Kulturpreis 2016 der Landeshauptstadt Wiesbaden an Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung verliehen

v.l. Jury-Vorsitzende u. Kulturdezernentin Rose-Lore Scholz, Ernst Szebedits, Vorsitzende der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung, Oberbürgermeister Sven Gerich, Stadtverordnetenvorsteherin Christa Gabriel. Foto: Diether v Goddenthow
v.l. Jury-Vorsitzende u. Kulturdezernentin Rose-Lore Scholz, Ernst Szebedits, Vorsitzender der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung, Oberbürgermeister Sven Gerich, Stadtverordnetenvorsteherin Christa Gabriel. Foto: Diether v Goddenthow

Im Rahmen einer Feierstunde im Festsaal des Rathauses wurde am 21. November 2016 die Friedrich-Murnau-Stiftung mit dem Kulturpreis der Landeshauptstadt Wiesbaden für das Jahr 2016 ausgezeichnet. Den mit 5000 Euro dotierten Preis nahm für die Murnau-Stiftung deren Vorsitzender Ernst Szebedits aus den Händen von  Oberbürgermeister Sven Gerich, Kulturdezernentin Rose-Lore Scholz und Stadtverordnetenvorsteherin Christa Gabriel entgegen. Die Laudatio hielt Dr. Gottfried Langenstein, Direktor Europäische Satellitenprogramme des ZDF. Musikalisch umrahmt wurde die Veranstaltung von Jan-Filip Tupa (Cello) und Daniel Lorenzo (Klavier).

Oberbürgermeister Sven Gerich. Foto: Diether v Goddenthow
Oberbürgermeister Sven Gerich. Foto: Diether v Goddenthow

Oberbürgermeister Gerich zeigte sich ein wenig verwundert, weshalb die Friedrich-Murnau-Stiftung erst in diesem Jahr den Kulturpreis der Landeshauptstadt Wiesbaden erhalte, „angesichts nationalen Bedeutung dieser Einrichtung und ihrer 50-jährigen Geschichte“. Umso mehr freue es ihn, dass es nun im Jubiläumsjahr geklappt habe. Die Stadt Wiesbaden, so der Oberbürgermeister, sei dankbar und auch ein wenig Stolz darauf, dass die Murnau Stiftung in Wiesbaden beheimatet sei. Seit der Eröffnung des Deutschen Filmhauses im Jahre 2009 und die Aufnahme des öffentlichen Kinospielbetriebs im dortigen Murnau Filmtheater hätten sich die Beziehungen zwischen Murnau-Stiftung und der Stadt in hervorragender Weise vertieft und gefestigt, so Gerich.

Jury-Vorsitzende und Kulturdezernentin Rose-Lore Scholz. Foto: Diether v Goddenthow
Jury-Vorsitzende und Kulturdezernentin Rose-Lore Scholz. Foto: Diether v Goddenthow

Auf den unschätzbaren Wert der Arbeit der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung für den Erhalt des deutschen Film-Erbes, wies Jury-Vorsitzende und Kulturdezernentin Rose-Lore Scholz in ihrem Grußwort hin. Hierfür stünden Filme wie  „Metropolis“, „Das Cabinet des Dr. Caligari“ oder „Der blaue Engel“. Daneben leistet die Murnau-Stiftung mit dem seit 2009 bestehenden Filmtheater einen zentralen Beitrag für das cineastische Angebot jenseits des Mainstreams in Wiesbaden und der Region. Die Murnau-Stiftung steht wie kaum eine andere Einrichtung für die Filmstadt Wiesbaden und fördert mit ihrer Arbeit seit vielen Jahrzehnten die Filmkultur in Wiesbaden.

