wie gewohnt im Foyer des Hauses, fand das Pressegespräch heute in den Kolonnaden vor dem Staatstheater statt. Warum hier? Nicht nur eine sommerliche, sondern vor allem eine programmatische Entscheidung, wie sich bald herausstellte © Foto Diether  von Goddenthow

Vom 12. bis 21. September 2025 verwandelt sich Wiesbaden erneut in eine Bühne für performative Künste, gesellschaftspolitische Debatten und internationale Perspektiven: Die Wiesbaden Biennale lädt unter dem Motto „Platz machen!“ dazu ein, Raum neu zu denken – sichtbar zu machen, was übersehen wird, und Stimmen zu hören, die sonst wenig Gehör finden.

Das Festival verlässt bewusst klassische Theaterstrukturen. Stattdessen wird die Stadt selbst zur Spielfläche: Plätze, Passagewege, historische Gebäude und unscheinbare Winkel werden zu Schauplätzen von Kunst, Musik, Performance und politischer Reflexion. Ein zentraler Gedanke dabei ist, wie öffentlicher Raum vergeben, gestaltet oder auch entzogen wird – und wer daran teilhaben darf.

Die künstlerische Leitung übernehmen Rebecca Ajnwojner und Carolin Hochleichter, die gemeinsam mit einem vielfältigen internationalen Ensemble neue Perspektiven auf Erinnerungsorte, Kolonialgeschichte, Pflegearbeit und soziale Bewegungen eröffnen. Mit dabei sind unter anderem Künstler*innen wie nora chipaumire, Paul Brody, Donna Miranda, Sasapin Siriwanij und viele mehr. Die Räume selbst werden dabei nicht nur als Kulisse genutzt, sondern durch die Zusammenarbeit mit Guerilla Architects künstlerisch transformiert – Architektur wird dabei als politisches Mittel verstanden.

Für die Gesamtszenographie des Festivals zeichnen Shahrzad Rahmani und Silvia Gioberti, Künstlerinnen des Kollektivs Guerilla Architects, verantwortlich. In einer Videobotschaft teilten diese, was das Leitmotiv der diesjährigen Biennale “PLATZ MACHEN!” für sie bedeutet und wie sie sich einer ihnen unbekannten Stadt annähern: “Platz machen heißt für uns, unsichtbare Räume sichtbar zu machen und die entscheidenden Fragen zu stellen: Wer hat Zugang? Wer wird verdrängt? Es geht nicht darum, Raum zu besetzen, sondern Raum zu öffnen. Für neue Perspektiven und Stimmen.” Stadt sei nie neutral, deshalb schaffen sie Denk- und Verhandlungsräume, um bestehende Strukturen zu hinterfragen.

Auch in der Zusammenarbeit mit den Künstlern für die Entwicklung der ortsspezifischen Arbeiten übernehmen Guerilla Architects die Szenographie, darunter das Projekt, das als Inspiration für den Ort der Programmvorstellung diente: Sasapin Siriwanij, in Bangkok lebende Künstlerin, Kuratorin und Produzentin, wurde von den Festivalleiterinnen eingeladen, die Theaterkolonnaden zu bespielen.

„Als ich die Kolonnaden das erste Mal betrat, riefen bei mir als relativ kleine Person dort alleine stehend, diese großen, mächtigen, weißen scheinbar unzerstörbaren römischen Säulen, ein intensives Gefühl hervor. Es ist ein Gefühl, das mich sofort an eine Reihe sehr spezifischer Bräuche aus Thailand erinnerte, für die vertikale Konstruktionen wie Pfähle, Säulen oder große Bäume ausschlaggebend sind und die ich in die Kolonnaden bringen werde.”

Ihre performative und interaktive Installation COLORED RESURRECT – FARBEN, DIE NICHT VERBLASSEN ist täglich zu erleben. Vom 12.09. bis 20.09. haben Besucher jeweils um 17 Uhr die Möglichkeit, an den Ritualen teilzunehmen. Am Eröffnungstag findet außerdem um 14 Uhr ein Workshop statt.

Die künstlerischen Leiterinnen Rebecca Ajnwojner und Carolin Hochleichter präsentieren das vorläufige, sich noch im Aufbau befindlich Programm der Wiesbadener Biennale 2025 im Detail. © Foto Diether  von Goddenthow

Einige der zentralen Projekte reichen von einer Performance-Installation in den Kolonnaden des Staatstheaters, die sich mit kolonialer Vergangenheit befasst, über eine Ausstellung über philippinische Pflegekräfte im ehemaligen Kolonialwarenladen bis hin zu Open-Air-Aufführungen an Orten verdrängter jüdischer Geschichte. Ein besonderes Highlight wird die Tanzperformance „The Köln Concert“ von Trajal Harrell, die bereits am 12. September als Eröffnungsevent gezeigt wird – ein dialogisches Zusammenspiel von Voguing, Butoh und dem berühmten Soloalbum von Keith Jarrett.

Mit der Biennale 2025 will Wiesbaden nicht nur Kunst zeigen, sondern Fragen stellen: Wer hat Zugang zu welchen Räumen? Wer bestimmt über deren Bedeutung? Und wie kann eine solidarische, offene Stadtgesellschaft aussehen?

„Platz machen!“ ist also nicht nur Motto, sondern Einladung – zum Innehalten, Hinterfragen und Mitgestalten. Ein Festival, das weniger Antworten liefert, als Räume öffnet. Räume, in denen neue Möglichkeiten sichtbar werden.

Das Programm ist im Aufbau. Details unter: https://www.wiesbaden-biennale.eu/