1. Preis beim Staatspreis für das Deutsche Kunsthandwerk holte Fabio Vogel | Glasobjekte 105LTR FORMS © Foto Diether von Goddenthow

Das Deutsche Kunsthandwerk präsentierte sich in der diesjährigen Ausgabe seines renommierten Wettbewerbs vielseitiger, innovativer und dynamischer denn je. In einem ausgesprochen starken Teilnehmerfeld konnten sich drei Kunsthandwerker*innen mit außergewöhnlichen Arbeiten hervorheben:

1. Platz: Der interdisziplinäre Designer Fabio Vogel überzeugte mit seinen Glasobjekten 105LTR FORMS.
2. Platz: Der Silberschmied Ludwig Menzel wurde für seinen kunstvollen 4-armigen Kerzenleuchter ausgezeichnet.
3. Platz: Die Goldschmiedin Lydia Hirte sicherte sich mit ihrem Halsschmuck aus Zeichenkarton den dritten Rang.
Den Förderpreis erhielt die Industrie- und Produktdesignerin Anna Wanitschke für ihre nachhaltigen Bürstensets.

Der Hessische Staatspreis für das Deutsche Kunsthandwerk, dotiert mit insgesamt 13.000 Euro, wurde am 7. Februar 2025 bereits zum 73. Mal im Rahmen der Ambiente, der internationalen Leitmesse für Konsumgüter, verliehen. Die feierliche Übergabe erfolgte durch Carolin Friedländer, Referatsleiterin im Hessischen Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr, Wohnen und ländlichen Raum sowie Dr. Sabine Wilp, Präsidentin des Bundesverbandes Kunsthandwerk, Frankfurt a. Main. Comedian Jakob Schwerdtfeger, Erfinder der Kunstcomedy, führte amüsant und mit einer Impro-Hip-Hop-Einlage durch durch’s Event.

In ihrer Ansprache betonte Friedländer die besondere Bedeutung von Nachhaltigkeit und Vielfalt im Kunsthandwerk:
„Das Deutsche Kunsthandwerk verbindet auf einzigartige Weise Tradition und Innovation. Es zeigt, wie durch den kreativen Einsatz verschiedener Materialien unverwechselbare Werke entstehen, die Geschichten erzählen – von den Händen, die sie geschaffen haben, und den sorgsam ausgewählten Ressourcen.“

Gruppenfoto der Preisträger des Hessischen Staatspreises für das Deutsche Kunsthandwerk mit Carolin Friedländer, Referatsleiterin beim Hessischen Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr, Wohnen und ländlichen Raum,Dr. Sabine Wilp, Präsidentin des Bundesverbandes Kunsthandwerk, Frankfurt a. Main,, Julia Uherek, Bereichsleiterin Consumer Goods Fairs bei der Messe Frankfurt, Designer Fabio Vogel (1.Preis), Ludwig Menzel (2.Preis), Lydia Hirte (3. Preis) und Anna Wanitschke (Förderpreis). © Foto Diether von Goddenthow

Ein neuer Rekord an Einreichungen
Für den Wettbewerb 2025 wurden 186 Beiträge eingereicht – ein beeindruckender Anstieg von rund 25 Prozent im Vergleich zum ohnehin starken Vorjahr. Besonders erfreulich war die höhere Beteiligung junger Künstler*innen, die mit konzeptionell wie handwerklich überzeugenden Arbeiten brillierten.

Auch Julia Uherek, Bereichsleiterin Consumer Goods Fairs bei der Messe Frankfurt, hob diesen Trend hervor:
„Weltweit steigt das Interesse der jungen Designgeneration an traditionellen Fertigungsmethoden und handwerklicher Expertise. Die daraus entstehenden kreativen Gestaltungsansätze bereichern die Konsumgüterwelt erheblich. Dass sich dieser globale Trend nun auch im Deutschen Kunsthandwerk deutlich zeigt, ist eine überaus positive Entwicklung.“

Ausstellung der nominierten Arbeiten
Noch bis zum 11. Februar 2025 können Besucher die 25 nominierten Arbeiten des Wettbewerbs in einer Ausstellung auf der Ambiente entdecken. Die Präsentation findet in der Interior Design Halle 3.1, Stand H63 statt.

Biographisches zu Preisträgern und Jurybegründungen: 
Preis im Rahmen der Konsumgütermessen in Frankfurt verliehen.

1. Preis: Fabio Vogel | Glasobjekte 105LTR FORMS
Fabio Vogel (1984) studierte an der Hochschule für Angewandte Wissenschaft und Kunst in Hildesheim (HAWK) und an der Burg Giebichenstein Halle. 2012 machte er sich mit einem Design Studio in der Nähe von Hannover selbständig. Seit 2016 ist er dazu an der HAWK in Hildesheim als Lehrbeauftragter tätig. In seinem Studio entwirft und entwickelt Fabio Vogel Objekte und Inneneinrichtungen: Möbel, Lifestyle Accessoires sowie zeitgenössische Sammler- und Designobjekte, für die er bereits zahlreiche Auszeichnungen erhielt.

Zum Wettbewerb überzeugte er die Jury mit seiner Gruppe von Glasobjekten 105 LTR FORMS. Ausschlaggebend für die Entscheidung war seine besondere Herangehensweise an das Material und der innovative Produktionsprozess: Als Basis für die Formgebung dient Vogel ein feuerfestes Textil, in das heißes Glas eingefüllt wird. So kann während des Prozesses das Material noch per Hand verformt werden. Das Textil wird nachträglich abgestreift und hinterlässt auf der Oberfläche des Glases ein zartes Dekor. Der geglättete obere Glasrand bildet dabei einen starken Kontrast zum restlichen Glaskörper; die Standfläche zeigt einen schönen Faltenwurf und lässt damit Reminiszenzen an das textile Trägermaterial erkennen.

