Das Rheinische Landesmuseum Trier lädt zu einer Zeitreise in das Römische Reich des 2. Jahrhunderts ein und geht der Faszination um den Kaiser Marc Aurel auf den Grund. Die archäologische Ausstellung präsentiert mit wertvollen Spitzenexponaten einen chronologischen Gang durch das facettenreiche Leben und die Epoche des römischen Kaisers. © Foto Diether von Goddenthow

Das Rheinische Landesmuseum und das Stadtmuseum Simeonstift Trier öffnen am 15. Juni 2025 ihre Tore zur großen, überregional bedeutsamen rheinland-pfälzischen Landesausstellung „Marc Aurel. Kaiser, Feldherr, Philosoph“. Die spannende, unter der Schirmherrschaft von Ministerpräsident Alexander Schweitzer stehende Ausstellung läuft bis zum 23. November. 400 Ausstellungsstücke sind in der Marc-Aurel-Landesausstellung zu sehen. 117 Museen haben für die Ausstellung Werke ausgeliehen, darunter der Louvre in Paris, das British Museum London und die Nationalgalerie für antike Kunst in Rom.

Die Ausstellungsräume präsentieren sich wie kunstvoll gestaltete Bühnenbilder. In Kombination mit kostbaren Exponaten entsteht eine eindrucksvolle, atmosphärische – mitunter bildgewaltige –  Umgebung. Besucherinnen und Besucher erhalten spannende Einblicke in das Leben Marc Aurels und in die Epoche, in der er wirkte.

Pressegespräch v.li.: Innenminister Michael Ebling, Triers Oberbürgermeister Wolfram Leibe, Dr. Viola Skiba, Direktorin des Stadtmuseums Simeonstift und Dr. Marcus Reuter, Direktor des Rheinischen Landesmuseums Trier. © Foto Diether von Goddenthow

Während das Rheinische Landesmuseum Trier zu einer Zeitreise in das Römische Reich des 2. Jahrhunderts einlädt und der Faszination um Kaiser Marc Aurel nachspürt, widmet sich das Stadtmuseum Simeonstift der Wirkungsgeschichte Marc Aurels und seiner Schriften – von der Antike bis in die Gegenwart. Im Zentrum steht dabei die grundlegende Frage: „Was ist gute Herrschaft?“

Gestern wurde die Ausstellung Marc Aurel von Rheinland-Pfalz’ Innenminister Michael Ebling, Triers Oberbürgermeister Wolfram Leibe, Dr. Viola Skiba, Direktorin des Stadtmuseums Simeonstift, und Dr. Marcus Reuter, Direktor des Rheinischen Landesmuseums Trier, der Presse vorgestellt.

Marc Aurel, alias Udo Schenk. © Foto Heike von Goddenthow

Schauspieler Udo Schenk, vielen insbesondere als Dr. Rolf Kaminski in der ARD-Krankenhausserie In aller Freundschaft bekannt, verkörperte zur Einstimmung grandios Marc Aurel – und erzählte aus seinen „Selbstbetrachtungen“.

„Die Partner Stadt und Land haben mit ‚Marc Aurel‘ eine Ausstellung realisiert, die historische Tiefe mit einer eindrucksvollen Inszenierung verbindet. Sie richtet sich bewusst an ein breites Publikum und macht die faszinierende Welt Marc Aurels auf anschauliche, barrierefreie und inspirierende Weise für alle erlebbar – von Kindern über Schulklassen bis hin zu Geschichtsinteressierten und Reisenden aus aller Welt“, sagte der rheinland-pfälzische Innenminister Michael Ebling.

„Mit Exponaten aus 17 Ländern und Leihgaben aus Häusern wie dem Louvre, den Vatikanischen Museen oder dem British Museum setzt diese Ausstellung Maßstäbe. Sie zeigt: Rheinland-Pfalz ist ein wichtiger Player im Kulturbetrieb – und Trier das Zentrum der Antike nördlich der Alpen. Gleichzeitig schafft die Schau starke Impulse für Tourismus, regionale Wirtschaft und internationale Wahrnehmung. Es ist eine bewusste politische Entscheidung, in solche Ausstellungen zu investieren – weil sie Bildung, kulturelle Teilhabe und wirtschaftliche Entwicklung gleichermaßen fördern“, so Ebling.

