„Mein Frankfurt-Modell“: frech, bunt, einzigartig! – Ein Muss für jeden Frankfurter! Ab Oktober im Historischen Museum Frankfurt!

Bahnhof, Kaiserstrasse, oberhalb der aus Banknoten gewickelte Messeturm, und die Messe auf einem Monopoli-Brett. Foto: Diether v. Goddenthow
Bahnhof, Kaiserstrasse, oberhalb der aus Banknoten gewickelte Messeturm, und die Messe auf einem Monopoli-Brett. Foto: Diether v. Goddenthow

Wenn Anfang Oktober 2017 das neue Ausstellungshaus des Historischen Stadtmuseums Frankfurt auf dem Römerberg seine Pforten öffnet, erwartet die Besucher im 1000 Quadratmeter großen Giebelgeschoss ein neues Museums-Highlight mit symbolischer Strahlkraft: „Mein Frankfurt Modell“. Geschaffen hat es der Rotterdamer Künstler Herrmann Helle! Auf zirka 80 Quadratmetern haben er und weitere Künstler und Modellbauer die Mainmetropole und ihre 46  Stadtteile en miniatur nach Vorgaben Frankfurter Bürger abgebildet.

Künstler und Modell-Bauer legen letzte Hand an das Museum, bevor es bis Oktober 2017 verpackt werden wird. Foto: Diether v. Goddenthow
Künstler und Modell-Bauer legen letzte Hand an das Museum, bevor es bis Oktober 2017 verpackt werden wird. Foto: Diether v. Goddenthow

Das Besondere daran:  Herrmann Helle verwendet zum Bau Gebrauchsgegenstände des Alltags und recycelte Materialien: Da steht ein halbierter Souvenir-Teller mit Rathausmotiv für den Römer. Gebrochene Glasblättchen im Wechsel mit buntpapierenen Zwischenlagen türmen sich zu Wolkenkratzern. Ein Telefonhörer, ohne den kein Banker auskommt,  gibt einen anderen Bankenturm. Ein Hartgummi-Dachs zeigt, wo die Börse sitzt. Der Messeturm ist aus alten Banknoten in die Höhe gewickelt.

Die visualisierte Geldentwertung durch die EZB-Zinspolitik dargestellt  durch geschredderte Banknoten. Foto: Diether v. Goddenthow © atelier-goddenthow
Die visualisierte Geldentwertung durch die EZB-Zinspolitik dargestellt durch geschredderte Banknoten. Foto: Diether v. Goddenthow © atelier-goddenthow

An anderer Stelle reckt sich ein eckiges Plexiglasgebilde empor, gefüllt mit Schnipseln. Bei näherer Betrachtung entpuppen sich diese als geschredderte Banknoten und das Vieleck-Gebäude als Europäische Zentralbank. Ein Schelm, wer hierbei Böses denkt.
Fünf antik anmutende, mit dem Buchrücken zum Betrachter gestellte Goethebände bilden die Universität im I.G.-Farben-Haus ab. Und Plastikgestrüpp, aus dem Giraffen die Hälse recken, deuten auf den Zoo-Ort. Ausgusssiebe wirken wie ein Klärwerk  und geklöppelte Spießer-Deckchen von oben wie fantastische Parkanlagen.

Die Hufeisen gegeneinandergestellt symbolisieren die Schwierigkeiten und den Konflikt bei der Räumung der alten Galopprennbahn als Baugrundstück. Foto: Diether v. Goddenthow © atelier-goddenthow
Die Hufeisen gegeneinandergestellt symbolisieren die Schwierigkeiten und den Konflikt bei der Räumung der alten Galopprennbahn als Baugrundstück. Foto: Diether v. Goddenthow © atelier-goddenthow

Zwei entgegenstehende Hufeisen markieren die Galopp-Rennbahn, und eine Mausefalle in Preungesheim weist auf die dortige Justizvollzuganstalt. Den Frankfurter Grüngürtel zeigen gefärbte bunte Klobürsten und Besenborsten. Selbst der Flughafen lebt, und rote Halteseile durchziehen als Autobahnen mit kunstvoll gelegten Autobahnkreuzen die erstaunlich realistisch wirkende Anlage.

