
Gestern haben Innenminister Michael Ebling und Wissenschaftsminister Clemens Hoch gemeinsam mit der Generaldirektion Kulturelles Erbe die bei Bauarbeiten auf dem Baugelände der TRON gGmbH entdeckten bemerkenswerten archäologischen Funde aus römischer Zeit vorgestellt. Das Baufeld liegt unmittelbar südlich eines ehemaligen römischen Legionslagers, eine sogenannte Canabae legionis-Bebauung. Dies beherbergte einst 12.000 Soldaten. Ebling erklärte, dass sich neben dem römischen Militärlager zudem eine zivile Siedlung befand, Die archäologischen Funde, die sich von Münzen und Fensterglasbruch, Tonscherben und Knochen bis hin zu Prägestempeln erstrecken, haben mittlerweile mehrere hundert Kisten gefüllt.

Darunter ist eine in nur 50 Zentimeter unter der Erdoberfläche entdeckte außergewöhnliche Grabinschriftenstele. Diese weist auf eine Grabkammer mit Gewölbedecke für Körperbestattung hin. Innenminister Michael Ebling betonte die Besonderheit dieser Bestattung mitten in der zivilen Siedlung, die sicherlich großes Interesse in der Fachwelt wecken wird.

Auch der Fund einer Sandsteinstatue aus dem 3. Jahrhundert n. Chr. sei spektakulär. „Die Götterstatue zeigt einen Genius, einen persönlichen Schutzgeist, und wurde wohl in einer obergermanischen Bildhauerwerkstatt erschaffen. Der Genius-Kult war im militärischen Kontext wie auch beim römischen Kaiserhaus sehr verbreitet und inhaltlich facettenreich“, so Ebling. Dabei seien die stilistischen Parallelen der Statue zur bekannten Statue der römischen Göttin Salus aus der Mainzer Neustadt auffällig.
Wissenschaftsminister Clemens Hoch hob die historische Bedeutung des Standorts hervor, wo vor 2.000 Jahren die Spitzentechnologie der Römer zum Einsatz kam. Heute setzt Mainz mit wegweisender Forschung, insbesondere auf dem Gebiet der mRNA-Technologie, erneut internationale Maßstäbe. Der Neubau des TRON wird die Voraussetzungen schaffen, diese Spitzenstellung auch in Zukunft zu halten und die Forschung näher an die Patienten zu bringen. Darüber hinaus soll das Institut seine Expertise auf weitere Krankheitsbilder wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen ausweiten.

Das neue TRON-Forschungsgebäude entsteht in direkter Nachbarschaft zur Universitätsmedizin Mainz, was die enge Verbindung von Spitzenforschung und Spitzenmedizin weiter stärkt. Der Entwurf des sechsstöckigen, lichtdurchfluteten Gebäudes fügt sich harmonisch in die umgebenden Grünflächen und die denkmalgeschützte Fichtesiedlung ein. Bis Anfang 2027 soll der Neubau mit einer Nutzfläche von bis zu 10.800 Quadratmetern fertiggestellt sein und Platz für exzellente Forschung sowie rund 400 Mitarbeitende bieten, Durch die Grabungen dürfte sich der Termin nach gegenwärtiger Einschätzung um zwei Monate verschieben, wenn nicht noch mehr Funde als jetzt absehbar, noch entdeckt würden.
Archäologische Spurensicherung wie in einem Kriminalfall

Landesarchäologe Dr. Ulrich Himmelmann von der Generaldirektion Kulturelles Erbe (GDKE) schilderte den großen zeitlichen Druck, unter dem die Mitarbeiter der GDKE auf dem Tron-Baufeld stünden. Sie arbeiteten in enger Kooperation mit den Mitarbeitern von Tron zusammen, damit sich der Bau nicht allzu sehr verzögere. Die GDKE wurde von Anbeginn an ganz regulär an dem Bauvorhaben beteiligt, so Himmelmann „Wir wussten auch, dass hier wichtige römische Befunde im Boden liegen.“ Natürlich sei so eine Baustelle nicht frei von Überraschungen, was bedeute, dass oftmals auch mehr sei, als man vermutet hätte“. Zudem seien auch die Anforderungen der Baustelle nicht immer so gradlinig, wie man sich das am Anfang vorgestellt hatte. Um dennoch möglichst im Zeitplan zu bleiben, habe man praktisch jede Woche ein Treffen mit den Tron-Mitarbeitern, um den Fortgang von Grabung und Bau immer wieder miteinander verzahnen und neu aneinander ausrichten zu können, um die Prioritäten neu setzen, und damit eigentlich die Verzögerung so gering wie möglich halten zu können, so Himmelmann.