Innenminister Michael Ebling und Triers Oberbürgermeister Wolfram Leibe beim Rundgang durch die Ausstellung „Marc Aurel.“ © Foto Diether von Goddenthow

Bereits mit den Ausstellungen zu Konstantin, Nero und dem Untergang des Römischen Reiches sei es erfolgreich gelungen, Trier als Ausstellungszentrum für antike Themen zu etablieren. Die neue Ausstellung wolle an diese Erfolge anknüpfen, so Ebling weiter. „Ich bin mir sicher, dass auch die Landesausstellung ‚Marc Aurel‘ Besucherinnen und Besucher von Nah und Fern begeistern wird. Denn Marc Aurel hat sich mit Fragen beschäftigt, die heute aktueller denn je sind: Wie gelingt gute Herrschaft? Wie bewahrt man Haltung in Zeiten des Umbruchs? Die Ausstellung macht seine Gedankenwelt auf faszinierende Weise zugänglich – und schlägt dabei eine Brücke von der Antike in unsere Gegenwart. Hier wird Geschichte so richtig lebendig.“

Eine Ausstellung für alle – mit und ohne Vorkenntnisse

Römisch schreiben lernen auf einer interaktiven Tafel. © Foto Diether von Goddenthow

„Wir wollen ganz, ganz vielen Menschen ermöglichen, Marc Aurel kennenzulernen“, bekräftigte Triers Oberbürgermeister Wolfram Leibe. So stand von Anfang an die Frage im Raum: Wie macht man heute eine Wissensvermittlung für Kinder und Jugendliche? Doch in beiden Museen habe man neue Konzepte entwickelt, um hier neue Wege zu gehen. „Es ist auch nicht selbstverständlich, dass unsere Sparkasse Schulklassen freien Eintritt ermöglicht. Wir wollen, dass dieses Thema tatsächlich auch ankommt.“ Denn wo gäbe es einen Kaiser, so Leibe, „der postuliert: Es braucht gleiche Gesetze nach dem Grundsatz der Bürger- und Rechtsgleichheit, und es braucht Freiheit – in einem Reich von einem Kaiser, von einem absoluten Herrscher postuliert. Und dann sind wir bei den aktuellen Themen in unseren Zeiten der Umbrüche. Was nehmen wir denn mit aus dieser Aussage: Wie gehen wir damit um? Auf der einen Seite fordern die Menschen immer mehr Freiheit. Demokratische Regeln werden aber ganz oft missachtet. Wie spielt sich dieses Politische, dieses gesellschaftliche Spiel wieder ein? Und ich finde, da gibt es ganz, ganz viele Aspekte, die auch mit dieser Ausstellung aufgegriffen werden“, so der Oberbürgermeister.

Teil 1 Marc Aurel. Kaiser, Feldherr, Philosoph im Rheinischen Landesmuseum Trier

Marc Aurel als Feldherr. Ausstellungsimpression. © Foto Diether von Goddenthow

„Wir widmen uns dem Leben Marc Aurels von seiner Geburt bis zu seinem Tod – ein 59-jähriges Leben, von 121 bis 180 nach Christus.  Wir begleiten ihn quasi durch seine Jugend, durch seine Zeit als Kronprinz, durch seine Zeit als Kaiser“, durch seine Zeit als Feldherr“, umreißt Dr. Marcus Reuter, Direktor des Rheinischen Landesmuseums, den Themen-Bogen der Ausstellung Teil 1 im Rheinischen Landesmuseum Trier.

Marc Aurel wird 121 n. Chr. in der Blütezeit des Römischen Reiches geboren. Das Imperium, hier gut dargestellt, hat seine bisher größte Ausdehnung erreicht. © Foto Diether von Goddenthow

Marc Aurels Leben bietet einiges an spannendem Stoff. Während seine Zeit als Kronprinz überwiegend friedlich war, wir sprechen vom Goldenen Zeitalter Roms, ist seine Herrschaft von erbitterten Kriegen gekennzeichnet. Mit 17 wird er Thronfolger. Mit 18 wird Marc Aurel Konsul und zum Caesar erhoben. Das bleibt er – ungeplant und unvorhergesehen – 23 Jahre lang. Erst mit 40 wird er Kaiser, in einer Zeit als die durchschnittliche Lebenserwartung deutlich unter 50 Jahren lag.

