
Ob Kurz-, Rau- oder Langhaardackel, ob Teckel, Zwergteckel oder Kaninchenteckel, ob Jagd-, Schoßhund- oder Flanierhund – die lebhaften Vierbeiner – einst gleichermaßen von Kaisern und Kleinbürgern vergöttert – haben die Kontinente erobert und längst ihr Spießer-Image abgelegt. Inzwischen dackelt es in sämtlichen sozialen Netzen, allein bei Instagram unter dem Hashtag #dackel mit über zwei Millionen Beiträgen, und auf #dachshund gar mit gut 20 Millionen Treffern. Den Trend zum Kulthund Dackel spiegelt auch das erst 2018 in Regensburg aus einer Bierlaune heraus gegründete Dackelmuseum, welches bereits zu den 13 außergewöhnlichsten Museen der Welt zählt.
Grund genug für Arte-TV, dem Phänomen „Dackel“ auf den Grund zu gehen. Wie weit reichen seine Wurzeln zurück? Seit wann ist er ein treuer Begleiter des Menschen? Zu welchen Leistungen ist der kleine, quirlige und eigenwillige Knirps fähig? Und warum ist er so beliebt? Diese und weitere Aspekte hat Regisseurin und Autorin Pia Schädel mit ihrem Team für Arte-TV in der einzigartigen Dokumentation „Der Dackel“ zusammengetragen und damit dem Kulthund „Dackel“ ein Denkmal gesetzt. Ausgestrahlt wird die Dokumentation am 26.06.2025, 20:30 Uhr auf Arte-TV.

Beim gestrigen Film-Preview im Murnau-Filmtheater Wiesbaden, moderiert von Dirk Fellinghauer (ZDF/ARTE), wurden Regisseurin Pia Schädel, Produzent Volker Schmidt-Sondermann (Ifage), Petra Boden (ZDF/ARTE), die Dackelmuseums-Gründer Seppi Küblbeck und Oliver Storz sowie anwesende zwei- und vierbeinige Protagonisten des Films als Talkgäste gefeiert. Einmalig war auch, dass die Gäste ausnahmsweise ihre Dackel mit ins Kino bringen durften. So war die Dackeldichte im Murnau-Filmtheater historisch einmalig hoch, und entsprechend die Stimmung heiter und ausgelassen.
Die Arte-Dukomentation:
Die ARTE-Dokumentation „Der Dackel“ zeigt eindrucksvoll, wie international und geschichtsträchtig der kleine Jagdhund ist. Seine Wurzeln reichen bis in die Antike zurück – nach Norditalien, in die Gegend um Verona, und nach Gallien, rund um das heutige Lyon. In beiden Regionen hielten keltische Stämme bereits kompakte Jagdhunde. Im Mittelalter waren es vor allem die europaweit verbreiteten Bracken, die als unmittelbare Vorläufer des Dackels gelten. In Deutschland begann man ab der frühen Neuzeit gezielt damit, die Hunde für Einsätze in Dachs- und Fuchsbauten kleiner zu züchten – daher auch der Name „Dachshund“, der schon 1719 belegt ist. Das Wort „Dackel“ etablierte sich erst deutlich später.
Im Zuge der Standardisierung von Sprache und Tierzucht wurden 1879 offizielle Rassekennzeichen für den Dackel festgelegt. Bis heute gelten diese als Grundlage für die Standards des weltweit größten Züchterverbands, der Fédération Cynologique Internationale (FCI). Der Dackel wird darin als Jagdhund beschrieben, dessen Körperbau ihm bewegliches, flinkes Arbeiten über und unter der Erde ermöglicht – was viele Dackelbesitzer mit Garten wohl bestätigen können. Typische Merkmale wie die kurzen Beine und der berühmte Dackelblick werden dabei eher nüchtern beschrieben: „mittelgroß, mandelförmig, mit klarem, energischem und doch freundlichem Ausdruck.“
Seit 1888 wacht der Deutsche Teckelklub über die Zucht dieser besonderen Hunde. Die Gründung im sogenannten Dreikaiserjahr mag Zufall gewesen sein, doch Wilhelm II., der letzte Hohenzoller auf dem Thron, war ein bekennender Dackelfan. Sein Liebling, der Kurzhaardackel Erdmann, bekam nach seinem Tod sogar eine Gedenkstätte im Schlosspark von Wilhelmshöhe in Kassel. Auch Queen Victoria brachte bereits 1845 einen Dackel mit nach Großbritannien. Nicht nur in Europa, auch in den USA wurden die kleinen, temperamentvollen Hunde zu einem echten Exportschlager. Eine Delle bekam die Begeisterung lediglich während des Ersten Weltkriegs, als der Dackel durch antideutsche Propaganda mit Pickelhaube verspottet wurde und als Symbol des deutschen Militarismus galt.
Doch diese Episode geriet schnell in Vergessenheit. Mit seinem charmanten Wesen hat der Dackel sich weltweit wieder in die Herzen gespielt – und ist auch in der Kunst verewigt worden. Andy Warhol porträtierte seinen Archie in Siebdruck und Polaroid, David Hockney malte seine Hunde Stanley und Boogie regelmäßig, und Pablo Picasso ließ sich von Dackel Lump zu dem ikonischen minimalistischen Motiv „Le chien“ inspirieren. Dieses Bild ist heute ein beliebter Fanartikel für Dackel- und Kunstliebhaber.

Bayern gilt als das Herzland des Dackels, München als heimliche Dackelhauptstadt. Kein Wunder also, dass Grafiker Otl Aicher für die Olympischen Spiele 1972 das Maskottchen „Waldi“ schuf. Inzwischen ist die Dackel-Community jedoch weltweit aktiv – von London über New York bis Paris. Bei Events wie dem „Sausage Walk“ wird der Dackel wegen seiner Körperform liebevoll als Wursthund bezeichnet – auf Englisch „Sausage Dog“, auf Spanisch „perro salchicha“, auf Französisch „chien saucisse“. Ob freches oder armes Würstchen – das bleibt offen.
Und ein Blick auf die Website des Dachshund Club of California, wo drei Dackel auf einem Surfbrett zu sehen sind, zeigen einmal mehr, was den kleinen Hund wirklich ausmacht: Er ist einfach cool – und macht sein eigenes Ding.
Arte TV Der Dackel am 26. Juni 2025
Das Dackelmuseum in Regensburg
Ein weiterer Beweis für die anhaltende Popularität des Dackels ist das Dackelmuseum in Regensburg, das von Seppi Küblbeck und Oliver Storz betrieben wird. Dort sind über 30.000 Exponate von Kunst bis Kitsch zu sehen. Mit ihrer Dackelparade im September 2023 schafften sie es sogar ins Guinnessbuch der Rekorde: 897 Teilnehmende wurden offiziell gezählt, inoffiziell sollen es sogar 1.175 gewesen sein. Und die ihnen am häufigsten gestellte Frage der letzten sieben Jahre lautet, so Seppi Küblbeck , beim gestrigen anschließendem Talk: „War das Dackelmuseum eigentlich geplant?“ – Nein. Es entstand aus einer sommerlichen Bierlaune. Seither haben wir Gäste aus 143 Nationen empfangen. Letztes Wochenende kamen Besucherinnen und Besucher aus Chile, China, den USA und Australien. Im vergangenen Jahr wurden wir sogar zu einem der 13 außergewöhnlichsten Museen der Welt gewählt.
(Diether von Goddenthow/ RheinMainKultur.de)