
„Parzifal“ von Richard Wagner im Bayreuther Festspielhaus (1882), Foto: Helmut Reinelt
Ein Muss nicht nur für Romantik-Liebhaber: Das Arp Museum Rolandseck lädt vom 18.05. bis 2.11.2025 zu einer außergewöhnlichen Zeitreise ins Utopia romantischer Sehnsuchtswelten ein.
Nach den großen Caspar David Friedrich Ausstellungen in seinem 250-Jahr-Jubiläum bietet das Arp Museum Bahnhof Rolandseck ab diesem Frühjahr einen Überblick über die deutsche Malerei und Skulptur der Romantik. Rund 70 Werke, von den Anfängen um 1770 bis zur Neoromantik um 1900, illustrieren drei zentrale Themen der Epoche: die romantische Liebe, Traum und Albtraum und die Suche nach der verlorenen Einheit von Mensch und Natur. Kaum eine andere Epoche der Geistesgeschichte erfährt derzeit eine so hohe Aktualität angesichts der großen Krisen und Herausforderungen unserer Gegenwart.

„Mehr als der Verkitschung und Verklärung, die der Begriff in der Verkürzung beschreibt, widmen wir uns in der Ausstellung im Arp Museum einer vielschichtigen historischen Epoche. Die Romantik bietet mit ihrem Fokus auf die Vorstellungskraft ein Gegengewicht zu einem allumfassenden, bedrohlichen Gefühl, dem Verdacht, das ganze Weltgefüge könnte ins Schlingern geraten.“, erläutert Direktorin des Arp Museums Bahnhof Rolandseck Dr. Julia Wallner den Ansatz der Ausstellung.
Wunderbar kuratiert von Dr. Susanne Blöcker, zeigt die Ausstellung Meisterwerke von Carl Spitzweg und Friedrich Nerly bis zu Arnold Böcklin und Hans Makart. Diese stehen exemplarisch für diese Schaffenszeit zwischen der Ratio der Aufklärung und der Romantisierung des Lebens. Den Mittelpunkt bildet das Individuum mit der Kraft seiner Fantasie, die, so Novalis, die Welt aus dem eigenen Ich heraus zu formen und zu bewegen vermag. Es gilt eine Einheit von Vernunft und Gefühl, Wirklichkeit und Transzendenz zu schaffen, Sehnsüchte und Utopien zu verwirklichen.
„Die Romantik hat bewiesen: Träume können wahr werden. Musiker, Dichter, Denker, bildende Künstler haben uns ein epochales Gesamtkunstwerk an die Hand gegeben, das bis heute nachwirkt und deswegen auch in dieser Ausstellung in seiner Gesamtheit anklingt.“, betont die Kuratorin der Ausstellung, Dr. Susanne Blöcker, das Zusammenspiel aller Künste in dieser Epoche.

Wie kein anderer Begriff ist die romantische Liebe heute noch in unserem Wortschatz und als Sehnsucht in unserer Gesellschaft verankert. Die Entwicklung von der pragmatischen Zweckehe hin zu einem Liebesideal und der Suche nach einem Seelenverwandten ist ein wichtiger Topos am Ende des 18. Jahrhunderts. Goethes populärer Text „Die Leiden des jungen Werther“ ist der Ausgangspunkt. Wie so oft in der Romantik, und dies zeigt auch die Ausstellung durch ihre Exponate, ist die Literatur das Fundament für die Bildende Kunst und für die Musik. Maler wie Johann Nepomuk Geiger und Adolf Schroedter setzen die großen Liebesdramen und Komödien der Weltliteratur von Shakespeare bis Faust ins Bild. Mit viel Witz und Ironie beleuchten aber auch drei Gemälde von Carl Spitzweg und Johann Peter Hasenclever die Irrungen und Wirrungen der Liebe im Alltag des Biedermeier – von der unglücklich verliebten Mondsüchtigen frei nach Hauff über einen abgefangenen Liebesbrief bis zum zerstrittenen Paar am heimischen Tisch.

Wie nie zuvor gewinnen seit dem Ende des 18. Jahrhunderts Traum und Albtraum an Bedeutung. Oft genug eröffnen sich dahinter seelische Abgründe. Die fantastischen Welten und Wesen, die die Albträume zu Tage bringen, sind Projektionsfläche der eigenen Psyche. Befeuert durch die destabilisierenden napoleonischen Kriege wächst die Sehnsucht nach der vorindustriellen, vermeintlich guten alten Zeit. Vorbild werden die Dürerzeit und die Renaissance: Sie werden in den Kunst- und Volksmärchen der Romantik wiederbelebt, die reich illustriert werden. Von dort aus beginnt man in der Malerei, Skulptur, Architektur und Musik die Welt zu romantisieren. Auf den Ruinen der Rheinburgen werden neugotische Traumschlösser und Burgen errichtet. Manche von ihnen existieren als Utopie nur auf dem Papier wie die Gralsburg von Karl Friedrich Schinkel oder das Schloss auf dem Apollinarisberg vom Kölner Dombaumeister Ernst F. Zwirner – beide hier in der Ausstellung.
Die zunehmende Verstädterung und Industrialisierung erweckten bei vielen Menschen des späten 18. Jahrhunderts zudem das Bedürfnis nach Unschuld und Reinheit – man kann es den Beginn eines ökologischen Denkens nennen. Viele pilgern, wandern – oft ziellos auf der Suche nach dem großen Ganzen wie Oswald Achenbachs Dame, die in die lichtvolle Tiefe des Waldes schaut oder in meditativer Einkehr wie Spitzwegs Betender, der mit der ihn umgebenden Natur geradezu verschmilzt. Sie erklimmen Berge wie Rohdes Jäger, spazieren wie Jean-Jacques Rousseau, Ludwig Tieck oder Caspar David Friedrich in die unberührte Natur. Auf der Suche nach sich selbst dient sie ihnen als Spiegel der Seele und ihrer Abgründe.

