„Volker Schlöndorff. Von Wiesbaden in die Welt“ ab 19. Mai 2023 im Bellevue-Saal – Filmreihe im Caligari, Murnau Filmtheater, DFF Ffm., Kom.-Kino Weiterstadt

Der dauerhafte Übergang der Archive der Regisseure Volker Schlöndorff und Reinhard Hauff sowie der Bioskop Film von Produzent Eberhard Junkersdorf  ans DFF, wird flankiert mit der biographischen Ausstellung und gleichnamigen Filmreihe "Volker Schlöndorff. Von Wiesbaden in die Welt". © Foto Diether von Goddenthow
Der dauerhafte Übergang der Archive der Regisseure Volker Schlöndorff und Reinhard Hauff sowie der Bioskop Film von Produzent Eberhard Junkersdorf ans DFF, wird flankiert mit der biographischen Ausstellung und gleichnamigen Filmreihe „Volker Schlöndorff. Von Wiesbaden in die Welt“. © Foto Diether von Goddenthow

Von Freitag, 19. Mai, bis Sonntag, 18. Juni, ist die Ausstellung mit Publikation und Filmreihe zu Leben und Werk des berühmten Filmemachers Volker Schlöndorff im Wiesbadener Kunstverein Bellevue-Saal, Wilhelmstraße 32, zu sehen. Die Filmreihe mit eigens von Volker Schlöndorff ausgewählten Filmen wird parallel zur Ausstellung in der Caligari FilmBühne, dem Murnau-Filmtheater, dem Kino des DFF sowie dem Kommunalen Kino Weiterstadt gezeigt.

Es freue ihn, dass die Eröffnung der Ausstellung „Volker Schlöndorff. Von Wiesbaden in die Welt“ noch in seine Amtszeit falle, so Axel Imholz, Wiesbadens scheidender Kulturdezernent, beim heutigen Pressegespräch im Caligari mit Volker Schlöndorff, Hans-Peter Reichmann, Ausstellungskurator, Ellen Harrington, Direktorin des Deutschen Filmmuseums DFF, und Claudia Scholtz, Geschäftsführerin Hessische Kulturstiftung.

Kulturdezernent Axel Imholz im Gespräch mit seinem Idol Volker Schlöndorf in der Caligari-Filmbühne, Links auf dem Tisch: Der  Ehrenpreis für herausragende Verdienste um den deutschen Film, den der Regisseur erst vor wenigen Tagen erhielt. © Foto Diether von Goddenthow
Kulturdezernent Axel Imholz im Gespräch mit seinem Idol Volker Schlöndorf in der Caligari-Filmbühne, Links auf dem Tisch: Der Ehrenpreis für herausragende Verdienste um den deutschen Film, den der Regisseur erst vor wenigen Tagen erhielt. © Foto Diether von Goddenthow

Im Deutschunterricht seien Max Frischs

„Homo Faber“ oder Heinrich Bölls „Die verlorene Ehre der Katharina Blum“ natürlich Pflichtlektüren gewesen, aber der Regisseur Schlöndorff war ihm noch kein Begriff. Das habe sich schlagartig geändert mit Schlöndorffs Verfilmung von Günther Grass „Blechtrommel“, und seither sei er ein Schlöndorff-Fan geworden. Es sei ein Anliegen der Stadt Wiesbaden, mit der Ausstellung „Volker Schlöndorff. Von Wiesbaden in die Welt“, ergänzt durch den Begleitkatalog und der Filmreihe im Caligari,  Schlöndorffs persönlichen und künstlerischen Lebensweg zu erzählen.

Dieser führte den jungen Schlöndorff einst aus Wiesbaden weg, wo der Arztsohn seine ersten Filme gegen den erbitterten Widerstand seines Vaters gedreht hatte, „wofür ich ihm heute noch dankbar bin“, da er hierdurch gelernt hätte, sich durchzusetzen, was insbesondere in der internationalen Filmwelt nötig war, um sich behaupten zu können, so Schlöndorff. Er ging dann über Frankreich nach Hollywood. Mit 26 drehte Volker Schlöndorff bereits seinen ersten großen Spielfilm DER JUNGE TÖRLESS (BRD/Frankreich 1966), der am 20.05.2023, 17.30 Uhr in der Caligari Filmbühne gezeigt wird.