Normalerweise wäre Marc Aurel nie Kaiser geworden
Wäre Marc Aurels Leben normal verlaufen, wäre er wohl nie Kaiser geworden. Das ist schon die erste Besonderheit. Er wird zweimal adoptiert, ändert zweimal seinen Namen.

Marc Aurel mit 20

Sein neuer Adoptivvater – oder besser gesagt: der zweite Adoptivvater – Antoninus Pius war eigentlich nur als Zwischenkaiser gedacht.

Antonius Pius sollte ein paar Jahre regieren, bevor der junge Marc Aurel dann reif für das Regierungsamt gewesen wäre, so Reuter beim Presse-Preview. Doch die Pläne, die man damals in Rom gemacht hatte, griffen in der Praxis nicht. Der Übergangskaiser Pius lebte noch 23 Jahre, und Marc Aurel blieb Kronprinz – das erinnert fast ein wenig an das Schicksal von Prinz Charles. Doch diese lange Praxiszeit hat Marc Aurel nicht geschadet. Kein anderer römischer Kaiser wurde so gut auf das Regierungsamt vorbereitet wie er, so Marcus Reuter.

Marc Aurel als Erfinder der Doppelspitze

Nach dem späten Tod von Antoninus Pius „Adoptivvater und Zwischenkaiser“, wird Mark Aurel zunächst alleiniger Kaiser (in der Ausstellung mit Treppen schön symbolisiert). Kurz nach seinem „Amtseintritt“ ernannte er  seinen 10 Jahre  jüngeren Stiefbruder Lucius Verus zum Mitkaiser (Augustus) – ein bislang einmaliger Vorgang in der Geschichte des Römischen Reiches. Er war sozusagen Erfinder der „Doppelspitze“. Trotz offiziell nahezu gleicher Machtbefugnisse lag in Praxis die Führung klar bei Mark Aurel, der als senior Augustus dominierte., so Museumsdirektor Dr. Marcus Reuter. © Foto Diether von Goddenthow

Marc Aurels Herrschaft weist eine Reihe von Besonderheiten auf, die in der Ausstellung thematisiert werden. Die erste: Er ernennt seinen Stiefbruder Lucius Verus zum Mitkaiser – das hat es im Römischen Reich noch nie gegeben, dass plötzlich zwei Herrscher gleichzeitig regieren. Heute würde man sagen: Marc Aurel ist quasi der Erfinder der Doppelspitze.

Marc Aurel als Feldherr

Marc Aurel als Feldherr. Ausstellungs-Impression. © Foto Diether von Goddenthow

Die 19-jährige Regierungszeit von Marc Aurel ist von einer ganzen Reihe von Krisen und persönlichen Rückschlägen geprägt. Viele seiner elf Kinder, die er mit seiner Frau Faustina hatte, sterben. Dann bricht die Antoninische Pest aus, die das Römische Reich erreicht. Und kaum ist diese überstanden, greifen die Parther im Osten des Imperiums an – sie werden jedoch erfolgreich von Marcs Stiefbruder und Mitkaiser Lucius Verus abgewehrt. Und als all diese Krisen überstanden scheinen, droht neues Unheil an der Donau.

Krieg an der Donau:

In Rom registriert man das sehr genau und stellt noch vor Beginn der sogenannten Markomannen-Kriege zwei neue Legionen auf. Die Ausstellung widmet dieser Wendung in der Geschichte des römischen Reiches zwei Räume. Dieses sich einst  zusammenbrauende Unheil waren bereits die ersten Vorboten der Völkerwanderung. Die Angriffe reichen bis nach Oberitalien und legen Städte in Schutt und Asche – ein Schock. Das erinnert an das, was wir heute im Ukraine-Krieg erleben: Man wähnt sich lange im Frieden, und plötzlich wird die Verletzlichkeit der Welt deutlich. Rom rüstet auf, Stadtmauern werden errichtet – auch Trier bekommt in dieser Zeit eine Stadtmauer, die Porta Nigra wird gebaut. Der Bau einer Stadtmauer musste vom römischen Kaiser genehmigt werden – also mussten die Pläne Marc Aurels Schreibtisch passieren.

