Neue Jugendstilausstellung im Museum Wiesbaden präsentiert mit „Plakatfrauen“ das weibliche Geschlecht hinter und Plakaten der Jahrhundertwende – ab 11.10.2024

Die neue Ausstellung "Plakatfrauen. Frauenplakate" im Museum Wiesbaden vom 11. Oktober 2024 bis zum 16. Februar 2025 in dichter Hängung, rückt nicht nur Frauen, die auf Plakaten in Erscheinung treten, sondern auch grafische Entwerferinnen und deren neues Selbstbewusstsein in den Fokus.© Foto: Diether von Goddenthow
Die neue Ausstellung „Plakatfrauen. Frauenplakate“ im Museum Wiesbaden vom 11. Oktober 2024 bis zum 16. Februar 2025 in dichter Hängung, rückt nicht nur Frauen, die auf Plakaten in Erscheinung treten, sondern auch grafische Entwerferinnen und deren neues Selbstbewusstsein in den Fokus.© Foto: Diether von Goddenthow

Als vor fünf Jahren die Jugendstilabteilung mit der Stiftungs-Sammlung  F.W. Neess eröffnete, katapultierte das Hessische Landesmuseum Wiesbaden aufgrund von  Umfang und höchster Qualität der Exponate  in die internationale Liga führender „Jugendstilhäuser“. Geht es in der  Neess-Sammlung zentral  um Gemälde, Möbel, Porzellan, Glas, Leuchter, Vasen usw. – also um zentrale Gattungen für die Innenraumausstattung, so „ verlassen wir jetzt den Innenraum und gehen auf die Straße, beziehungsweise wir bringen die Straße ins Haus: Plakatkunst. Plakatkunst ist eine Gattung, die für die Künstlerinnen und Künstler des Jugendstils sehr wichtig war“,  erklärt  Museumsdirektor Dr. Andreas Henning . Wir freuen uns,  nach „Wasser im Jugendstil  – Heilsbringer und Todesschlund“  mit der Ausstellung „Plakatfrauen. Frauenplakate“ vom 11. Oktober 2024 bis zum 16. Februar 2025 im Museum Wiesbaden  wieder eine neue Themen- Ausstellung zur Gattung des Jugendstils veranstalten zu können. „Dazu zeigen wir 70 Plakate  von den 1880er Jahren bis in die frühen 1930er Jahre“, so Henning.

 Ausstellungskurator Dr. Peter Forster mit Mäzen Maximilian Karagöz, der seine Privatsammlung öffnete, und für die Ausstellung "Plakatfrauen" zur Verfügung stellte. © Foto: Diether von Goddenthow
Ausstellungskurator Dr. Peter Forster mit Mäzen Maximilian Karagöz, der seine Privatsammlung öffnete, und für die Ausstellung „Plakatfrauen“ zur Verfügung stellte. © Foto: Diether von Goddenthow

Bei der gestrigen Eröffnung   im hoffnungslos überbesetzten Vortragsraum dankte der Museumsdirektor Sammler Maximilian Karagöz ganz herzlich, dass er mit Öffnung seiner Jugendstil-Plakatsammlung und der vorübergehenden Überlassung des größten Teils der gezeigten Exponate die Ausstellung  erst ermöglicht habe.  Es war eine Zufallsbegegnung zwischen Karagöz und  Dr. Peter Forster, Kurator  und Kustos Sammlungen 12. bis 19. Jahrhundert,  sowie  Professorin Dr. Petra Eisele vom Designlabor Gutenberg der Hochschule Mainz , die zu dieser gemeinsam kuratierten „Frauenplakat. Plakatfrauen“–Schau führte.  Eisele  ist derzeit verantwortlich für das Forschungsprojekt UN/SEEN zu Grafikerinnen in der Zeit von 1865 bis 1919 an der Hochschule Mainz.

Zur Ausstellung

Raum 1 Plakatfrauen: Das Plakat zählte Ende des 19. Jahrhunderts zu den wichtigsten Medien der visuellen Kommunikation. Dabei dienten den überwiegend männlichen Gestaltern stereotype weibliche Rollenbilder, von der perfekten Hausfrau und liebenden Mutter bis hin zur aufreizenden Femme Fatale, als beliebtestes Werbemotiv. © Foto: Diether von Goddenthow
Raum 1 Plakatfrauen: Das Plakat zählte Ende des 19. Jahrhunderts zu den wichtigsten Medien der visuellen Kommunikation. Dabei dienten den überwiegend männlichen Gestaltern stereotype weibliche Rollenbilder, von der perfekten Hausfrau und liebenden Mutter bis hin zur aufreizenden Femme Fatale, als beliebtestes Werbemotiv. © Foto: Diether von Goddenthow