Dr. Gottfried Langenstein, Direktor Europäische Satellitenprogramme des ZDF. Foto: Diether v Goddenthow
Dr. Gottfried Langenstein, Direktor Europäische Satellitenprogramme des ZDF. Foto: Diether v Goddenthow

Die Erhaltung des wertvollen Filmbestandes sei vor allem ein Kampf gegen die Zeit, mahnte Laudator Dr. Gottfried Langenstein, Direktor Europäische Satellitenprogramme des ZDF , der ein Porträt des Stiftungsnamensgebers Friedrich Wilhelm Murnau, der eigentlich Friedrich Wilhelm Plumpe hieß, zeichnete. Murnau war sein Künstlername, wohl gewählt zur Abgrenzung von seinen Eltern, die weder seine Schauspiel- und Regie-Ambitionen noch seine Homosexualität akzeptieren wollten. Murnau wurde während einer Studentenaufführung vom berühmten Regisseur Max Reinhard entdeckt, nahm trotz seiner 2,10 Meter Körpergröße als Flieger am ersten Weltkrieg teil, landet wegen eines Navigationsfehlers in neutralen Schweiz, konnte dort seine Filmarbeit fortsetzen, erhielt wegen seiner Erfolge 1924 einen Ufa-Vertrag und schrieb internationale Filmgeschichte.

Schon vor wenigen Jahren sorgte die Rettung Fritz Langs Stummfilms „Metropolis“ aus den 20er Jahren für Schlagzeilen, als man in Buenos-Aires noch eine vollständige Kopie des nur noch in Fragmenten bestehenden Films entdeckte. Diese wurde dann von der Murnau-Stiftung restauriert und in Berlin 2010 während der Berlinale gezeigt.

In den 50er Jahren verwendete man Filmträger auf Nitratbasis,   ein hochbrisantes Material,  das eine höhere Sprengkraft als Schwarzpulver besitze, unter das Sprengstoffgesetz falle und vor allem die alten Filme zersetze. Die Filme würden zwar zu Lagerung und Erhalt im Film-Archiv der Murnau-Stiftung permanent heruntergekühlt. Das würde aber nicht wirklich ihren Verfall aufhalten. Um sie zu retten, müssten sie restauriert und digitalisiert werden.

Im großen Archiv von insgesamt über 6500 Filmen lagern auch sogenannte „Vorbehaltsfilme“, Propaganda-Streifen aus der Nazi-Zeit mit Titeln à la „Jud-Süß“ oder „Kolberg“ von Veit Harlan. Diese Filme, gegen deren Vorführung lange Zeit verständlicherweise Vorbehalte bestanden, könnten dank der filmpädagogisch begleitenden Arbeit der Murnau-Stiftung wieder gezeigt werden. Denn, so Langenstein, sei es  wichtig, dass junge Leute auch solche Filme sehen, um hierdurch einmal mehr den Wert der Demokratie schätzen zu lernen. Langenstein forderte vor allem auch mehr Bundesmittel für die Arbeit der Murnau-Stiftung zum Erhalt des deutschen Filmerbes mit Weltrang.

Ernst Szebedits, Vorsitzende der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung. Foto: Diether v Goddenthow
Ernst Szebedits, Vorsitzender der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung. Foto: Diether v Goddenthow

Ernst Szebedits, Vorsitzender der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung, „hätte noch stundenlang zuhören können“ und dankte dem Laudator, der  Stadt Wiesbaden  und allen Mitstreitern für die bisherige Arbeit und das gemeinsam Erreichte, und hoffte, dass  „wir noch viel bewegen können“.
murnaufilmtheater360

Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung
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Über die Murnaustiftung:

„Seit ihrer Gründung im Jahr 1966 setzt sich die Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung, eine Stiftung bürgerlichen Rechts, für den Erhalt und die Pflege eines Großteils des deutschen Filmerbes ein. Ihre einzigartigen Bestände öffentlich zugänglich zu machen, gewinnt seit Jahren an Bedeutung und wird die Arbeit auch künftig zunehmend prägen. Wichtigstes Stiftungskapital ist der einzigartige, in sich geschlossene Filmstock, der Kopien und Materialien der ehemaligen Produktionsfirmen Ufa, Universum-Film, Bavaria, Terra, Tobis und Berlin-Film – samt den damit verbundenen Rechten – aus über sechs Jahrzehnten deutscher Filmproduktion umfasst.“ mehr

Filmprogramm des Murnau-Filmtheaters