Gattin Kaiserin Faustina „Mutter der Heerlager“

Eines der Hauptquartiere ist das Legionslager Carnuntum im heutigen Niederösterreich an der Donau etwa 60 km östlich von Wien. Große Teile davon wurden als Freilichtmuseum, ähnlich wie „Xanten“ rekonstruiert. © Foto Diether von Goddenthow

Obwohl der neue Kaiser eher der Philosophie zugeneigt war, musste Marc Aurel zwölf Jahre lag Krieg führen. Drei Jahre verbrachte er allein im römischen Zentrum Carnuntum an der Donau. Eine Besonderheit: Mar Aurel war der erste Feldherr, der seine Frau, Faustina die jüngere, eine Tochter von Antonius Pius, samt seiner Kinder in die Heerlager mitnahm. Eine besondere Ehre hob die Kaiserin von all ihren Vorgängerinnen ab:  Nach einer glücklichen Wendung im Kampf gegen die Germanen riefen die römischen Soldaten Kaiserin Faustina um 174 n. Chr. zur „Mutter der Heerlager“ aus. Sie war die erste, die diese Ehrung erfuhr – und sie behielt diesen Titel über ihren Tod hinaus. Offenbar galt sie den Soldaten dauerhaft als Schutzherrin. Die Ausstellung widmet diesem Thema einen gesonderten Abschnitt. „Wir haben von keinem römischen Kaiser so viele private Zeugnisse wie von Marc Aurel“, sagt Marcus Reuter.

Marc Aurel als Philosoph

Antike Philosophie zurzeit Marc Aurels gehörte zur Erziehung in der römischen Oberschicht und beschäftigte sich unter anderem mit den Grundsätzen eines guten Lebens. Die Ausstellung widmet zwei Sonderthemen-Inseln dem Stoizismus, der heutzutage wieder populär geworden ist. © Foto Diether von Goddenthow

Zwei Ausstellungsinseln fallen optisch aus dem Rahmen des Ausstellungs-Designs. Sie befassen sich mit der auch heute wieder hochaktuellen stoischen Philosophie, der philosophischen Schule, der auch  Marc Aurel anhing. Schon früh interessierte er sich für Philosophie und wurde als Kind von Philosophen darin unterrichtet. Während der Kriege gegen die Markomannen schrieb er im Feldlager zwischen 170 und 180 n. Chr. seine „Selbstbetrachtungen“. Vernunft, Gleichmut, Pflichterfüllung und Gerechtigkeit waren für ihn zentrale Werte. In kurzen Sätzen formuliert er seine Ideale und mahnt sich selbst, sie einzuhalten.

Die Römer sahen Marc Aurel nicht als Philosophen-Kaiser

Marc Aurel galt als guter Kaiser – Krieg zur Verteidigung war seine Pflicht – Auf der drucktechnisch rekonstruierten und begehbaren Marc Aurel Säule werden die Stationen des Herrschers nachgezeichnet. © Foto Heike von Goddenthow

Zum Schluss von Teil 1 wird der Frage nachgegangen, warum Marc Aurel schon zu Lebzeiten als guter Herrscher galt. Ein Grund: Marc Aurel war machtbewusst, wollte diese Macht aber nicht ausnutzen. Die Römer sahen ihn jedoch nicht als Philosophen-Kaiser, denn seine philosophischen Schriften wurden zu Lebzeiten nie veröffentlicht. Sie waren privat, in Form eines Tagebuchs, nur an ihn selbst gerichtet. Erst 1558 wurden sie entdeckt – und begannen ihren Siegeszug unter dem Titel „Selbstbetrachtungen“.