Der Begriff Plakatfrauen verdeutliche, so Kurator Dr. Peter Forster, „was die Jahrhundertwende mit Vorliebe abbildete: Frauen, dargestellt in jenen Rollen, die ihnen gesellschaftlich erlaubt waren – oder die sich für den Zweck der Werbung annehmen durften“. Das heißt: Die Plakatgestalter der Hochphase der Deutschen Plakatkunst nutzten das Motiv der Frau facettenreich für die Reklame. Es ist der männliche Blick auf die Frauen. Aber es gibt auch den anderen, den weiblichen Blick auf Frauen, letztlich aber mit dem gleichen Ziel, Frauen auf Plakaten zum Zwecke der Werbung für Produkte posieren zu lassen.  Das zeigt die neue Ausstellung „Plakatfrauen. Frauenplakate“ im Museum Wiesbaden. So rückt sie  nicht nur Frauen, die aus männlichen Pinseln auf Plakaten gebannt in Erscheinung treten, sondern auch grafische Entwerferinnen und deren neues Selbstbewusstsein in den Fokus. Das darin sichtbar werdende neue weibliche Selbstbewusstsein zeigt sich auch darin, dass sich die Grafikerinnen, Malerinnen und Künstlerinnen  von der ansonsten üblichen Erschaffung kunsthandwerklicher Unikate  und von ausschließlich kleineren Werkformaten zur Freizeitgestaltung „höherer Töchter“  verabschiedeten, und stattdessen, wie vom Auftraggeber gewünscht,  wie ihre männlichen Kollegen auch mit großformatigen und in hoher Auflage reproduzierbaren Plakaten an die Öffentlichkeit traten.

Raum 2 "Plakatfrauen. Frauenplakate" (11.10.2024 — 16.2.2025) zeigt ausschließlich Plakate weiblicher Plakatkunst. © Foto: Diether von Goddenthow
Raum 2 „Plakatfrauen. Frauenplakate“ (11.10.2024 — 16.2.2025) zeigt ausschließlich Plakate weiblicher Plakatkunst. © Foto: Diether von Goddenthow

Raum zwei zeigt  ausschließlich Grafiken, die von weiblichen Gestalterinnen geschaffen wurden. Die Ausstellung zeige, dass sich professionelle Plakatgestalterinnen schon um die Jahrhundertwende im männlich dominierten Berufsfeld durchaus behaupteten und manchen Design-Preis gegen die übergroße männliche Konkurrenz einheimsten, erläuterte Professorin Dr. Petra Eisele in ihrem auf den Ergebnissen des Forschungsprojektes UN/SEEN  basierenden Eröffnungsvortrags. Bewusst stellt die Ausstellung „Plakatfrauen. Frauenplakate“  Plakate ins Zentrum der Betrachtung, die von Frauen entworfen wurden,  und belegt damit, dass Frauen bereits in einer Zeit als professionelle Plakatgestalterinnen tätig waren, in der ihnen überwiegend noch andere gesellschaftliche Rollen jenseits der männlich dominierten Berufswelt zugewiesen wurden.   Die Künstlerinnen der Ausstellung Änne Koken (1885-1919), Wera von Bartels (1886-1922), Rosa Bruntsch (Lebensdaten nicht bekannt), Käthe Kollwitz (1867-1945), Anna von Wahl (1861-1938), Margarethe Friedlaender (1896-1985), Dora Brandenburg-Polster (1884-1958), Clara Ehmcke (1869-1918), Frieda Weinberg-Röhl (1887-1955), Lina von Schauroth (1874-1970) und Dore Mönkemeyer-Corty (1890-1970) zählen zu den damals und heute kaum bekannten Gestalterinnen.

Jugendstiltreppenhaus erstmals öffentlich zugänglich

Erstmalig wird das einst nur für von den Mitarbeitern des Hauses benutzte Jugendstil-Treppenhaus im Südflügel für den Jugendstilrundgang öffentlich zugänglich gemacht. © Foto: Diether von Goddenthow
Erstmalig wird das einst nur für von den Mitarbeitern des Hauses benutzte Jugendstil-Treppenhaus im Südflügel für den Jugendstilrundgang öffentlich zugänglich gemacht. © Foto: Diether von Goddenthow

Die Beschäftigung mit Jugendstil sei für das Hessische Landesmuseum Wiesbaden  immer auch eine Rückkehr zu seiner eigenen Geschichte, nämlich zum 1915 eröffneten Museumsgebäude von Theodor Fischer selbst. Soll heißen: Die Eröffnung  der „Plakatfrauen. Frauenplakate“ war zugleich Premiere für ein der Öffentlichkeit jetzt zugänglich gemachtes frühere Diensttreppenhaus. Mit „seinen   freizügig geschwungenen Linien, einem wirklich handschmeichelndem Geländer“, so Henning, sei es nach seiner Sanierung eine echte architektonische Entdeckung. Dieses Treppenhaus führte früher in die Verwaltung der historischen Altertümer, in die Bibliothek, in die Werkstätten und  Restaurierung. Es wurde bei der gestrigen Ausstellungseröffnung erstmalig auf der Höhe des ersten und zweiten Stocks für den Museumsrundgang geöffnet. Mit dieser Treppe werde die Bereiche Jugendstil im Hause nun verbunden, so der Museumsdirektor.

