Internationale Tage Ingelheim ab 4. Mai 2025 mit „Neugier, Mut und Abenteuer: Fotografinnen auf Reisen“

Fotoausstellung der Internationalen Tage Ingelheim Neugier, Mut und Abenteuer: Fotografinnen auf Reisen 04. Mai – 13. Juli 2025 Kunstforum Ingelheim – Altes Rathaus François Lachenal-Platz 1, 55218 Ingelheim am Rhein © Foto: Jutta Ziegler

„Neugier, Mut und Abenteuer: Fotografinnen auf Reisen“ ist eine Ausstellung im Rahmen der Internationalen Tage Ingelheim in der vom 4. Mai bis zum 13. Juli 2025 ausschließlich Bilder von Fotografinnen präsentiert werden. 21 Fotografinnen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz sind mit über 170 Schwarz-Weiß- und Farbfotografien aus dem Zeitraum von den 1920er Jahren bis in die Gegenwart vertreten. Ihre Werke spiegeln aus weiblichen subjektiven Perspektiven und individuelle Bildsprachen wider von Eindrücken, die sie auf ihren Reisen in insgesamt 30 verschiedene Länder erlebt und fotografisch festgehalten haben.

Im Auftrag zahlreicher Verlage begaben sich professionell ausgebildete Fotografinnen – emanzipiert, selbstbestimmt und unabhängig – insbesondere ab den 1920er Jahren alleine auf Reisen, oftmals unter herausfordernden und beschwerlichen Bedingungen. Es zeigt Frauen, die, wenn sie motiviert, ehrgeizig und von ihrer Vision ergriffen waren, sich durchaus das zu nehmen wussten, wozu sie sich berufen gefühlt haben.
Es war weniger die Lust auf unwägbare Abenteuer, die die Frauen des 20. Jahrhunderts zum Reisen motivierte, als vielmehr das lebhafte Interesse, fremde Kulturen zu erleben und zu dokumentieren, schreiben Carolin Förster und Annette Deeken im Begleitbuch zur Ausstellung. Beweggründe seien auch gewesen, in ihrem Beruf als Fotografin kreativ und selbstbestimmt zu arbeiten sowie finanziell unabhängig zu sein.
Man muss sich aber einmal vor Augen führen, dass Reisen bis zur frühen Neuzeit wesentlich durch Religion, Militär und Handel bestimmt und in der Regel das Privileg des Adels war. Erst im 18. Jahrhundert entwickelte sich die so genannte Bildungsreise in Form der „Grand Tour” zu den kultur- und kunstgeschichtlichen Sehenswürdigkeiten durch Europa bis in den Mittelmeerraum und den Nahen Osten. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erfindet der Engländer Thomas Cook die Pauschalreise. In Berlin gründete 1868 der schlesische Tourismuspionier Carl Stangen eines der ersten Reisebüros und wirbt bald mit „Reiseunternehmungen nach allen Ländern der Erde”.

In dem Maß, wie sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts die Kameratechnik durch Fortschritte popularisierte und für Amateur*innen handhabbar wurde, stand sie für die Repräsentation, das Vergnügen, den Broterwerb oder den persönlichen Ausdruck zur Verfügung. Die Fotografie wurde eine breitere berufliche Option für Frauen einhergehend mit professionellen Ausbildungen zur Fotografin.

Unter ganz anderen mobiltechnischen und infrastrukturellen Voraussetzungen gegenüber heute waren sie von Kontinent zu Kontinent unterwegs. Sie übermittelten  ihren Auftraggebern eindrucksvolle Fotografien, auch  entlegener Orte. Die Ausstellung sowie das dazugehörige Begleitbuch machen deutlich, dass die Grenzen zwischen Auftragsfotografie, dokumentarischer Arbeit und freier künstlerischer Fotografie vielfach verschwimmen.