Das Gedankengut der Romantik, ihre Sehnsüchte und Utopien leben noch lange weiter und erfahren derzeit viel Interesse, Deutung und Aktualisierung: Ist es die Sehnsucht nach einer unberührten Natur, die uns angesichts von Bebauung, Umweltverschmutzung und Klimawandel treibt? Der Wunsch nach Rückzug in eine innerliche Welt, die dem Lärm der Zeit und ihrer Geschwindigkeit zu trotzen vermag? Oder ein Ohnmachtsgefühl angesichts einer überrationalen Komplexität, auf die es keine einfachen Antworten geben kann? Vielleicht bietet die Romantik ein Gegengewicht zu einem allumfassenden, bedrohlichen Gefühl, dem Verdacht, das ganze Weltgefüge könnte ins Schlingern geraten.
Skulpturenufer
Ganz in diesem Sinne öffnet sich das Arp Museum mit dem Skulpturenufer in den Außenraum und in die Jetztzeit. Auf dem Pfad entlang des „Romantischen Rheins“ können Besucher 15 Skulpturen zeitgenössischer Künstlerinnen und Künstler erleben und den Rhein als Kulisse hoffnungsvoller Utopien und märchenhafter Perspektiven in die Vergangenheit erleben.
Alle Informationen Arp Museum Rolandseck
Katalog
Der ausstellungsbegleitende Katalog mit dem gleichnamigen Titel (144 Seiten, deutsch, Eigenverlag) mit einem Vorwort von Direktorin Dr. Julia Wallner, Beiträgen der Literaturwissenschaftler und Romantik-Experten Prof. Dr. Stefan Matuschek und Prof. Dr. Nobert Lennartz, sowie der Kuratorin Dr. Susanne Blöcker und der Gegenwartskuratorin Jutta Mattern ist im Shop des Museums für 34,– € erhältlich. Interessierten Journalistinnen und Journalisten stellen wir das PDF des Katalogs kostenfrei per Mail zur Verfügung.
Museumsfest Sehnsucht nach Utopia – Eröffnung am Internationalen Museumstag
Die Eröffnung der Ausstellung „Sehnsucht nach Utopia“ findet erfolgt im Rahmen des Museumsfestes am 18. Mai 2025, dem Internationalen Museumstag,
11:00 Uhr Lobby Neubau
mit
Dr. Julia Wallner, Direktorin Arp Museum Bahnhof Rolandseck
Prof. Dr. Jürgen Hardeck, Kulturstaatssekretär des Landes Rheinland-Pfalz und Vorstand Arp Museum Bahnhof Rolandseck
Jens Schwanewedel, Geschäftsführer UNICEF Deutschland
Dr. Susanne Blöcker, Kuratorin Arp Museum Bahnhof Roland
13:30 Uhr | Foyer Bahnhof
Museum neu denken
13:30 Uhr | Foyer Bahnhof
Auf ein Gläschen mit dem Team. Wir teilen unsere Gedanken zur Umgestaltung des Foyers als Ort des Willkommens
Kurzführungen je 30 Minuten
13:00 Uhr: je eine Führung zu den Ausstellungen Axel Hütte und Kosmos Arp sowie zur Architektur des Arp Museums
15:00 Uhr: je eine Führung zu den Ausstellungen Sehnsucht nach Utopia und Axel Hütte sowie zur Geschichte des Bahnhofes Rolandseck
17:00 Uhr: je eine Führung zu den Ausstellungen Sehnsucht nach Utopia und Kosmos Arp
Treffpunkt: in den Ausstellungen oder im Foyer des Bahnhofs. Bitte tagesaktuellen Aushang beachten.
Fahrradführungen je 60 Minten
13:30 Uhr und 15:30 Uhr | Treffpunkt: Vorplatz
Wir fahren zu den geheimen gärten rolandswerth (Skulpturenufer Remagen)
Fahrradausleihe gegen Pfand. Bitte eigenen Helm mitbringen!
Strecke ca. 4 km hin und zurück.
Workshops
12:00-17:00 Uhr | Arp Labor im Historischen Bahnhof und/oder Vorplatz
Familienwerkstatt: Schattentheater-Figuren
Gemeinschaftsarbeit: Romantischer Rhein
Theater für Groß und Klein
14:00 Uhr | Lobby Neubau
Theater der Dämmerung: Aschenputtel
16:00 Uhr | Lobby Neubau
Theater der Dämmerung: Der Wolf und die 7 Geißlein
Musik & Tanz
ab 15:00 Uhr | Vorplatz
Das Bernd Lier Ensemble spielt zum Tanz auf – Lindy Hop Tea-Dance
Kulinarisches
Wein von der Winzergenossenschaft Mayschoss | Foyer im Bahnhof
Ofenkartoffeln und Crêpe | Vorplatz
Alle Informationen Arp Museum Rolandseck