Der große Jugendstilrundgang im Museum Wiesbaden

Von hier aus geht es ins Jugendstiltreppenhaus hoch zur Ausstellung "Plakatfrauen" © Foto: Diether von Goddenthow
Von hier aus geht es ins Jugendstiltreppenhaus hoch zur Ausstellung „Plakatfrauen“ © Foto: Diether von Goddenthow

Den Bodenaufklebern zur Ausstellung folgend, beginnen Besucher vielleicht am besten ihre große „Jugendstil-Runde“, indem sie im Treppenhaus  des Südflügels starten. Das kleine Treppenhaus führt ins erste Stockwerk zur Jugendstil-Dauerausstellung Neess und wurde bereits  Anfang 2024 um eine dauerhafte Präsentation von Jugendstilplakaten erweitert. Damit beginnt die Jugendstil-Ausstellung bereits jetzt mit dem Treppenhaus. Man geht dann durch die gesamte Jugendstilabteilung ganz durch, und schließlich gelangt man zu dem neu eröffneten weitläufigen Jugendstiltreppenhaus, welches ins zweite Stockwerk führt, zuerst in den 2023 eingeweihten „Jugendstilizer“-Bereich. Und von hier aus gelangt zu  den „Frauenplakaten“  im neuen Jugendstil-Kabinett.

Premiere des neuen Jugendstil-Kabinetts

Raum 3 "Plakatfrauen. Frauenplakate" (11.10.2024 — 16.2.2025) Jugendstil-Plakatkunst, insbesondere auch von Zigarettenwerbung. © Foto: Diether von Goddenthow
Raum 3  des Jugendstilkabinetts. „Plakatfrauen. Frauenplakate“ (11.10.2024 — 16.2.2025) Jugendstil-Plakatkunst, insbesondere auch von Zigarettenwerbung. © Foto: Diether von Goddenthow

„Wir öffnen heute ein ganzes Jugendstilkabinett. Es wird zukünftig die Neuerwerbungen der Sammlung Neess zeigen“, so Henning. Der Museumsdirektor dankte  Danielle Neess, Witwe von Stifter Ferdinand Wolfgang Neess, ganz herzlich, dass sie die Arbeit im Sinne ihres Mannes fortsetzt und ständig die Kollektion auf sehr hohem Niveau erweitert.  Neuerwerbungen werden künftig im Jugendstil-Kabinett präsentiert werden.

Premiere der neuen Schriftenreihe „Jugendstil“

Zudem konnte Museumsdirektor Henning  eine weitere Premiere verkünden. Dank der großzügigen Unterstützung der Stifterwitwe „können wir heute auch eine neue Publikationsreihe starten. Sie trägt den Titel ‚Jugendstil!-  Schriftenreihe Ferdinand und Daniele Neess“. Darin sollen Themen-Schwerpunkte der Sammlung Neess  publiziert werden, wie etwa die Plakatkunst im Jugendstil, „die wir erforschen werden in den nächsten Jahren und Jahrzehnten“, so Henning.

 Gesamtkunstwerk „Jugendstil“

Die Ausstellung „Frauenplakate. Plakatfrauen“ ist sehr empfehlenswert, insbesondere verstanden im „Gesamtpaket“ der großen Jugendstilsammlung Neess, der Jugendstilplakate im Südtreppenhaus, des neu eröffneten Jugendstil-Treppenhauses sowie vielfältiger Jugendstilelemente und Malereien im Theodor Fischer-Museumsbau als Gesamtkunstwerk.

(Diether von Goddenthow /Rhein-Main.Eurokunst)

Katalog

DSCF3398 Ausstellungs-Katalog Plakatfrauen.Frauenplakate 160 (c) diether von goddenthowZur Ausstellung ist der gleichnamige Katalog (herausgegeben von Peter Forster für das Museum Wiesbaden) beim Deutschen Kunstverlag 2024 erschienen (128 Seiten, 20 € an der Museumskasse, ISBN 978-3-422-80259-9). Der Katalog ist der Beginn der Schriftreihe Ferdinand Wolfgang und Danielle Neess, Eine kostenfreie Media-Tour in der MuWi-App begleitet die Schau.

Die Ausstellung wird gefördert durch den Flötenwettbewerb F.W. Neess und die Freunde des Museums Wiesbaden e.V.

Hr2 ist Kulturpartner der Ausstellung

Informationen zur Ausstellung „Plakatfrauen. Frauenplakate“

Museum Wiesbaden
Hessisches Landesmuseum für Kunst & Natur
Friedrich-Ebert-Allee 2
65185 Wiesbade