Marc Aurel galt als guter Kaiser

Marc Aurel. © Foto Heike von Goddenthow

Die Römer schätzten Marc Aurel als guten Kaiser. Er sorgte für die Sicherheit des Reiches – mitunter auch mit brutalen Mitteln, wie antike Szenen auf der Marc-Aurel-Säule zeigen. Sie wirken auf uns heute verstörend, stellen eigentlich Kriegsverbrechen dar. Doch von einem guten Kaiser erwartete man, dass er mit allen Mitteln die Sicherheit durchsetzt. Marc Aurel bemühte sich um gerechte Justiz und rechte Verwaltung, achtete auf eine solide Finanzlage und verzichtete auf neue Steuern. Als der Staat in finanzielle Not geriet, versteigerte er sogar seinen kaiserlichen Haushalt – etwas, das kein anderer Kaiser vor oder nach ihm tat. Generationen nach seinem Tod priesen ihn als ideales Herrscher-Vorbild. Kurzum: „Die Antike sah ihn als guten, als vorbildlichen Herrscher. Heute in der Literatur sehen wir ihn mehr als den Philosophen-Kaiser. Das ist eigentlich das Spannende: Wie sich die Wertung und Bewertung einer historischen Persönlichkeit ändern kann –  und wenn wir das vermitteln können, haben wir schon viel erreicht.“, resümiert Dr. Marcus Reuter,

Teil 2 Marc Aurel. Was ist gute Herrschaft? – Stadtmuseum Simeonstift 

Teil 2 der Ausstellung im Stadtmuseum Simeonstift geht der Frage nach: „Was ist gute Herrschaft?“ und: „Wie hat sich die Vorstellung von guter Herrschaft im Lauf der Zeit gewandelt?“. Dr. Viola Skiba, Museumdirektorin hier beim Presserundgang durchs Stadtmuseum Simeonstift. © Foto Diether von Goddenthow

Die Landesausstellung an den zwei Standorten im Rheinischen Landesmuseum Trier und im Stadtmuseum Simeonstift greife thematisch wunderbar ineinander, freut sich Dr. Viola Skiba, Leiterin des Stadtmuseums Simeonstift. Im Stadtmuseum liege der Themenschwerpunkt der Marc-Aurel-Landesausstellung auf der Frage: „Was ist gute Herrschaft?“ – und zwar im Spiegel durch die Jahrhunderte bis heute.“ Marc Aurel galt als ein idealer,   als guter Herrscher. Sein Image sei bei der Bevölkerung gut gewesen, so Skiba. Bereits in der Historia Augusta war über Marc Aurel vermerkt, dass er sich „gegenüber dem Volk nicht anders verhielt als in einem freien Staat gehandelt würde“.

Erste lateinische Übersetzung Marc Aurels „Selbstbetrachtungen“, 1558/59. Landesbibliothek Stuttgart © Foto Diether von Goddenthow

Mit der Orientierung am Gemeinwohl, der stoischen Philosophie, wie er in seinen Selbstbetrachtungen formulierte, und seiner relativen Milde hatte Marc Aurel eine Ausnahmestellung unter den römischen Kaisern inne. „Da stellt sich natürlich die Frage: Warum ist das so? Warum sehen wir Marc Aurel heute so? Aber die Frage, die sich auch stellt, ist natürlich: „Was ist denn eigentlich ein guter Herrscher?“ Und diese Frage klinge sehr simpel, sagt Skiba, sei aber nicht einfach zu beantworten. „Wir tun es in der Ausstellung auch gar nicht!“ Es gebe keine eindeutigen Antworten, jeder sei gefragt. „Aber wir möchten dazu anregen und sozusagen einen Blick durch die Geschichte werfen – auf bestimmte Grundmuster, die sich darstellen“, umreist die Museumsdirektorin den Rahmen des 2 Teils der Marc-Aurel-Ausstellung, die bei der friedlichen Revolution mit Wiedervereinigung Deutschlands und einem Überblick über Regierungssysteme der Welt endet.