"Karls" Hirschkuh! Foto: Diether v. Goddenthow
„Karls“ Hirschkuh! Foto: Diether v. Goddenthow

Man kann stundenlang schauen, und wird immer wieder aufs Neue fündig, bis hin zur kleinen weißen Hirschkuh am Waldesrand, „die“ Karl dem Großen die Furt wies.

 

Eingeflossen ins Frankfurt-Model sind die  Antworten und Geschichten von 1166 befragten Frankfurtern aller Stadtteile.  Sound-Loops, Lichtinstallation und Minifilmstationen hauchen der bunten Anlage zusätzlich Leben ein. Diese dürfte zum Besuchermagnet und Ausgangspunkt für so manche heiße Diskussion und Frankfurt-Exkursion werden.

Erst im Oktober öffnet das neue Ausstellungshaus mit dem Modell Frankfurt

Die Wolfgang von Goethe-Universität im I.G. Farbenhaus. Foto: Diether v. Goddenthow
Die Wolfgang von Goethe-Universität im I.G. Farbenhaus. Foto: Diether v. Goddenthow

Aber noch müssen sich Interessenten gedulden. Denn bis zur Eröffnung im Oktober wird   „Mein Frankfurt Modell“ nach seiner Fertigstellung  in diesen Tagen zum Schutz beim weiteren Innenausbau staub- und blickdicht verpackt werden.

Geplant ist, dass Besucher über die Treppe ins Giebelgeschoss direkt auf „Mein Frankfurt-Modell“ stoßen. Die Idee dabei sei, so  Susanne Gesse, Projektleiterin und Kuratorin, dass das zweigeteilte Modell über einen begehbaren überdimensional breiten „Main“ erkundet werden könne. So sei zur Besichtigung auch genügend Raum für Rollstuhlfahrer und ganze Familien. Da die Main-Brücken nicht im Wege stehen, schweben diese einfach über den Köpfen der Besucher. „Unter sieben Brücken musst du gehn! …“

Intention und Konzept des Modell-Projektes

Römer mit Altstadt. Foto: Diether v. Goddenthow
Römer mit Altstadt. Foto: Diether v. Goddenthow

Das „Modell“ sei ein fester Bestandteil von „Frankfurt Jetzt“. „Wir haben 1000 Quadratmeter Platz für das Heute und das Morgen von Frankfurt. Die Idee ist ja, dass hier Frankfurter zusammenkommen, um miteinander über Frankfurt zu diskutieren. Eines der beiden feststehenden Exponate sei eben dieses Frankfurt-Modell, erläutert Susanne Gesse bei der  Pressebesichtigung. Das Frankfurt heute, das Frankfurt-Modell, zeige, wie Frankfurt gegenwärtig sei. In Kürze würde das Modell wahrscheinlich schon ein bisschen veraltet sein, da Frankfurt ständig baue und umbaue, und neue Häuser dazu kämen. Es sei daher geplant, am Modell weiterzubauen, es von Zeit zu Zeit zu aktualisieren, etwa auch, wenn die vier neuen projektierten Hochhäuser hinzu kämen. Das gegenwärtige Modell zeige eigentlich eher das „gefühlte Frankfurt“, so die Projektleiterin.

Da der Rotterdamer Künstler Hermann Helle Frankfurt nicht kannte, und das Projektteam „Frankfurt Jetzt“  nicht einfach nur Pläne und Karten schicken wollten, wurde beschlossen, die Frankfurter zuvor selbst darüber zu befragen, was sie aus  ihrem Stadtteil auf dem Modell wiederfinden möchten. Denn „Frankfurt jetzt“ sei, so Susanne Gesse, „das partizipativste Format von unserem Stadtmuseum“

vl. Franziska Mucha, Kuratorin für Digitale Museumspraxis, Susanne Gesse, Dr. Corinna Engel, Leiterin der MuseumskommunikationProjektleiterin und Kuratorin erörtern bei einem Pressegespräch Intention, Konzeption und Umsetzung des Frankfurt-Modells. Foto: Diether v. Goddenthow
vl. Franziska Mucha, Kuratorin für Digitale Museumspraxis, Susanne Gesse, Dr. Corinna Engel, Leiterin der MuseumskommunikationProjektleiterin und Kuratorin erörtern bei einem Pressegespräch Intention, Konzeption und Umsetzung des Frankfurt-Modells. Foto: Diether v. Goddenthow