Die Fotografie von Alice Schalek, Marianne Breslauer, Ré Soupault, Elfriede Stegemeyer, Monika von Boch, Inge Morath, Fee Schlapper, Ursula Schulz-Dornburg, Helga Paris, Franziska Stünkel, Jordis Antonia Schlösser, Anne Schönharting, Elisabeth Neudörfl und Barbara Klemm zeigen ihren persönlichen Blick auf Landschaften, Menschen und Ereignisse, die nur mittels der Fotografie so zu fassen ist

Der erste Teil der Ausstellung widmet sich zahlreichen Beispielen der Auftragsfotografie seit dem Jahr 1929. Die Fotografien von zehn Fotografinnen aus drei Generationen zeigen nicht nur Landschaften und urbane Räume, sondern vor allem Szenen aus dem alltäglichen Leben der lokalen Bevölkerung. Thematisch wird das Nebeneinander von Tradition und Moderne ebenso aufgegriffen wie körperliche Arbeit in verschiedensten Bereichen und die gesellschaftlich oft vorgegebene Rolle der Frau in patriarchalisch geprägten Kulturen.

„Die Kraft der Photographie liegt sicher auch in der Zähigkeit, mit der sie jeden, der sich ihr widmet, seine eigene Sicht zur Bereicherung der Sensibilität und Perzeption der Umwelt beizutragen veranlaßt.“
Inge Morath

Im zweiten Ausstellungsschwerpunkt stehen sechs Fotografinnen im Mittelpunkt, die mit ihrer Kamera archäologische Expeditionen und wissenschaftliche Reisen begleiteten. Sie dokumentierten historische Stätten – oftmals bedroht durch Krieg, Umweltzerstörung oder Klimawandel – und hielten auch Städte im Wandel eindrucksvoll fest.

Der dritte Teil widmet sich Fotografinnen, die freie künstlerische Projekte verwirklichten. Diese sieben Frauen verfolgten konzeptuelle Ansätze, die sich teils in Serien manifestierten oder als langfristige Projekte über Jahre und Kontinente hinweg realisiert wurden.

Im Kunstforum Ingelheim sind Fotografinnen vertreten, die für ihr Werk mit Auszeichnungen geehrt wurden, sowohl zu Lebzeiten als auch posthum nationale und internationale Anerkennung fanden und deren Arbeiten heute als bedeutende Zeugnisse der Fotografiegeschichte des 20. Jahrhunderts gelten.

Fotografinnen-Porträts und Hintergrund

Fotoausstellung der Internationalen Tage Ingelheim Neugier, Mut und Abenteuer: Fotografinnen auf Reisen 04. Mai – 13. Juli 2025 Kunstforum Ingelheim – Altes Rathaus François Lachenal-Platz 1, 55218 Ingelheim am Rhein © Foto: Jutta Ziegler

Das Leben der Wienerin Alice Schalek, Pionierin des Reisejournalismus, ist ein besonders eindrückliches Beispiel, um einen modernen Beruf auszuüben. Schalek stammt aus einer wohlhabenden jüdischen Familie und ist durch die Anzeigen-Agentur ihres Vaters früh mit der Presselandschaft vertraut. In den folgenden zehn Jahren erweitert Schalek ihren Reiseradius und reist 1905 nach Nordafrika (Algerien, Tunesien), 1909 nach Ägypten und Palästina sowie erstmals nach Indien, 1911 nach Südostasien und Japan. Für sie ist Fotografin zu sein „ein typischer und durchaus geachteter Frauenberuf”.

Ré Soupault, geboren in Pommern als Meta Erna Niemeyer, hinterließ ein schmales, aber bedeutendes fotografisches Werk. Ausgebildet von 1921 bis 1923 in der Webereiwerkstatt am Weimarer Bauhaus, nimmt sie in den 1920er und 1930er Jahren in Berlin und Paris regen Anteil an verschiedenen Strömungen der modernen Kunst. Die Bilder aus dem „verbotenen” Quartier in Tunis stehen im Kontext von Ré Soupaults besonderem Interesse an der Stellung der Frau in dem muslimischen Land.