Elf Filme später erhielt er den Oscar® und die Goldene Palme für DIE BLECHTROMMEL (BRD/Frankreich 1979), am 28.08.2023, 17.00 Uhr im Caligari. Der Regisseur und Autor ist einer der herausragenden Vertreter des Neuen Deutschen Films, sein Werk ist geprägt von den großen Namen der Nouvelle Vague, mit denen er in seinen frühen Jahren in Paris zusammenarbeitete. In seiner Geburtsstadt wird nun in einer Ausstellung im Bellevue-Saal auf sein Leben und Werk geschaut, erklärt von ihm selbst per Video-Wand in Bild, Ton und Texten. Beeindruckende Exponate, Filmausschnitte, Fotografien und aussagestarke Schriftstücke geben Besucher:innen Gelegenheit, Schlöndorffs Schaffen in der vom Kulturamt der Landeshauptstadt Wiesbaden in Kooperation mit dem DFF – Deutsches Filminstitut & Filmmuseum veranstalteten Ausstellung (wieder) zu entdecken. Besonderes Highlight: Schlöndorff besuchte mit Kurator Hans-Peter Reichmann wichtige Stationen seiner Jugend und erinnerte sich an seine frühen Jahre und ersten Prägungen in seiner Heimatstadt. Daraus entstand eine Videoinstallation, die die Besucher:innen an diese Orte mitnimmt. Hierbei wird deutlich, wie eng Schlöndorff seiner Heimatstadt bei aller Weltläufigkeit kulturell und emotional verbunden blieb: „Ein Hessebub in der Welt“, sagt er selbst dazu.

Schlöndorffs Leben war stets geprägt von kreativem Austausch, etwa mit Margarethe von Trotta als CoRegisseurin und -Autorin bzw. Schauspielerin sowie dem Drehbuchautoren Jean-Claude Carrière. Bereits mit 22 Jahren war er Regieassistent in Frankreich bei Jean-Pierre Melville und Alain Resnais, zwei Jahre später bei Louis Malle. Begegnungen und die Zusammenarbeit mit Autoren wie Heinrich Böll, Max Frisch, Günter Grass, Arthur Miller, Regisseuren wie Fritz Lang, Ludwig Berger und Billy Wilder sowie den Schauspieler:innen Angela Winkler, Mario Adorf und Dustin Hoffman haben ihn geprägt.

Dabei steht Schlöndorff selbst zusammen mit seinen Regiekollegen Werner Herzog, Wim Wenders und Rainer Werner Fassbinder für den Neuen Deutschen Film: gesellschaftskritisch, persönlich und politisch engagiert. Geboren in die Generation des bundesrepublikanischen Nachkriegskinos verhalfen diese jungen Filmemacher:innen dem westdeutschen Spielfilm zu internationalem Ansehen.

Bereits 2014, zu Schlöndorffs 75. Geburtstag, kuratierte das DFF – Deutsches Filminstitut & Filmmuseum eine virtuelle Ausstellung, die die Sammlung multimedial präsentiert [schloendorff.dff.film]. Dabei können sowohl Teile des Archivs in Bild- und Textform als auch zusätzliche Materialien wie Essays und Videointerviews, als medienpädagogische Ergänzung digital gesichtet werden. Dieser online verfügbare, digital aufbereitete Fundus wird nun mit ausgewählten Exponaten in der Ausstellung gezeigt.

Eine Filmreihe mit eigens von Volker Schlöndorff ausgewählten Filmen wird parallel zur Ausstellung in der Caligari FilmBühne und anderen Kinos der Region, unter anderem im Kino des DFF in Frankfurt, gezeigt. Dank der Förderung des Kulturfonds Frankfurt RheinMain, der auch die Ausstellung unterstützt, rundet ein Katalog das Projekt ab.

Die Archive von Volker Schlöndorff, Reinhard Hauff und Eberhard Junkersdorf (Bioskop Film und Munich Animation)

Ausstellungsimpression "Volker Schlöndorff. Von Wiesbaden in die Welt" © Foto Diether von Goddenthow
Ausstellungsimpression „Volker Schlöndorff. Von Wiesbaden in die Welt“ © Foto Diether von Goddenthow

Die Eröffnung der Ausstellung in der Landeshauptstadt Wiesbaden ist für das DFF – Deutsches Filminstitut & Filmmuseum ein besonders schöner Anlass, mitzuteilen, dass die drei Archive von Volker Schlöndorff, Reinhard Hauff sowie der Bioskop Film und Munich Animation von Eberhard Junkersdorf jetzt dauerhaft in den Besitz des DFF übergehen. Ermöglicht wurde das durch die Förderung der Hessischen Kulturstiftung, der Kulturstiftung der Länder, der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) und der Landeshauptstadt Wiesbaden.

