
Am Dienstag, dem 25. Februar 2025, verlieh der Bund Deutscher Architektinnen und Architekten BDA Hessen die „BDA-Auszeichnung für Baukultur in Hessen 2024/2025“ im Museum Reinhard Ernst in Wiesbaden. Mit dieser Ehrung würdigte der BDA das Engagement der ausgezeichneten Persönlichkeiten, Institutionen und Initiativen, die sich in Hessen für gute Architektur, eine fundierte Auseinandersetzung mit der gebauten Umwelt sowie den Architekturdiskurs vor Ort und in der Region verdient gemacht hatten. Durch ihr Wirken erwiesen die Geehrten der Baukultur und damit der Gemeinschaft einen großen Dienst.
Den Festvortrag „Die Zeit der bewohnbaren Erde: ein Lob des lebendigen Bodens“ hielt die Philosophin, Autorin und Publizistin Eva von Redecker. Sie machte über das unterschätze vielfältige Risiko täglicher Bodenverluste durch Bebauung, Raubbau und unachtsamen Umgang aufmerksam.
Für die musikalische Umrahmung sorgte das Balkan Fuego Trio mit Eleanna Pitsikaki (Qanun), Dennis Merz (Gitarre) und Vladimir Dindiryakov (Kaval). Christian Holl, Landessekretär BDA Hessen, führte als Moderator durch den Abend der Ehrungen.

In seiner Begrüßung unterstrich der Vorsitzende BDA Hessen, Moritz Kölling, dass die Umsetzung guter Baukultur gemeinsame Wege bedürfe. Die Realität sähe jedoch oftmals anders aus, sei „nicht immer frei von Partikularinteressen und unergründlichen Egoismen“. Sie verhinderten zu oft, „dass konstruktive Wege in die Zukunft beschritten werden“.
Es ging jedoch auch ganz anders, da es Menschen gebe, „die sich für Fairness und Gemeinwohl, für gute Gestaltung einsetzen, die das gemeinsame Gespräch organisieren und einen Raum für den Austausch, die Begegnung schaffen, in denen auch unterschiedliche Meinungen ihren Platz haben können“, so Kölling. Dieses bürgerliche Engagement seien von unschätzbarem Wert für das soziale Miteinander, für eine am Menschen orientierte gute Baukultur, für innovative Gestaltung und das Voranbringen von Klimaschutz usw.
Mit der „BDA-Auszeichnung für Baukultur“ möchte der BDA Hessen darauf aufmerksam machen, „dass gute Architektur nur in einer Kultur des gesellschaftlichen Austauschs und der gesellschaftlichen Verantwortung entstehen kann, an der viele beteiligt sind.“ Die „BDA-Auszeichnung für Baukultur in Hessen“ ist Persönlichkeiten, Institutionen und Initiativen gewidmet, die sich um eine solche Kultur verdient gemacht haben, die – jede von ihrer Position aus und auf ihre Weise – direkt oder indirekt gute Architektur möglich machen“, sagte Kölling.
Die BDA-Auszeichnungen für Baukultur in Hessen 2024/2025 erhielten: Reinhard und Sonja Ernst-Stiftung (Wiesbaden), KAZimKUBA e.V. (Kassel), das blumen e.V. (Darmstadt), Stadtschulamt Frankfurt am Main, Bürgermeister Thomas Petrich und die Gemeinde Edermünde, und Campusentwicklung der Technischen Hochschule Mittelhessen
Reinhard und Sonja Ernst-Stiftung (Wiesbaden)

Wiesbadens Oberbürgermeister Gerd-Uwe Mende, seit Jahren eng in die Realisierung des Museum Reinhard Ernst eingebunden, hob hervor, dass Reinhard und Sonja Ernst „über ihre Stiftung die Bauherrschaft selbst übernahmen für das herausragendste Gebäude der letzten Jahre in Wiesbaden, nämlich das Museum Reinhard Ernst“. „Sie haben das Projekt nicht nur in Auftrag gegeben und in jeder Phase des Entstehens bis in die Details begleitet, sondern bleiben mit dem Betrieb des Museums ihrem Konzept weiterhin verbunden. Sie sind die perfekten Auftraggebenden, die kongenial mit dem großen Architekten Fumihiko Maki zusammengearbeitet haben“, lobte der Oberbürgermeister und wies auf den gewissen „Bilbao-Effekt“ auch für die Stadt Wiesbaden hin. 100.000 Besucher in einem halben Jahr. Es sei der zehnte Museumsbau von Fumihiko Maki, aber sein einziger in Europa, und der stünde in Wiesbaden. Es sei ein unglaublich großzügiges Geschenk, welches die Reinhard und Sonja Ernst-Stiftung der Stadt Wiesbaden mit dem Museum Reinhard Ernst gemacht habe.