Das Projektteam „Frankfurt jetzt“ habe, so Franziska Mucha, Kuratorin für Digitale Museumspraxis, 2015 eine Tour mit dem „mobilen Stadtlabor“ durch Frankfurt gemacht. Man sei mit einem dieser langen niederländischen Fahrräder, einem Lastrad, welches zu einem  mobilen Aktionstand umgebaut worden war, in allen Stadtteilen unterwegs gewesen. Das Team war ausgerüstet mit Karten und Fragebögen, und habe insgesamt 1166 Frankfurterinnen und Frankfurter befragt, auch online, um etwas über deren Lieblingsorte in Frankfurt, über Stadtteiltypisches und Alltagsleben zu erfahren, berichtet Franziska Mucha über die Vorbereitungsphase. „Uns war es wichtig, zu der gebauten Stadt diese Ebene des alltäglichen Erlebens und die Alltagsexperten auch sprechen zu lassen“, so Kuratorin Mucha. Nach Auswertung aller Fragebögen seien Stadtteil-Porträts entstanden, die jeweils auf einer Doppelseite in die Dokumentation „Sommertour 2015“ eingeflossen seien. Diese sei das „Briefing-Material“ für den Rotterdamer Künstler gewesen. Hermann Helle erhielt diese Infos mit dem Hinweis, dass das die Infos seien, die „uns die Frankfurter ans Herz gelegt haben, was die Stadt für sie bedeutet, positive und negative Aspekte“, sagt Kuratorin Mucha. Auf der Grundlage dieser Dokumentation und verschiedener Besuche in Frankfurt mit viel eigener Recherche habe Helle mit weiteren involvierten Künstlern und Modellbauern begonnen, „Mein Frankfurt-Modell“ zu bauen. Es sei also ein kollektiver Prozess gewesen, der die Bedeutung Frankfurts gesammelt hat und sichtbar macht, fügt Franziska Mucha hinzu.

Klärwerk Hoechst aus Ausguss-Sieben, im Hintergrund der Frankfurter Stadtteil.Foto: Diether v. Goddenthow
Klärwerk Hoechst aus Ausguss-Sieben, im Hintergrund der Frankfurter Stadtteil.Foto: Diether v. Goddenthow

Das Besondere an dem Modell sei, vertieft  Susanne Gesse,  dass es aus Fundstücken bestehe, aus Materialen die wir alle kennen. Wenn man das Modell anschaue, sehe man: „Ah, da ist ein Spitzer, da sind Dominosteine, Besenborsten, Pinsel, Rasierpinsel, Klobürsten“, so die Projektleiterin begeistert. Das Modell habe mehrere Ebenen, erklärt Susanne Gesse. Auf der einen Seite erkenne man tatsächlich relativ gut die Gebäude, die gebaut sind. Auf der anderen Seite könne man natürlich auch sehen, aus welchen Materialien es bestünde. Und das Dritte seien die vielen kleinen Geschichtchen, die hier drin steckten, führt die Projektleiterin aus.

Für die  Frankfurter, die sich wirklich auskennten, stecke hier eine ganze Menge drin. Es sei jedoch für Jeden etwas dabei. Mein Frankfurt-Modell sei eine Anlage, die man sich wahrscheinlich sehr, sehr lange angucken und dabei immer wieder etwas Neues entdecken könne, weswegen man immer wiederkäme. „Wir denken, dass wird eines der Highlights des Museums sein.“, so Susanne Gesse.

Das Modell sei ein „lebender Organismus“. Denn es werde einen Sound-Loop geben, eine endlose Tonschleife, die auch mit Lautsprechern im Modell ausgestrahlt würde. Die Besucher hörten dann in der Stadt bestimmte typische Geräusche, die an dem jeweiligen Ort wichtig seien, so Franziska Mucha. Außerdem sei eine Licht-Inszenierung vorgesehen, von außen über eine Beleuchtung. Aber auch im Modell drin wird es verschiedene Ecken geben, die beleuchtet seien, beispielsweise: das Stadion im Stadtwald, der Flughafen und andere Orte.

