„Wehrhafte Demokratie“: Was können wir tun?

Eröffnungsveranstaltung der neuen Reihe „#1 Tu was! Werkzeugkoffer Wehrhafte Demokratie“ im Landtag Rheinland-Pfalz. © Heike von Goddenthow

Vor einem Jahr begannen Tausende von Menschen in ganz Deutschland für die Demokratie zu demonstrieren, weil sie ihre Errungenschaften und Werte bedroht sahen. Auch in Rheinland-Pfalz gingen die Menschen auf die Straßen. Und auch jetzt vor den Bundestagswahlen gehen Menschen wieder für die Demokratie auf die Straßen. Der rheinland-pfälzische Landtag hat vor diesem Hintergrund eine neue Veranstaltungsreihe unter dem Motto „Werte. Haltung. Demokratie.“ entwickelt, die sich mit der Frage befasst: Was können der Staat, die Zivilgesellschaft, aber vor allem auch alldiejenigen von uns, die sich für Freiheit und Demokratie einsetzen wollen, konkret tun? Die Auftaktveranstaltung fand am Mittwoch, 22. Januar 2025 im voll besetzten Restaurant „Esszimmer“ des Landtags Rheinland-Pfalz statt.

Bei der Auftaktveranstaltung war der Politikwissenschaftler und Experte für Rechtsextremismus und Rechtspopulismus, Professor Kai Arzheimer von der Uni Mainz zu Gast. Im Mittelpunkt der Veranstaltung standen die Fragen: Was genau steckt eigentlich hinter dem Konzept der „Wehrhaften Demokratie“, welche Instrumente und „Werkzeuge“ gibt es und wie können wir sie selbst nutzen?

Nur jeder Dritte lebt in einer funktionierenden Demokratie
Landtagspräsident Hendrik Hering betonte: „Weltweit geraten Demokratien unter Druck, aktuell gehen mehr demokratische Staaten verloren als neue entstehen. Die Mehrheit aller Menschen lebt in autoritären Systemen, nur noch jeder dritte Mensch lebt in einer funktionierenden Demokratie. Rechtsextremistische Bewegungen erhalten in vielen Demokratien Zulauf und Wählerstimmen. Auch in Rheinland-Pfalz werden antidemokratische Tendenzen, menschenfeindliches, antisemitisches und rassistisches Gedankengut wie auch Verschwörungsdenken zunehmend sichtbar. Aber die große Mehrheit in unserem Land steht hinter der Demokratie und ganz viele Menschen engagieren sich für sie auf vielfältige Art und Weise. Dennoch gilt es heute umso mehr, sich um sie zu kümmern und sie zu verteidigen“. Demokratie dürfe nie als etwas Selbstverständliches betrachtet werden, sondern als hart erkämpfte Errungenschaft, die uns Frieden, Wohlstand, Freiheit, Rechtsstaatlichkeit, Meinungsfreiheit und so vieles mehr sichere. Demokratinnen und Demokraten müssten in allen Lebensbereichen klare rote Linie gegenüber den Gegnern der Demokratie ziehen. Der Landtag habe bereits auf verschiedenen Ebenen gehandelt. So seien Programme zur Demokratiebildung und zur Erinnerungs- und Gedenkarbeit verstärkt worden. Darüber hinaus wurde die Hausordnung des Landtags verschärft, um Mitarbeitenden mit extremistischen Hintergrund den Zugang zu verwehren.

Professor Kai Arzheimer sagte: „Auch wenn es paradox klingt: in einem schwierigen Umfeld kann liberale Demokratie nur überleben, wenn sie sich gegen Anti-Demokraten auch im Inneren wirksam wehren kann. Das Grundgesetz sieht dazu neben dem vieldiskutierten Verbot von Parteien eine ganze Reihe von Mechanismen vor. Damit diese greifen können, müssen staatliche Akteure jedoch selbst demokratisch denken und handeln und über ausreichende Ressourcen verfügen. Mindestens ebenso wichtig wie staatliche Maßnahmen ist das Verhalten der Bürger:innen im Alltag. Ob in der Familie, in der Schule oder im Verein: überall kann und soll man Demokratie leben und stärken.“

Beide waren sich einig, dass man verstärkt den Dialog über Generationen hinweg suchen und Netzwerke mit Gleichgesinnten knüpfen sollte. Eine funktionierende Demokratie sei nur möglich, wenn sie von Demokrat:innen gelebt und in die Institutionen getragen werde.

Das Publikum, darunter viele Vertreter:innen zivilgesellschaftlicher Institutionen und Vereine, diskutierte mit Hendrik Hering und Kai Arzheimer unter anderem über die langfristige staatliche Förderung politischer Bildungsangebote, die zunehmende Staatsverdrossenheit vieler Menschen und die Notwendigkeit eines stärkeren Zusammenhalts zwischen den demokratischen Parteien.

Wie geht es weiter?
Im Rahmen der Veranstaltungsreihe sind noch vier weitere Termine in diesem Jahr geplant, bei denen Expert:innen und Interessierte über die Gefahren extremistischer Parteien und die Zunahme antidemokratischer Entwicklungen diskutieren werden. Dabei geht es auch um folgende Fragen: Was steckt hinter der Zunahme antidemokratischer Tendenzen? Welche Akteure sind daran beteiligt, welche Rolle spielen die Sozialen Me­dien? Was passiert, wenn extremistische Parteien reale politische Macht erhalten, weil sie Regierungen bilden können?

Die nächsten Veranstaltungen in der Reihe finden an folgenden Terminen  statt:

#2 Tu was! Donnerstag, 20. März
#3 Tu was! Donnerstag, 22. Mai
#4 Tu was! Donnerstag, 18. September
#5 Tu was! Donnerstag, 20. November

Buchung und Infos über: https://landtag-rlp.de/de/mitmachen/demokratie/werte-haltung-demokratie.htm