Der Mainzer Stadtschreiber Literaturpreis von ZDF, 3sat und der Landeshauptstadt Mainz wurde am Freitag, 24. März 2023, um 15.30 Uhr im Mainzer Schloss an den Schriftsteller Alois Hotschnig verliehen. Damit hat er das Amt als Mainzer Stadtschreiber 2023 angetreten. Dr. Norbert Himmler, Intendant des ZDF, und der Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Mainz, Nino Haase, begrüßten ihn gemeinsam.
Der renommierte Literaturpreis wird seit 1985 jährlich vergeben und ist mit 12.500 Euro dotiert. In der Jurybegründung zur Wahl des diesjährigen Stadtschreibers heißt es: „Alois Hotschnig erzählt in seinem vielfältigen Werk immer wieder von Schicksalen, wie sie Krieg und Diktatur hervorbringen – er bricht das Schweigen über die Geschichte heutiger Generationen in Europa und spiegelt dabei die Konflikte und Sehnsüchte auch unserer Zeit. Dabei setzt er in der deutschsprachigen Literatur einen eigenen empathischen Ton und wirkt mit entschiedener Beharrlichkeit dem Verschweigen sowie Hassreden und Ausgrenzung entgegen.“
Norbert Himmler sagte in seiner Ansprache: „Mit empathischem Ton zieht Alois Hotschnig uns hinein in die Welten seiner Figuren, in Welten, die oft von Gewalt und Krieg geprägt sind. Dabei zeigt er klar, wie bitter Gewalterfahrungen über Generationen nachwirken und auch Zeiten des Friedens weiter beeinflussen.“
Der Literaturpreis umfasst auch die Herstellung einer Dokumentation gemeinsam mit dem ZDF und 3sat, dem Gemeinschaftsprogramm von ZDF, ORF, SRG und ARD. Das jeweilige Thema kann der Stadtschreiber oder die Stadtschreiberin frei wählen. Zudem erhält Alois Hotschnig als neuer Mainzer Stadtschreiber ein Wohnrecht im historischen Teil des Gutenberg-Museums.
Nino Haase, Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Mainz, über das Werk des neuen Mainzer Stadtschreibers: „Hotschnigs Protagonisten sind vom Schicksal zerrissene Figuren mit einem vollgepackten Lebensrucksack, die ohne Halt und inneren Kompass nach Linderung suchen. Figuren, die rückblickend begreifen wollen, was kaum zu begreifen ist: Krieg, Flucht, Verrat, Gewalt an Leib und Seele, Heimatlosigkeit. Es sind jene Themen, die uns mit Blick auf das schreckliche Geschehen in der Ukraine aktueller denn je zuvor erscheinen.“
Alois Hotschnig, 1959 in Kärnten geboren, kam zum Studium nach Innsbruck, widmete sich aber bald ganz seiner schriftstellerischen Tätigkeit. 1989 erschien seine erste Erzählung „Aus“. Hotschnigs Romane und Erzählungen wurden von der Kritik hochgeschätzt und mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, darunter der Anna-Seghers-Preis der Berliner Akademie der Bildenden Künste, der Erich-Fried-Preis und der Gert-Jonke-Preis. Der jüngste Roman, „Der Silberfuchs meiner Mutter“, erschien 2021.
„Der aktuelle Roman von Alois Hotschnig ‚Der Silberfuchs meiner Mutterʹ hat mich persönlich sehr beeindruckt“, so Dr. Nadine Bilke, die Programmdirektorin des ZDF. „Es ist die Geschichte einer Mutter im Zweiten Weltkrieg, die aus der interessanten Perspektive ihres Sohnes rekonstruiert wird. Dabei entsteht das Bild eines Frauenschicksals zwischen Gewalt, Verrat und Verantwortung für ein Kind. Diese bislang wenig gehörten Geschichten von Frauen im Krieg, von weiblichen Schicksalen in gewalttätigen Zeiten, erzählt Alois Hotschnig mit besonderer stilistischer Eleganz.“
In seiner Laudatio auf den neuen Mainzer Stadtschreiber sagte der Autor und Verleger Ilija Trojanow: „Alois Hotschnig gelingt es nicht nur, uns zu zeigen, wie zerbrechlich Sprache sein kann, sondern sie so zu behandeln, dass wir die Brüchigkeit des Lebens einerseits spüren und andererseits uns zugleich aufgehoben fühlen in der fragilen Zuverlässigkeit seines Erzählens.“