Das frühe Schaffen dieser drei Filmemacher markiert die Aufbruchsjahre des deutschen Kinos: Als die Regisseure Volker Schlöndorff und Reinhard Hauff sowie der Produzent Eberhard Junkersdorf ihre ersten Filme drehten, begann Mitte der 1960er Jahre eine Phase künstlerischen Umbruchs in der Branche. Junge Filmschaffende forderten eine Abkehr von den ästhetischen, formalen, thematischen und ökonomischen Konventionen von „Papas Kino“, dem Kino der Nachkriegszeit, festgehalten im Oberhausener Manifest von 1962. Die gemeinsam von Schlöndorff, Hauff und Junkersdorf 1973 gegründete Bioskop Film GmbH gilt als eine der wichtigsten Produktionsfirmen dieser Erneuerungsbewegung, des sogenannten Jungen bzw. Neuen Deutschen Films. Bereits seit 1992 verwahrt das DFF (damals Deutsches Filmmuseum) die stetig aktualisierten Vorlässe von Volker Schlöndorff, Reinhard Hauff und das Produktionsarchiv der Bioskop Film sowie der Munich Animation als Deponat-Leihgaben und freut sich, diese nun dauerhaft in seinen Besitz übernehmen zu können.

Vornehmlich Dokumente aus dem Produktionsprozess und der Rezeption der Filme bilden das umfangreiche Archivmaterial der drei Sammlungen: Ideen-Skizzen, Exposés, Finanzierungspläne, Förderanträge, Regie-Drehbücher, Storyboards, Werkfotos, Standfotos, Dreh- und Mischpläne, Kleinrequisiten, Korrespondenz, Plakate, Pressehefte, Pressefotos, Kritiken, Preise und Urkunden. Fast 70 Regalmeter umfasst allein das Produktionsarchiv von Bioskop und Munich Animation.

Ausstellungsimpression "Volker Schlöndorff. Von Wiesbaden in die Welt" © Foto Diether von Goddenthow
Ausstellungsimpression „Volker Schlöndorff. Von Wiesbaden in die Welt“ © Foto Diether von Goddenthow

Mit 350 Archivboxen, vor allem aber hochinteressanten handschriftlichen Dokumenten wie seinen Produktionstagebüchern, steht der Vorlass von Oscarpreisträger Volker Schlöndorff im Zentrum der drei Sammlungen. Für Schlöndorff ist das Archiv sein Gedächtnis: Erzählen kann es viel, von der Kindheit in Wiesbaden und Schlangenbad, dem frühen Aufbruch als Schüler nach Paris, der Zusammenarbeit als junger Mann mit den wichtigsten Vertretern der Nouvelle Vague, seinen großen internationalen Erfolgen von DIE BLECHTROMMEL (1979) bis hin zu seinem jüngsten Film DER WALDMACHER (2021).

Schon früh arbeitete der 1938 geborene Eberhard Junkersdorf mit Volker Schlöndorff zusammen, dessen 1970 entstandenen Film DER PLÖTZLICHE REICHTUM DER ARMEN LEUTE VON KOMBACH er produzierte. Nach der Bioskop-Gründung 1973 verantwortete er als Geschäftsführer neben den Filmen Schlöndorffs und Hauffs auch Filme wie Herbert Achternbuschs DAS ANDECHSER GEFÜHL, Margarethe von Trottas DIE BLEIERNE ZEIT oder – in Co-Produktion – Louis Malles BLACK MOON. Ein Höhepunkt war 1979/80 der Erfolg von Schlöndorffs Grass-Verfilmung DIE BLECHTROMMEL. 1995 gründete Junkersdorf das Zeichentrick-Studio Munich Animation, wo unter seiner Regie Filme wie DIE FURCHTLOSEN VIER (1997) und TILL EULENSPIEGEL (2003) entstanden.