Aber Reinhard und Sonja Ernst, so Mende, seien darüber hinaus in weiteren Projekten engagiert. So realisierten sie das „Haus der Hoffnung“ 2011 in Natori/Japan nach der Tsunami-Katastrophe in Zusammenarbeit mit Fumihiko Maki. „In Hessen sind es neben dem Museum Reinhard Ernst vor allem der Walderdorffer Hof als Denkmalschutzprojekt in Limburg und die neue Musikschule in Eppstein. Weitere historische Gebäude hat die Stiftung in der Nähe von Dresden restauriert und betreibt sie langfristig“, hob Wiesbadens Oberbürgermeister hervor.
KAZimKUBA e.V. (Kassel)
das Kasseler Architekturzentrums im Kulturbahnhof KAZimKUBA e.V. – benannt durch den BDA Hessen. „Für Kassel war es ein Glücksfall, dass sich aus der Architektenschaft und Fachwelt heraus eine Initiative gründete, die diesen Prozess intensiv begleitete und zu vielen Fragen und Themen der räumlichen Transformation und Gestaltung der Stadt die ausschlaggebenden Anregungen gab und bis heute gibt. Dabei war der Kulturbahnhof als Standort und Namensgeber des KAZimKUBA bereits die erste Heldinnentat, mit der sich das Zentrum mitten in der Alltagsfrequenz der Stadt platzierte und ein Zeichen für die Bedeutung unserer Bahnhöfe als die öffentlichsten Orte unserer Gesellschaft setzte“, sagte Laudator Rainer Nagel, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Baukultur.
das blumen e.V. (Darmstadt)

das blumen e.V. – benannt durch den BDA Darmstadt. Aus sanierungsbedingter Raumnot der Darmstädter Hochschule, angeregt durch Professor Hartmut Raiser und Bianca Lautenschläger, entstand 2006 „das blumen e.V.“ in einem heruntergekommenen 1950er-Jahre-Gebäude in der Nieder-Ramstädter Straße in erster Generation. Es wurde bereits eine Fülle kultureller Veranstaltungen ins Leben gerufen – von Vorträgen und Lesungen über Konzerte bis hin zu Ausstellungen und interdisziplinären Projekten.
„Heute ist das blumen ein Symbol für Kreativität und kulturelle Vielfalt. Die zahlreichen Projekte und Veranstaltungen, darunter ‚Annastraße‘, ‚Hügel‘ und die Teilnahme an den ‚Hessischen Theatertagen 2017‘ sowie die Bespielung städtischer Orte wie dem Martinsviertel, zeigen, wie urbanes Leben durch Kunst und Kultur gefördert werden kann. Der Verein steht beispielhaft für eine moderne, nachhaltige und lebendige Kulturarbeit. Mit unermüdlichem Engagement und viel Herzblut macht das blumen die Stadt bunter, lebendiger und offener. Wir freuen uns auf viele weitere inspirierende Projekte!“, beschrieb Mitinitiatorin Bianca Lautenschläger-Haerlin, BDA-Darmstadt, in ihrer Laudatio.