Integriert in das Modell wird es außerdem kleine Filmstationen geben, wodurch die Besucher auch etwas über die Unterwelt, über das „Untendrunter von Frankfurt“, erfahren können. Ob das jetzt in historischer Sicht sei, also in die Geschichte reingehe,  oder eben tatsächlich das Untendrunter sei, wäre unterschiedlich, so Franziska Mucha.

Nicht maßstabgetreu, aber exakt innerhalb der Stadtgrenzen

Letzte Arbeiten am Frankfurter Flughafen, der ebenfalls nicht maßstabgerecht ist, sondern nur angedeutet wird.  Foto: Diether v. Goddenthow
Letzte Arbeiten am Frankfurter Flughafen, der ebenfalls nicht maßstabgerecht ist, sondern nur angedeutet wird. Foto: Diether v. Goddenthow

Das Modell sei nicht wie eine Miniatur-Modellanlage oder das Altstadtmodell der Gebrüder Treuner im Historischen Museum in korrektem Maßstab. Es sei kein stadtplanerisch detailgenaues Modell, sondern ein künstlerisches mit Raum für Fantasie und Geschichten. Einige besondere Punkte wurden bewusst herausgehoben, nämlich jene, die den befragten Bewohnern der Stadtteile besonders wichtig erschienen, etwa das Grünesoße-Denkmal. Aber typographisch sei das Modell korrekt und orientiere sich exakt an den Stadtgrenzen.

Das Grüne-Soße-Denkmal. Foto: Diether v. Goddenthow
Das Grüne-Soße-Denkmal. Foto: Diether v. Goddenthow

„Wir wollten kein Modell, welches nur die Innenstadt mit den touristischen Attraktionen zeigt. Wir wollen eben das Frankfurt der Bewohnerinnen und Bewohner zeigen, in seiner ganzen Diversität, und dann kommt vielleicht nicht jedes Haus vor, aber man schafft es, die verschiedenen Zusammensetzungen der Stadtteile auch ganz gut zu erkennen“,  erläutert Franziska Mucha einen wichtigen Aspekt des Modell-Konzeptes.

 

In einem  ersten Schritt werden im Mai das neue Museums-Foyer und -Café eröffnet

Das neue Ausstellungshaus des Historischen Stadtmuseums Frankfurt auf dem Römerberg. Das Frankfurt-Modell ist großen Giebelgeschoss untergebracht.  Foto: Diether v. Goddenthow
Das neue Ausstellungshaus des Historischen Stadtmuseums Frankfurt auf dem Römerberg. Das Frankfurt-Modell ist großen Giebelgeschoss untergebracht. Foto: Diether v. Goddenthow

Zur Zeit bereiteten Vitrinen-Bauer und Restauratoren alles vor, damit ab April 2017 die über 8000 Objekte in das neue Ausstellungshaus transportiert und dann dort sicher in den Vitrinen platziert und bis zur Eröffnung verwahrt werden können, erläutert Dr. Corinna Engel, Leiterin der Museumskommunikation, den Stand des Innenausbaus bei der Pressebesichtigung.

Ende Mai 2017 wird bereits das neue Eingangsfoyer des Historischen Museums mit Café seine Türen öffnen. Dieser großzügige Empfangsbereich könne gleichzeitig viel mehr Besucher fassen, als es im Moment über das derzeitige Nadelöhr unten im Zollgebäude möglich ist, so Dr. Engel. Um ins neue Ausstellungshaus zu gelangen, gehen die Besucher später vom Eingangsbau ins Tiefgeschoss und unter dem Museumsplatz hindurch.

Zu diesem Zeitpunkt können Besucher  am weiteren Fertigstellungsprozess des Staufergartens teilnehmen und die archäologische Fundstelle besichtigen. Der Hafen wird gleichzeitig mit Eröffnung des Ausstellungshauses Anfang Oktober 2017 inklusive musealer Technik und Videoinstallation fix und fertig sein.

 

(Diether v. Goddenthow /Rhein-Main.Eurokunst)