Der 1939 in Marburg geborene Reinhard Hauff und Mitgründer der Bioskop begann als Regisseur von Unterhaltungssendungen bei der Bavaria Atelier GmbH in München. Ende der 1960er Jahre drehte er seine ersten Kinofilme, später den auch international beachteten MATHIAS KNEISSL (1971) und DIE VERROHUNG DES FRANZ BLUM (1973) mit Jürgen Prochnow. MESSER IM KOPF (1978) mit Bruno Ganz in der Hauptrolle, DER MANN AUF DER MAUER (1982) mit Marius Müller-Westernhagen, der mit dem Goldenen Bären der Berlinale ausgezeichnete und kontrovers diskutierte STAMMHEIM (1986) sowie die Musical-Verfilmung LINIE 1 (1988) wurden weithin beachtete Werke Hauffs, der 1990 seinen letzten Film drehte und 1993 Leiter der Deutschen Film- und Fernsehakademie (DFFB) wurde

Pressekonferenz in der der Caligari-Filmbühne. vli.: Axel Imholz, Kulturdezernent der Landeshauptstadt Wiesbaden, Ellen Harrington, Direktorin des Deutschen Filmmuseums DFF Frankfurt, Claudia Scholtz, Geschäftsführerin Hessische Kulturstiftung sowie Hans-Peter Reichmann, Ausstellungskurator.© Foto Diether von Goddenthow
Pressekonferenz in der der Caligari-Filmbühne. vli.: Axel Imholz, Kulturdezernent der Landeshauptstadt Wiesbaden, Ellen Harrington, Direktorin des Deutschen Filmmuseums DFF Frankfurt, Claudia Scholtz, Geschäftsführerin Hessische Kulturstiftung sowie Hans-Peter Reichmann, Ausstellungskurator.© Foto Diether von Goddenthow

„Ich bin sehr froh, dass wir diese wichtigen Sammlungen des deutschen Films nun langfristig für das DFF gesichert haben“, sagte DFF-Direktorin Ellen Harrington. „Untergebracht sind sie im DFF-Archivzentrum, das mit der nah gelegenen Goethe-Universität, mit der wir einen gemeinsamen Masterstudiengang anbieten, und der Deutschen Nationalbibliothek mit dem DFF-Bibliothek und -Textarchiv ein dynamisches Forschungscluster für Filmwissenschaftler:Innen im Herzen Frankfurts bildet. Ermöglicht wurde das durch die großzügige Unterstützung der Hessischen Kulturstiftung, der Kulturstiftung der Länder, der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien sowie der Stadt Wiesbaden. Ausstellung und Katalog werden darüber hinaus vom Kulturfonds Frankfurt RheinMain gefördert. Dafür danke ich sehr herzlich.“

Ausstellung: Volker Schlöndorff. Von Wiesbaden in die Welt
vom 19.05. bis 18.06.2023
Di-Fr 11- 19 Uhr /Sa-So 10- 18 Uhr.

Ort:
Kunstverein Bellevue-Saal

Wilhelmstraße 32
65185 Wiesbaden
Eintritt frei

Filmreihe:
Caligari Filmbühne
DER PLÖTZLICHE REICHTUM DER ARMEN LEUTE VON KOMBACH (BRD 1971), 17.05.23
DIE FAUST IM NACKEN, 19.05.23
DER JUNGE TÖRLESS (BRD/FR 1966), 20.05.23
THE KID, 24.05.23
DIE VERLORENE EHRE DER KATHARINA BLUM (BRD 1975), 03.06.23
KATZELMACHER, 11.06.23
DIE FÄLSCHUNG, 15.06.23
DIE BLECHTROMMEL (BRD/FR 1979), 28.06.23
ARMEE IM SCHATTEN, 01.07.23
DIE STILLE NACH DEM SCHUSS (DE 2000), 12.07.23
LIEBE 1962 (ITA/FRA 1962), 19.07.23
RÜCKKEHR NACH MONTAUK (DEU/FRAG/IRL), 23.07.23

Murnau-Filmtheater
MISFITS – NICHT GESCHÄFTSFÄHIG (USA 1961), 25-05-23
HOMO FABER (BRD/FR/GR 1991), 10.06.23
DER WALDMACHER (DEU 2021), 15.07.23 u. 16.07.23

Kino des DFF Frankfurt
DIE FAUST IM NACKEN, 01.06.23, 04.06.23
ABEND DER GAUKLER, 07.06.23, 22.06.23
DER ERSTE LEHRER, 14.06.23
DAS IRRLICHT, 18.06.23
DIE BARFÜSSIGE GRÄFIN, 25.06.23, 27.06.23
NUR ZUM SPASS – NUR ZUM SPIEL. KALEIDOSKOP VALESKA GERT (BRD 1977), 29.06.23

Kommunales Kino Weiterstadt
DIE BLECHTROMMEL (BRD/FR 1979)