Stadtschulamt Frankfurt am Main
das Stadtschulamt Frankfurt am Main – benannt durch den BDA Frankfurt am Main. Die BDA-Auszeichnung für Baukultur werde bewusst nicht für die Berufsausübung von Architektinnen und Architekten verliehen, „sondern richte sich allgemein an mit dem Bauen und Planen verbundene Persönlichkeiten und Institutionen, die sich baukulturell verdient gemacht haben. Dies gilt für das Stadtschulamt der Stadt Frankfurt am Main in besonderer Weise“, unterstrich Städteplanerin und Ehrenpräsidentin der Architekten- und Stadtplanerkammer Hessen (AKH) Brigitte Holz in ihrer Laudatio.
Das Stadtschulamt Frankfurt am Main habe berücksichtigt, dass es „bei der Errichtung und Ertüchtigung zukunftsfähiger Schulbauten nicht länger nur um bautechnisch-architektonische Fragen, um adäquate Flächenangebote, um gute energetische und ökologische Standards, um bauliche Normen und Vorschriften“ ginge, „sondern insbesondere auch um die Weiterentwicklung des pädagogischen, des räumlichen und damit architektonischen Erscheinungsbildes von Schulen“, hob die Laudatorin hervor.
Bürgermeister Thomas Petrich und die Gemeinde Edermünde
Bürgermeister Thomas Petrich und die Gemeinde Edermünde – benannt durch den BDA Kassel. Da die bisherigen Kitas in der Gemeinde Edermünde mit rund 8.000 Einwohnern in vier Ortsteilen nicht mehr den vom Jugendamt geforderten Standards entsprachen und selbst nach einer Sanierung die Räume zu eng gewesen wären und eine Genehmigung zum Kita-Betrieb ungewiss geblieben wäre, habe sich die Gemeinde entschieden, neu zu bauen, „in diesem Fall gleich zwei Kindergärten für je sieben Gruppen im Sinne eines Systembaus an unterschiedlichen Bauorten umzusetzen.“
Für so eine kleine Gemeinde mit einem Haushalt von 19 Millionen Euro sei der Kostenaufwand von 14 Millionen Euro ein großes Wagnis gewesen. „Beide Standorte leben von dem Bezug zum Freiraum und zur Landschaft. Das hat richtigerweise dazu geführt, dass die Einbeziehung eines Freiraumarchitekturbüros möglich gemacht wurde. Als Ergebnis konnte das Gremium aus 18 abgegebenen Arbeiten die beste aussuchen. Heute stehen in zwei Ortsteilen der Gemeinde Edermünde zwei farblich differenzierte und trotzdem nahezu identische Kindergärten, die auf denselben Grundentwürfen basieren und einen wichtigen Beitrag zur Baukultur in der Gemeinde leisten“, erläuterte Bürgermeister Christof Nolda in seiner Laudatio.
Campusentwicklung der Technischen Hochschule Mittelhessen
für Campusentwicklung der Technischen Hochschule Mittelhessen – benannt durch den BDA Mittelhessen. Die Technische Hochschule Mittelhessen, mit den Standorten Gießen, Friedberg und Wetzlar, die zu den größten deutschen Hochschulen für Angewandte Wissenschaften gehört, wurde in den letzten Jahren beispielhaft weiterentwickelt. Das geschah „in dem Wissen, dass zum einen gute Räume die Grundlage für die Vermittlung ganz unterschiedlicher Lehrinhalte bieten, dass zum anderen der Raum selbst zur Konzentration wie zur Offenheit und Kommunikation anregen kann. Darüber hinaus sind die Gebäude und der Campus, den sie bilden, die Visitenkarte der Hochschule nach außen“, erläuterte Susanne Warzeck, Präsidentin des BDA-Bund.