2. Preis: Ludwig Menzel | 4-armiger Leuchter

Ludwig Menzel wurde 1964 in eine Keramiker-Familie hineingeboren, verfolgte jedoch einen anderen Weg. 1990, nach Abschluss seiner Ausbildung an der Zeichenakademie Hanau, trat er in die Werkstatt des international renommierten Gold- und Silberschmieds Hermann Jünger ein. Zehn Jahre lang lernte er vom Großmeister, bevor er in Berlin seine eigene Werkstatt aufbaute. Hier hat er in den letzten Jahrzehnten seine ganz eigene Ästhetik entwickelt, in der sich ein spielerischer Drang zum Experimentieren und Hinterfragen des Vertrauten durch technische Meisterschaft manifestiert. Seine Werke sind Ausdruck ungezähmter Kreativität, die national wie international Anerkennung findet.

Zum Wettbewerb reichte Menzel einen aus Messing gegossenen Kerzenleuchter ein, bei dem die Kerzen einarmig angehoben werden und dadurch über der Tafel schweben. Das Objekt überzeugte die Jury durch seine besondere dreidimensionale Optik und raue Haptik. Der Guss wird nicht geglättet oder poliert, sondern bewusst scheinbar unperfekt gelassen. In seiner Form mutet der Leuchter surrealistisch an und erinnert an Werke Dalis.

3. Preis: Lydia Hirte | Halsschmuck

Den dritten Preis erkannte die Jury der vielfach ausgezeichneten Schmuckgestalterin Lydia Hirte (1960) aus Dresden zu. Ihre Arbeiten sprechen von einer tiefen Faszination für die Flexibilität und die Kraft des Zeichenkartons. Hirte mag es, den Widerstand zu spüren, der ihr der Zeichenkarton entgegengesetzt. Auf diese Weise kreiert sie skulptural schmückende Gebilde, geprägt von Räumlichkeit, Richtung und Bewegung.
Durch die eigens entwickelte Technik nimmt das eher flexible und weiche Material Papier eine erstaunliche Stabilität an: Hirte schneidet alle Formen von Hand. In der Form gleich, weisen sie leicht unterschiedliche Längen auf. Bemalt mit selbstgemischten Kalligrafie-Tuschen, werden die Streifen lasiert, die Restfeuchte im Ofen entfernt. Zum Bündel gefasst, fixiert die Schmuckgestalterin sie an einer Stelle und beginnt in den Bündelenden Spannung aufzubauen und sie zu bewegen. Dabei tastet sie sich vorsichtig an die endgültige Form heran, um die besondere Dreidimensionalität des Schmuckstücks zu erzeugen. Durch Festzurren mit Perlseide erfolgt die endgültige Fixierung; Abschlussarbeiten machen es als Schmuckstück tragbar.

Förderpreis: Anna Wanitschke | Bürstensets
Nach ihrem Abschluss des Studiums der Philosophie in Leipzig studierte Anna Wanitschke (1991) an der Burg Giebichenstein in Halle Industriedesign. Dort lernte sie das Porzellan kennen und lieben. 2021 absolvierte sie ihren Master im Studiengang Product Design and Design of Porcelain, Ceramics and Glass. Es folgten diverse Praktika, unter anderem in Japan, Schweden und in einem Designstudio in London, sowie erste Designpreise. 2022 gründete sie gemeinsam mit Julia Wende das Studio WENWAN.

Zum Wettbewerb um den Hessischen Staatspreis für das Deutsche Kunsthandwerk reichte Anna Wanitschke zwei Bürstensets ein, bei denen sich der Besatz vom Bürstenkörper trennen lässt. Idealerweise wird dieser im Biomüll entsorgt, der Bürstenkörper aber gereinigt und mit neuem Besatz versehen. Wanitschkes reduziert sich hierbei bewusst auf zwei Materialien: Bürstenkörper und Besatz werden durch eine einfache Steckverbindung zusammengefügt, so auf zusätzliches Trägermaterial oder Kleber verzichtet werden kann. Der Körper besteht aus Porzellan und damit aus einem hochwertigen, langlebigen und pflegeleichten Material. Die beiden Bürstenfamilien für Küche und Bad bestehen aus insgesamt neun Elementen. Der Jury gefiel die Arbeit mit ihrer japanischen Anmutung besonders gut. Sie sprach sich einhellig dafür aus, Anna Wanitschke den Förderpreis zuzuerkennen.

Hintergrund-Info

Hessischer Staatspreis für das Deutsche Kunsthandwerk
Der Hessische Staatspreis für das Deutsche Kunsthandwerk ist eine der bedeutendsten Auszeichnungen, die Kunsthandwerker*innen in Deutschland erhalten können. 2025 wird dieser zum 73. Mal vergeben. Der Staatspreis wurde ins Leben gerufen, um einen Anreiz für besonders kreative Leistungen zu schaffen. Im Fokus stehen Arbeiten, die durch eigenständige Gestaltungsansätze, Innovation, Beherrschung von Material und Technik sowie ein kohärentes Gesamtbild überzeugen. Seit Gründung wird der renommierte Preis im Rahmen der Konsumgütermessen in Frankfurt verliehen.

Weitere Infos Bundesverband Kunsthandwerk e.V.

Staatspreis für das Deutsche Kunsthandwerk