Reiterstandbild und Selbstbetrachtungen erst im 15. Jh. entdeckt

Ausschnitt aus: Giovanni Paolo Pannini (Piacenza, 1691 – Rom, 1765), Capriccio mit der Reiterstatue des Marcus Aurelius, 1745. © Foto Diether von Goddenthow

Und wir beginnen eben mit Marc Aurel und der Frage: Warum wird er als guter, als idealer Herrscher gesehen? Welches Bild haben wir von ihm? Wodurch wird es geprägt? Da fallen uns sofort Marc Aurels berühmtes Reiterstandbild ein, das spätere Herrscher nachgeahmt haben, und die „Selbstbetrachtungen“, die bis zum heutigen Tag ein Bestseller sind. Das Interessante ist aber, dass sowohl Reiterstandbild als auch Selbstbetrachtungen letztendlich erst im 15. Jahrhundert wiederentdeckt wurden.

Schlüssel-Exponat: Folium Treverense

Kleiner Ausschnitt aus: Folium Treverense: Fragment mit Abschnitten aus den Selbstbetrachtungen. 15. Jh. auf Pergament, 1978 vom Gräzist Leif Bergson im Pfarrarchiv im Moselortes Löf entdeckt. Bistumsarchiv Trier (BATr) Abt. 95,1 Nr. 23. © Foto Diether von Goddenthow

Denn Marc Aurels Statue hielt man vorher für ein Abbild Kaiser Konstantins, erklärt Skiba beim Presserundgang. Und die Selbstbetrachtungen waren lange Zeit vergessen, und dann wurden sie erst im Zuge des aufkommenden Humanismus nach Europa transportiert. Sie werden aus dem Griechischen ins Lateinische übersetzt, und da haben wir ein besonderes Highlight in der Ausstellung. Das ist ein Schlüssel-Exponat bei uns im Stadtmuseum: Es ist das Folium Treverense aus dem 15. Jahrhundert, eine 1978 in Löf an der Mosel entdeckte alte Handschrift auf Pergament. Diese enthält Abschnitte von Marc Aurels Selbstbetrachtungen in Altgriechisch und war wahrscheinlich die Vorlage für die erste lateinische Ausgabe.

Marc Aurels „Selbstbetrachtungen“ sind bis heute ein Besteller, © Foto Diether von Goddenthow

Und nach dieser Übersetzung aus dem griechischen Text „explodiert es“. Die Selbstbetrachtungen werden dann in alle anderen Sprachen übersetzt, und bis heute hält ja der Siegeszug der „Selbstbetrachtungen“ an – sie sind zur Weltliteratur geworden und nach Bibel und Koran das dritthäufig gedruckte Werk.

Besonders interessant macht die Ausstellung ihre übergreifende Perspektive: In der Vermittlung der Themen wird nicht nur der Frage nachgegangen, was gute Herrschaft zur Zeit Marc Aurels sei, so Skiba. Diese Frage stellen wir uns über die Zeiten hinweg, überall und immer – nicht nur in Europa, aber hier natürlich im Moment besonders – sondern eben auch der Frage danach, was uns ausmacht, zu einem besseren Menschen zu werden. Fragen, die eben auch schon Marc Aurel bewegt haben.

In acht sehr bildgewaltigen Kapiteln wird die Frage nach „guter Herrschaft“ gestellt

Überwältigend ist der Freskenzyklus von Ambrogio Lorenzetti in Siena 1338 über Allegeorien zu „guter Herrschaft“ und „schlechter Herrschaft“. Diese gehen letztendlich zurück auf die Aristoteles‘ Politik der „drei guten“ und „drei schlechten Regierungen“. Interaktiv können sich Besucher über alles informieren. Besser noch: eine Führung buchen © Foto Diether von Goddenthow

Ausgehend von Marc Aurel gehen wir im Stadtmuseum durch die Geschichte, durch die Epochen. In acht Kapiteln, sehr bildgewaltig, in unterschiedlichen Arten, wie sich „Herrschaft“ in der Kunst darstellen ließ, lernen die Besucher verschiedene Regierungsformen kennen, die nämlich alle auch eine antike Tradition bereits haben – und sehen dann den Weg bis heute, bis zur Gegenwart, bis zur Demokratie, die auch nicht selbstverständlich ist. Denn noch in der Antike galt Demokratie eher als negative Form, die nicht unbedingt erstrebenswert war – in Sachen Regierung, in Sachen guter Regierung. Aber trotzdem haben sich die Menschen eben zu jener Zeit damit beschäftigt, was gute Regierung ausmacht und wie man sie eben darstellt, so Skiba.

