Einen einzigartigen Streifzug durch 12.000 Jahre Geschichte „Von Pfeil und Bogen“ bietet die gleichnamige Sonderausstellung auf der Saalburg (Bad Homburg – Taunus), die von GPW History Tools & Archery gemeinsam mit dem Römerkastell Saalburg Bad Homburg entwickelt wurde. Gezeigt werden neben dem Bogenbau ausgesuchte Originalfunde, Rekonstruktionen alt- und jungsteinzeitlicher und antiker Bogen, unter anderem auch der römische Reflexbogen, ein Nachbau der Bogenbewaffnung des Keltenherrschers vom Glauberg und der legendäre englische Langbogen.
Ein Exkurs führt zu den Ureinwohnern Afrikas sowie den Indianern Nord- und Südamerikas. Nachbauten aller vor- und frühgeschichtlicher Bogenfunde geben einen umfassenden Überblick über die Geschichte des Bogenbaus von der Steinzeit bis ins Mittelalter.
Endpaläolithikum (Endaltseinzeit)
Anhand nachweisbarer Pfeil- und Bogenfunde (z.B. Stellmoor in der Nähe von Ahrensburg) weiß man, dass die frühen Jäger und Sammler bereits um 10.750 bis 9.600 v. Chr. (die jüngere Dryas) Pfeil und Bogen als Fern-Jagdwaffe verwendeten.
Mesolithikum (Mittelsteinzeit)
Ab ca. 9.600 vor Chr., als eine bis heute anhaltende wärmere Klimaphase (Holozän) einsetze, spricht man vom Mesolithikum, der sogenannten Mittelsteinzeit. Diese endet, regional unterschiedlich, im südlichen Mitteleuropa um ca. 5.800 bis 5.500 v. Chr., im Nord- und Ostseeraum, gut tausend Jahre später, um ca. 4.300 v. Chr. Die wichtigste Nahrungsquelle blieb jedoch in dieser Epoche nach wie vor die Jagd. Aus unterschiedlichen Funden von Bogen-Fragmenten und Pfeilen weiß man, dass die wichtigste Jagd-Waffe Pfeil und Bogen waren. Verwendet wurden Flachbögen mit unterschiedlichen Wurfarmbreiten (bezeichnet die Holzbreite /-dicke der oberen und unteren Bogenschenkel), was die Ausstellung anhand zahlreicher Modelle sehr schön veranschaulicht. Der bekannteste Bogenfund der Mittelsteinzeit ist der vollständig erhaltene, ca. 152 cm lange Holmegaardbogen (Dänemark),
Bogen im Neolithikum (Jungsteinzeit)
Einer der bedeutendsten Entwicklungsschritte der Menschheit war der Übergang vom mittelsteinzeitlichen Jäger und Sammler zum jungsteinzeitlichen Ackerbauer und Viehzüchter. Es war die Zeit der Kreisgrabenanlagen und von Stonehenge. Trotz Sesshaftigkeit mit Ackerbau und Viehzucht wurden weiterhin Wildtiere gejagt, zumal die Anzahl der zu versorgenden Menschen mit zunehmender Bevölkerung ständig stieg. Zahlreiche Funde von Pfeilschäften und Pfeilspitzen in jungsteinzeitlichen Gräbern wie auch Bogenfragmente belegen, dass Pfeil- und Bogen noch immer die wichtigste Jagdwaffe darstellte. Mehr noch: In der Jungsteinzeit entwickelten sich Pfeil und Bogen wohl auch immer mehr zur Kriegswaffe weiter: galt es doch, die Vorräte zu verteidigen. Durch die zunehmende Verbreitung der Eibe, deren Holz bis heute für den Bogenbau unübertroffen ist, konnten bereits im Neolithikum die Menschen ein erheblich effizienteres (schlagkräftigeres) Bogendesign entwickeln. Die vorherrschenden Bogentypen der Jungsteinzeit waren der Stabbogen und der Propeller-Flachbogen. Original getreue Nachbauten werden in verschiedenen Varianten mit Pfeilen etc. anschaulich in der Ausstellung präsentiert.
Bogen der Antike
Um etwa 800 vor Chr. begann die sogenannte Antike und umfasste die Geschichte des antiken Griechenlandes, des Hellenismus und des Römischen Reiches. Zeitgleich löste in Mitteleuropa die Eisenzeit die Bronzezeit ab. Die Bogenschützeneinheiten der römischen Armee bestanden aus Auxiliartruppen (Hilfstruppen) und irregulären Truppen (Soldateneinheiten), die mit Reflex-Kompositbogen (aus zwei Holzarten zusammengefügt) ausgerüstet waren. Aufgrund der Vielzahl von Darstellungen skythischer Bogen in der römischen Kunst, kann daraus geschlossen werden, dass auch dieser extrem schlagkräftige Bogentyp eingesetzt und weiterentwickelt wurde. Aus dem eisenzeitlichen Kulturkreis der Kelten gibt es bis auf ein paar Pfeilspitzfunde, lediglich einen einzigen „Bogenfund“, nämlich, aus dem keltischen Fürstengrab am Glauberg (Hessen). Die Archäologen nehmen an, dass die Mehrheit der in dieser Epoche eingesetzten Bogentypen vermutlich den Stab- und Propellerflachbogen, wie sie bereits in der Bronzezeit eingesetzt wurden, glichen.
Aus der Antike bzw. der Eisenzeit zeigt die Ausstellung unter anderem den Römerbogen (Antike) den rekonstruierten Glauberg-Bogen und den Skythen-Bogen sowie den Nydam-Bogen, der der Spätantike zugeordnet wird.
Bögen des Mittelalters
Die dominierenden Bogentypen des Mittelalters waren der Langbogen und der Reflex-Kompositbogen. Die Bauweise des Reflex-Kompositbogens ermöglichte es, kurze, handliche und hoch leistungsfähige Bogen zu nutzen und die taktischen Möglichkeiten der Reitervölker wie der Hunnen, Awaren, Magyaren und Mongolen, optimal auszuschöpfen. Allerdings konnte sich dieser auch den nord- und mitteleuropäischen Völkern bekannter Bogentyp nicht wirklich etablieren. Der am häufigsten genutzte Bogentyp dieser Völker war der Langbogen.
Gezeigt werden aus der frühmittelalterlichen Epoche der Alamannen-Bogen und der Awaren-Bogen , aus dem Mittelalter, der Wikinger-Bogen und der Englische Langbogen sowie vieles mehr.
Die Ausstellung geht vom 1.Juli bis 30. Oktober 2016 in der Fabrica, jeweils von 9 bis 18. 00 Uhr. Weitere Infos
Tipp: Thementag am 3. Juli 2016 auf der Saalburg: „Pfeil und Bogen – Historische Bogenschützen in der Saalburg“
Bogenschützen aus verschiedenen Zeiten bevölkern am Sonntag, dem 3. Juli, von 10 bis 17 Uhr das Kastell und präsentieren ihre Ausrüstungen und ihr Können. Ein besonderer Höhepunkt der Veranstaltung ist das berittene Bogenschießen, das von der „Independent European Horseback Archery School“ vorgeführt wird. Pettra Engeländer vollführt diese Kunst in meisterhafter Weise gemeinsam mit ihrem Team. Weitere Infos