Die Erfahrung der Fremde, einer ungewohnten Topografie und einer besonderen Lichtqualität beeinflussen die fotografische Arbeit von Elfriede Stegemeyer und Monika von Boch. Auch wenn ihre Arbeiten fast zwei Jahrzehnte auseinander liegen, sind sie von einem vergleichbaren Gestaltungswillen getragen.

Die Österreicherin Inge Morath beginnt 1949 als Texterin und Rechercheurin bei Magnum in Paris. Sie wertet Kontaktbögen aus und lernt daran die Sehweise der Fotografen kennen. Auf einer Reise nach Venedig 1951 fängt sie an, selbst zu fotografieren, und hospitiert anschließend in London bei dem erfahrenen Agenten Simon Guttmann. 1953 bewirbt sie sich als Anwärterin bei Magnum.

Im islamischen Kulturkreis bewegt sich auch Fee Schlapper. Die Fotografin aus Baden- Baden hat 1952 als Jahrgangsbeste die Bayerische Staatslehranstalt für Lichtbildwesen absolviert und zwei Jahre später die Meisterprüfung abgelegt. Nach einer ersten, auf prägnante Weise verarbeiteten Reiseerfahrung in Ägypten unternimmt Schlapper jährlich Reisen ins außereuropäische Ausland. Ihre Ziele liegen in Nord- und Südamerika, zum Beispiel in Guatemala, in Afrika, im Nahen Osten und in Asien.

Das Thema von gefährdeter Architektur und Landschaft als kulturellem Zeugnis zieht sich durch das fotografische Schaffen von Ursula Schulz-Dornburg. Sie hält in ihren Fotografien uralte, im Verschwinden begriffene Kulturlandschaften fest und macht sie auch in oft weniger beachteten Details sichtbar.

Eine Übergangslandschaft ganz anderer und doch ebenfalls historisch gewordener Art hat Helga Paris in Leipzig festgehalten. Die Aufnahmen aus dem Leipziger Hauptbahnhof wurden bei den Vorbereitungen zu einer Retrospektive der Fotografin erst 2019 entdeckt. Sie umschreiben einen Zeitraum der Jahre 1981 bis 1982. Die Fotografien von Helga Paris erzählen von der Geschichte der DDR ebenso wie von den möglichen Geschichten der Menschen im Vorübergehen, in einem Zwischenzustand.

Die Filmregisseurin und Fotokünstlerin Franziska Stünkel hat in vier Kontinenten − Europa, Asien, Afrika und Amerika − einem Phänomen der globalen-urbanen Kultur nachgespürt. Spiegelungen und Reflektionen in Schaufenstern, Glasscheiben oder spiegelnden Flächen faszinieren sie und geben je nach Standpunkt und Lichteinfall nicht nur den Einblick in Innenräume frei, sondern werfen auch ein Bild des Außenraums zurück.

Jordis Antonia Schlösser arbeitet mit ihren Fotografien seit Langem gegen die Stereotypen von Menschen, Ländern und Situationen an. Besonderes Anliegen von Schlössers Arbeit ist es, unter anderem den Vorurteilen gegenüber dem Nachbarland Polen und seiner Bevölkerung ein neues und positiv ausgerichtetes, modernes Bild entgegenzusetzen.
In ihren aktuellen Arbeiten beschäftigt sich Anne Schönharting mit der Wahrnehmung von Natur. Die zerstörerischen Auswirkungen des Umgangs mit Pflanzen und Ressourcen vor allem in urbanen Räumen veranlassen die Fotografin zu einer spezifischen Betrachtung der hybriden Formen von Stadtnatur.

Die Straßen Hongkongs bilden den Schauplatz von Elisabeth Neudörfls serieller Untersuchung der soziopolitischen Ereignisse im Zusammenhang mit der Demokratiebewegung und der Pandemie.