Dabei seien stets auch „außenräumliche Qualitäten entstanden, die über die eigenen Ansprüche hinaus die Einbindung in das Quartier mitdenken“, so die Laudatorin. Man könne „die Technische Hochschule und das Land Hessen, vertreten durch das LBIH, sowie alle beteiligten Planenden nur beglückwünschen. Sie bereichern die Stadt um einen belebten und lebenswerten Baustein. Die eigentlichen Gewinnerinnen und Gewinner einer solch gelungenen Umsetzung sind jedoch die Studierenden, die Lehrenden, die Stadt und deren Einwohnerschaft“, sagte Warzeck.
Sichtbarmachung des vielfältigen gesellschaftlichen Engagement
Die seit 2004 im Fünfjahres-Rhythmus verliehenen „BDA-Auszeichnungen für Baukultur in Hessen“ machen „sichtbar, wie vielfältig das Engagement in unserer Gesellschaft für eine dem Miteinander förderliche Baukultur sein kann“, so der BDA-Geschäftsführer Kölling abschließend.
Diese Würdigungen seien exemplarisch zu verstehen, „die stellvertretend für viele weitere Menschen stehen, deren Einsatz unsere Gesellschaft zu einer Gemeinschaft macht, in der gute Gestaltung, gute Architektur entstehen kann“, unterstrich Kölling.
Genossenschaftsanteile an BioBoden Genossenschaft statt Kunstwerk

Bei der diesjährigen Verleihung des Hessischen BDA-Preises rückte der BDA von seiner Tradition ab, den Preisträgern neben einer Urkunde auch ein besonderes Kunstwerk zu überreichen. Stattdessen wurden diese Mittel in Höhe von 5.000 Euro als Spende umgewidmet. Mit dieser Spende erwarb der BDA Genossenschaftsanteile der ausgezeichneten BioBoden-Genossenschaft. Damit werde langfristig eine der wichtigsten Ressourcen – der Boden – für eine nachhaltige, langfristige und gemeinwohlorientierte landwirtschaftliche Entwicklung gesichert und der kurzfristigen Gewinnmaximierung entzogen“, erläuterte Kölling den Schritt.
Jasper Holler, Vorstand der BioBoden-Genossenschaft eG, bedankte sich ganz herzlich und stellte die BioBoden-Genossenschaft vor, die einst von 14 Landwirten aus der Not heraus geboren wurde, weil diese nach Auslauf ihrer 10-jährigen Pachtverträge ihr Vorkaufsrecht wegen zu hoher Bodenpreise nicht wahrnehmen konnten. Als Genossenschaft ging das besser. So entstand die BioBoden-Genossenschaft. „Sie ist ein eigenständiges landwirtschaftliches Unternehmen, betreibt selbst Landwirtschaft, kauft Flächen von Landwirten und verpachtet diese zurück“, erklärte Holler. Zudem erwerbe die Genossenschaft sowohl ökologisch als auch konventionell bewirtschaftete Betriebe „und übergibt sie zur Bewirtschaftung und Umstellung an ökologisch arbeitende Landwirte“, so der BioBoden-Vorstand. Dabei sei ein zentrales Anliegen „die Unterstützung bei der Vermarktung der Produkte. Die wirtschaftliche Entwicklung der Genossenschaft hängt von der Mitgliedschaft vieler Menschen ab, da das Genossenschaftskapital für den Erwerb von Flächen und Betrieben genutzt wird“, erklärte Holler.
Die Genossenschaft fördere daher „den Erhalt und die Umstellung land- und forstwirtschaftlicher Flächen sowie deren langfristige Bewirtschaftung im Sinne eines regionalen, sozial eingebetteten und nachhaltigen Ackerbaus. Die BioBoden-Genossenschaft ist somit ein wichtiger Akteur im Bereich der ökologischen Landwirtschaft, der sich für die langfristige Sicherung der wertvollen Ressource Boden einsetzt, um die Lebensqualität für zukünftige Generationen zu sichern“, so Holler.
(Diether von Goddenthow /RheinMainKultur.de)