„Wir bemühen uns im Moment gerade um die Spurensicherung wie in einem Kriminalfall, alles hier vor Ort so schnell wie möglich aufzunehmen“, so der Landesarchäologe der GDKE. Deswegen habe man auch „noch nicht alles zeitlich sortiert“. Die wissenschaftliche Auswertung erfolge später wenn „wir hier schon lange weg sind“, auch in Kooperation mit anderen Partnern, so Himmelmann. Da die GDKE sich momentan von den wissenschaftlich spannenden Fragen momentan völlig zurückhalte, und sich einfach nur darauf konzentriere, die Dinge zu bergen, Informationen aufzunehmen, zu dokumentieren und später erst zu sortieren, vereinfache die Situation vor Ort.
Römische Grabungsstätte inmitten einer Zivilsiedlung ist außergewöhnlich

Was man aber jetzt schon sagen könne, sei, so der Landesarchäologe, „dass die Ergebnisse extrem reichhaltig§ seien und „wir wirklich Überraschungen mit dabei haben“. Dazu gehörten eben auch die herausragenden Funde, etwa „diese Grabanlage mit der Stele so nah am Legionslager“. Das sei „etwas Herausragendes, womit sich die . Fachwelt beschäftigen müsse“, etwa mit der Frage:„Wer und warum wurde an so prominenter Stelle beerdigt. Das ist auch heute nicht üblich, und war auch in römischer Zeit nicht üblich mitten in Städten Menschen zu beerdigen. Das ist also wirklich etwas Außergewöhnliches und eben auch die spannende Spur, die sich hier aus dieser Statue entwickelt, die man sehr gut vergleichen kann mit der Salus-Statue.“, so Himmelmann.
500 Jahre Römisches Leben am Legionslager

Ganz deutlich sei die äußere Umwehrung des Legionslagers zu sehen. Im Militärlager waren einst zwei, später dann eine Legion stationiert. Auf der Baustelle befände man sich inmitten des zivilen Umfeldes des Legionslagers, wo man sich die Speicherbauten und Bauten für Logistik, die ein Legionslager brauchte, aber auch die Häuser privater Handwerker, Firmen usw. vorstellen müsse. Ohne solch eine unmittelbare zivile Infrastruktur hätte so eine große Militäreinrichtung gar nicht existieren können, erklärt Himmelman.

500 Jahre fand hier römisches Leben statt. Das bedeute, so Himmelman, dass es also nicht nur ein Bau, ein Straßennetz gab, sondern, „dass in der Zeit immer wieder alles umgebaut gebaut wurde, Parzellen zusammengelegt und Straßenverbindungen neu gemacht wurden, so dass wir praktisch aus all diesen Jahrhunderten Gebäude haben“, erklärte der Landesarchäologe die „Fund-Gemengelage“, durch die sich die Teams kämpfen müssten. Man kann an einer Seite des Baufeldes beispielsweise noch eine Steinmauer Speichergebäudes sehen, an anderer Stelle rund 30 Meter davor, werden zurzeit Pfosten einer Holzbebauung freigelegt, besser gesagt, die Abdrücke, die die inzwischen ja längst verrotteten und abgebauten Pfosten hinterließen. Die Holzbebauung sei viel älter als die Steingebäude. „Die waren nicht gleichzeitig dar. Somit haben wir da ganz viele Teile von Gebäuden, und wir wissen noch gar nicht, wie viele Gebäude das insgesamt sind“, so Himmelman.

Es dürfte also weiterhin noch spannend werden, wie sich die Fundsituation und damit die Baustelle in den nächsten Monaten entwickelt. „Wir versuchen das bestmöglich hinzubekommen, und trotzdem noch im Zeit –und Kostenrahmen zu bleiben. Das gelingt uns bis jetzt auch ganz gut, durch eine sehr hervorragende Zusammenarbeit mit der Generaldirektion Kulturelles Erbe, mit den Archäologen, durch personelle Aufstockungen, die wir zusammen schon bewerkstelligen konnten“, ist Tron-Geschäftsführer Dr. Michael Ludorf dennoch ganz zuversichtlich, bis zum Dezember mit den Grabungen hier fertig zu sein. Übrigens können die Mitarbeiter, so Wissenschaftsminister Clemens Hoch durch die Einnahmen aus Impflizenzen bezahlt werden.
(Diether von Goddenthow/ Rhein-Main.Eurokunst)