Die weit gereiste Fotografin Barbara Klemm ist bekannt für ihre einfühlsamen Reportagebilder und Porträts. Ihre weniger bekannten Landschaftsbilder reichen von Kanada bis Brasilien, von Irland bis in die Schweiz und erschienen sporadisch in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, für die sie von 1970 bis 2005 auch als Redaktionsfotografin tätig war.

Die autodidaktische Fotografin Lotte Errell ist eine der frühen anerkannten, internationalen Reisejournalistinnen und war im Auftrag des Ullstein Verlages 1932 und 1933 über die Mongolei durch China unterwegs sowie für Associated Press in England und Irland. Bis 1937 reist Errell nach Paris, Triest, Österreich und Syrien, in den Libanon, die Niederlande und die USA. In ihren Reiseberichten und Fotos hält sie auch Themen wie Armut, Gewalt an Frauen und Kindern fest.

Die Schweizerin Annemarie Schwarzenbach besaß seit 1935 durch eine Scheinheirat einen französischen Diplomatenpass, der sich für ihre Reisen als nützlich erweist. Sie kam aus sehr reichem Hause, trug Männerkleidung, war promoviert, in Erika Mann verliebt und 1934 mit deren Bruder Klaus gemeinsam nach Moskau gereist. Ende des Jahrzehnts brach sie zusammen mit Ella Maillart (1903−1997) Richtung Afghanistan auf. Mit ihren Fotografien hielten beide Frauen viele kulturelle und soziale Besonderheiten auf der mehr als 7000 Kilometer langen Reise fest.

Die Fotografinnen und ihre Reiseziele
Monika von Boch: Algerien • Julie Boehringer: Italien, Türkei • Marianne Breslauer: Frankreich • Gerti Deutsch: Japan • Lotte Errell: Ägypten, China, Indien, Iran, Palästina • Barbara Klemm: Brasilien, Frankreich, Irland, Kanada, Schweiz, USA • Herlinde Koelbl: Turkmenistan • Lisette Model: Italien • Inge Morath: Iran, Italien, Japan, Tunesien • Elisabeth Neudörfl: Thailand, Hong Kong • Helga Paris: DDR • Evelyn Richter: UDSSR • Alice Schalek: Indien • Fee Schlapper: Ägypten, Indien • Jordis Antonia Schlösser: Iran, Kuba, Polen • Anne Schönharting: Hongkong, Kirgisistan • Ursula Schulz-Dornburg: Syrien • Annemarie Schwarzenbach: Afghanistan • Ré Soupault: Tunesien • Elfriede Stegemeyer: Spanien • Franziska Stünkel: China, Dänemark, Marokko, Südafrika, Türkei, USA • unbekannt: DDR, Europa, Japan.

»Der Weltraum: unendliche Weiten…«
Bei einem virtuellen Ausflug auf die Internationale Raumstation (ISS) können Besucher der Ausstellung mit einer VR-Brille das Universum und den Blauen Planeten aus der Perspektive von Astronauten betrachten. Kostenlose Anmeldung für ein Zeitfenster von 15 Minuten beim Ticketkauf an der Museumskasse.

Veranstaltungen
Unter www.internationale-tage.de gibt es einen Veranstaltungskalender mit Anmeldeoption. Gebucht können Events wie Frühstück & Kunst, Kaffeezeit & Kunst, After-Work-Art, Kuratorinnenführung, Lesungen, Vorträge und Filmabende.

Nacht der Kunst
Das jährliche Sommerfest mit Live-Musik auf dem illuminierten François-Lachenal-Platz findet am 13. Juni, 19 bis 24 Uhr rund ums Alte Rathaus statt.

Fotoausstellung der Internationalen Tage Ingelheim
Neugier, Mut und Abenteuer: Fotografinnen auf Reisen
04. Mai – 13. Juli 2025
Kunstforum Ingelheim – Altes Rathaus
François-Lachenal-Platz 1, 55218 Ingelheim am Rhein