Bilderselbstdarstellungen von guter Herrschaft

Auch Napoleon griff viele andere Potentaten gern zur Legitimation seiner Macht auf antike Vorbilder zurück. © Foto Diether von Goddenthow

„Und da sind wir bei einem weiteren Aspekt, den wir in der Ausstellung in den Vordergrund stellen, nämlich die Bilderselbstdarstellungen von guter Herrschaft. Wir sind heute gewöhnt, Informationen, Bilder immer und überall zu haben – am Ende werden wir das in der Ausstellung auch nochmal in den modernen Medien aufgreifen. Aber zu jeder Zeit mussten Botschaften gesendet werden – Bilder, Nachrichten – und man konnte das lesen.“

Die Ausstellung nimmt ihre Besucher auf ganz unterschiedlichen Ebenen mit – egal, ob groß, klein oder alt, mit oder ohne Vorwissen. Die Ausstellungen bieten viel zum Mitmachen, zum Spaßhaben, zum Sich-selbst-Einbringen, um sich selbst dann mit der Frage „nach guter Herrschaft“ auseinanderzusetzen.

Ausstellungs-Impression, Städte als Machtzentren in der frühen Neuzeit. © Foto Diether von Goddenthow

„Ich würde sagen: Wenn die Besucher nach dem Besuch beider Teile der Landesausstellung hinausgehen, nicht nur deutlich mehr über Marc Aurel und seine Geschichte wissen, sondern sich auch selbst mit der Frage auseinandersetzen: Was ist gute Herrschaft?, Was macht ein gutes Zusammenleben aus? und Welchen Anteil kann ich selbst daran nehmen?, dann haben wir etwas erreicht. Und ich bin ganz optimistisch, dass wir das tun – dass viele Menschen kommen und am Ende auch sagen können: ‚Das war ja eine tolle Landesausstellung‘“, so Viola Skiba.

Ergänzt wird die Ausstellung von einem KI-Marc Aurel, der im Kino-Raum des Stadtmuseum Simeon Stift, mit Besuchern spricht, und ihnen auch auf tagesaktuelle Fragen beantwortet.

(Diether von Goddenthow/RheinMainKultur.de)

Begleitbände

Innenminister Michael Ebling und Triers Oberbürgermeister Wolfram Leibe empfehlen die Begleitkataloge zur Doppelausstellung Marc Aurel. © Foto Diether von Goddenthow

Unbedingt empfehlenswert sind die beiden Begleitbände zur Ausstellung „Marc Aurel“.

Marc Aurel. Kaiser, Feldherr, Philosoph.
Begleitband zur Ausstellung im Rheinischen Landesmuseum Trier
Herausgegeben von der Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz
Direktion Rheinisches Landesmuseum Trier
1. Auflage 2025
400 Seiten mit ca. 500 farbigen Abb. Karten
24×28 cm, Preis 40 €
ISBN 978-3-534-61047-1

Marc Aurel. Was ist Gute Herrschaft?
Begleitbände in dt. und engl. zur Ausstellung im Stadtmuseum Simeonstift Trier
Herausgegeben vom Stadtmuseum Simeonstift Trier
Direktion Rheinisches Landesmuseum Trier
1. Auflage 2025
240 Seiten mit ca. 200 farbigen Abb.
24×28 cm, Preis je 19,90 €
ISBN 978-3-948412-09-8 und ISBN 978-3-948412-10-4

Begleitprogramm

Zu den beiden Ausstellungsteilen gibt es außerdem ein umfangreiches Begleitprogramm aus vielfältigen Veranstaltungen, die es ermöglichen, die Ausstellung aus weiteren Blickwinkeln zu erleben. © Rheinisches Landesmuseum Trier

Das komplette Begleitprogramm zur Ausstellung „Marc Aurel“ finden Sie über Veranstaltungen der Web-Site https://marc-aurel-trier.de/