Mit Raise the Roof widmet das Institut Mathildenhöhe Darmstadt der international renommierten Installations- und Performancekünstlerin Nevin Aladağ (*1972, Van, Türkei; lebt und arbeitet in Berlin) vom 29. Juni 2025 bis 1. Februar 2026 die erste große Einzelausstellung einer zeitgenössischen Position im historischen Ausstellungsgebäude – seit dessen Wiedereröffnung im September 2024.
Aladağs Arbeiten bewegen sich an der Schnittstelle von Skulptur, Malerei, Textil, Video und Klang. Mit spielerischer Leichtigkeit und feinem Humor verbindet sie diese Medien zu vielschichtigen Kompositionen. Durch das Prinzip der Collage entstehen überraschende Dialoge – zwischen Kunst und Musik, zwischen Kulturen, Zeiten und geografischen Räumen.
Die Ausstellung zeigt auf über 1.000 Quadratmetern rund 40 Werke aus den Jahren 2012 bis 2025, darunter auch eigens für die Mathildenhöhe entwickelte Neuproduktionen, die hier erstmals öffentlich zu sehen sind.
„Die UNESCO-Welterbestätte Mathildenhöhe ist ein lebendiger Ort des Austauschs zwischen Vergangenheit und Gegenwart, zwischen Kunst und Gesellschaft. Nevin Aladağ zeigt eindrucksvoll, wie Vielfalt, Kreativität und kulturelle Teilhabe heute gelebt werden können,“
– Hanno Benz, Oberbürgermeister der Wissenschaftsstadt Darmstadt.
Der Titel Raise the Roof verweist auf eine Tanzperformance, die 2017 bei der Biennale von Venedig neu inszeniert wurde. Doch er meint weit mehr: Das „Anheben des Daches“ steht sinnbildlich für die energetische Durchlässigkeit von Raum und Körper, Kunst und Klang. Aladağ nutzt die Architektur des Hauses nicht nur als Rahmen, sondern als Resonanzkörper ihrer Werke:
„Jede der vier Ausstellungshallen hat ihren eigenen Charakter. Das hat uns inspiriert, die Werkgruppen gezielt räumlich zu inszenieren – so konnten neue Querverbindungen entstehen,“
– Nevin Aladağ
Die Mathildenhöhe – einst Zentrum der Darmstädter Künstlerkolonie – war von jeher ein Ort, an dem sich Kunst, Architektur, Musik, Tanz und Theater durchdrangen. In ihrer raumbezogenen Inszenierung verleiht Aladağ dem Konzept des Gesamtkunstwerks eine zeitgenössische Stimme.
Im Foyer empfängt die Besucher die Serie Resonating Space: vier wandbezogene Trommelskulpturen, die in variablen Konstellationen auftreten. In Darmstadt fungieren sie als prologartige Klangobjekte – ein Echo auf die kommenden vier Ausstellungshallen.
„Die Werke von Nevin Aladağ treten in einen vielschichtigen Dialog mit der Architektur von Joseph Maria Olbrich. Raise the Roof ist kein isoliertes Kunsterlebnis – die Ausstellung öffnet Resonanzräume für zentrale Fragen unserer Zeit: Identität, Migration, Gemeinschaft.“
– Dr. Sandra Bornemann-Quecke, Kuratorin und stellv. Direktorin des Institut Mathildenhöhe.
Bereits in Halle 1 verschmelzen Bild und Klang zu einer sinnlichen Erfahrung: Die neuen farbintensiven Wandobjekte der Serie Vibrating Images wirken zunächst wie statische Malereien. Doch ihre eingebauten Musikinstrumente machen sie zu potenziellen Klangkörpern, die – wenn gespielt – die Vibrationen des Klangs unmittelbar in den Raum übertragen.
In Halle 2 eröffnen die monumentalen Drei-Kanal-Videoinstallationen Session, Traces und Jamming eine poetische Auseinandersetzung mit urbanem Raum, Musik und kultureller Identität. Die Kamera folgt Instrumenten, nicht Menschen, und lässt Klang und Bewegung mit Städten wie Berlin, Stuttgart und Schardscha verschmelzen.
Halle 3 widmet sich der sozialen Dimension von Musik. In der Werkgruppe Resonator verschmelzen Instrumente aus unterschiedlichen Kulturkreisen zu abstrakten Klangskulpturen. Besonders eindrucksvoll: der eigens für Darmstadt entwickelte Music Room, in dem Möbelstücke aus der Jahrhundertwende – teils Originale aus Darmstadt – in spielbare Musikinstrumente transformiert wurden. Wenn Musiker*innen sie aktivieren, entsteht ein Ort der Begegnung zwischen Geschichte und Gegenwart.

Den Höhepunkt bildet die Videoarbeit Raise the Roof in Halle 4: Eine Choreografie zwischen Kunstwerken und Raum, zwischen Bewegung und Architektur, zwischen Individuum und Gesellschaft. Hier untersucht Aladağ die kulturellen Praktiken des Musizierens, Tanzens und Spielens – und bringt den Körper selbst ins Zentrum ästhetischer Erfahrung.
Im Abschlussraum begegnet das Publikum der großformatigen Klangskulptur Public Resonator. Ursprünglich für den öffentlichen Raum in Baden-Baden geschaffen, lädt sie im Ausstellungsgebäude zum Mitmachen, Ausprobieren und Improvisieren ein. Musik, so Aladağ, sei ein Kommunikationsmedium – offen, wandelbar, verbindend.
Ein besonderes Highlight bildet die Performance Body Instruments, bei der der menschliche Körper selbst zum Instrument wird. Sie eröffnet am 29. Juni 2025 die Ausstellung. Weitere Aufführungen im öffentlichen Raum finden am 23. August und 18. Oktober 2025 statt – vom Friedensplatz über den Marktplatz bis hinauf zur Mathildenhöhe.
„Mit Body Instruments geht die Ausstellung in die Stadt hinein – in den Alltag, in die Gesellschaft. Sie steht für Offenheit, Vielfalt und künstlerische Innovation – Werte, die Darmstadt prägen und die Nevin Aladağ mit ihrer Arbeit auf eindrucksvolle Weise erfahrbar macht.“
so Dr. Philipp Gutbrod, Kulturreferent der Wissenschaftsstadt Darmstadt und Direktor des Institut Mathildenhöhe.
Informationen: Ausstellungen Mathildenhöhe Darmstadt