Frankfurt, 06.09.2021. Senckenberg-Wissenschaftler Dieter Uhl hat gemeinsam mit Haytham El Afty von der Universität Tübingen Sedimentgestein aus der Körperhöhle der im Senckenberg Naturmuseum Frankfurt ausgestellten Dinosauriermumie Edmontosaurus annectens untersucht. Anhand von Pollenanalysen konnten die Forscher die Vegetation zu Lebzeiten des Entenschnabel-Dinosauriers rekonstruieren. Die in der „Zeitschrift der Deutschen Gesellschaft für Geowissenschaften“ veröffentlichten Studie ist im Rahmen der Kooperationsausstellung „Edmonds Urzeitreich – eine Dinograbung in Frankfurt“, die noch bis 24. Oktober im Frankfurter Museum zu sehen ist, entstanden.
Seit mehr als 100 Jahren ist die Edmontosaurus-Mumie, genannt Edmond, im Senckenberg Naturmuseum Frankfurt beheimatet. „Obwohl solche exzellent erhaltenen Mumien der Wissenschaft viele spannende und neue Erkenntnisse bringen können, wurde Edmond von der Forschung lange ignoriert“, erklärt Prof. Dr. Dieter Uhl vom Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum Frankfurt und fährt fort: „Im Rahmen der Kooperationsausstellung ‚Edmonds Urzeitreich‘ verfolgen nun 20 Wissenschaftler*innen aus acht Forschungsinstituten verschiedene Fragestellungen, um gemeinsam das Ökosystem der Dinosaurier von Wyoming von vor etwa 70 Millionen Jahren zu rekonstruieren.“
Nachdem vergangene Studien schon Aufschlüsse über den vermeintlichen Mageninhalt der Mumie, die Wanderungsbewegungen der in Herden lebenden Dinosaurier sowie über das Alter des umgebenden Gesteins aus der Lance-Formation in Wyoming geben konnten, haben Uhl und sein Kollege Haytham El Afty von der Mansoura Universität in Ägypten, der zur Zeit als Humboldt-Stipendiat an der Universität Tübingen forscht, nun die Pflanzenwelt zu Lebzeiten Edmonds rekonstruiert.
„Wir haben das Sediment aus der Körperhöhle des Dinosauriers einer palynologischen Analyse unterzogen. Da Edmond kurz nach seinem Tod abgelagert wurde und sein Kadaver nicht weit transportiert wurde, können wir davon ausgehen, dass die im Sediment eingeschlossenen und von uns untersuchten Pollen die Vegetation zu Lebzeiten des Dinosauriers wiederspiegeln“, so Uhl.
Die Pflanzenwelt im Maastrichtium, vor fast 70 Millionen Jahren, umfasste demnach Farne und andere Sporenpflanzen, aber auch Gymnospermen und Angiospermen. Die Forscher wiesen darüber hinaus vereinzelte Süßwasseralgen in den Ablagerungen nach. „Die Pollenanalyse zeigt, dass die Umgebung des Ablagerungsortes der Edmontosaurus-Mumie dicht mit einer relativ diversen Flora bewachsen war: Im Unterwuchs gab es verschiedene Farne, Bärlappgewächse, Moose und krautige Bedecktsamer, während die Kronenbereiche der Wälder von Koniferen, wie Kiefergewächsen, aber auch Sumpfzypressengewächsen gebildet wurden – ein Indiz für ein warm-humides Klima. Das Vorkommen von Algen deutet auf das Vorhandensein kleiner Tümpel-Bereiche zur Zeit der Ablagerung hin“, fasst der Frankfurter Geowissenschaftler die Ergebnisse zusammen.
In allen untersuchten Proben fanden die beiden Wissenschaftler zudem einen hohen Anteil von Holzkohlepartikeln, der für regelmäßige Vegetationsbrände zur Zeit der Ablagerung spricht. Uhl ergänzt: „Das ist auch nicht wirklich verwunderlich: Zur Zeit der Entstehung der Dinomumie herrschte ein recht warmes Klima mit durchschnittlichen Jahrestemperaturen von 25 Grad Celsius sowie mit ganzjährig relativ niedrigen Niederschlagsraten und einer kaum vorhandenen Saisonalität vor – kleine Funken müssen hier schon bei kleineren Trockenperioden ausgereicht haben, um Edmonds Umgebung lichterloh brennen zu lassen.“