
Die Ausstellung Die Welt im Fluss. Über Bewegtes und Vergängliches in der Japanischen Kunst widmet sich der ästhetischen Reflexion einer Welt im ständigen Wandel. Verwitterte Holzskulpturen aus dem 14. Jahrhundert, eine mit Goldlack reparierte Teeschale oder Hokusais berühmte Große Welle, die zugleich Schönheit und Gefahr verkörpert, stehen exemplarisch für eine japanische Kunst, die die Vergänglichkeit und Zerbrechlichkeit des Lebens feiert. Ergänzt durch Werke zeitgenössischer Kunst zeigt die Schau, wie sich in Japan eine einzigartige Ästhetik des Ephemeren entwickelte – geprägt von der allgegenwärtigen Bedrohung durch Naturgewalten und die Flüchtigkeit des Daseins.
Im Zentrum steht das Konzept fueki ryūkō (不易流行), das von Matsuo Bashō (1644–1694), einem der bedeutendsten japanischen Dichter, geprägt wurde. Es beschreibt die Verbindung von „Unveränderlichkeit“ (fueki) und „sich wandelnden Moden“ (ryūkō) als Grundlage künstlerischer Kreativität – ein Gleichgewicht zwischen Beständigkeit und Wandel. Diese Haltung, auch als „Ruhe in der Unbeständigkeit“ übersetzt, spiegelt sich in Bashōs berühmtem haiku-Zyklus Oku no hosomichi („Auf schmalen Pfaden ins Hinterland“) wider, der von seiner rastlosen Wanderlust und einer tiefen Gelassenheit in einer vergänglichen Welt erzählt.
Die Ausstellung thematisiert die besondere Sensibilität der japanischen Kunst für die Vergänglichkeit, die sich in Begriffen wie mono no aware (物の哀れ) ausdrückt. Dieses schwer übersetzbare Konzept beschreibt eine Empfindsamkeit für die Schönheit und Trauer des Vergänglichen – eine Mischung aus Melancholie und Feier des Augenblicks. Neben dieser melancholischen Grundstimmung spiegelt die Kunst Japans auch eine freudige Akzeptanz des Wandels wider, die an die altgriechischen und römischen Maximen panta rhei („alles fließt“) und carpe diem („genieße den Tag“) erinnert.
Die Schau vereint Werke aus verschiedenen Epochen, die das Leben, die Natur und die Vergänglichkeit thematisieren. Sie zeigt bewegtes Leben in Malerei und Holzschnitten, Wasserdarstellungen, zerbrochene und wiederhergestellte Teekeramiken sowie traditionelle Lackarbeiten. Zugleich finden sich beeindruckende Positionen der zeitgenössischen japanischen Kunst: Künstler wie Ueda Rikuo, Hide Nasu, Shiriagari Kotobuki, Peter Granser und Mari Kashiwagi reflektieren in ihren Arbeiten auf unterschiedliche Weise das Lebensgefühl des ständigen Wandels.
Von höfischen Schmetterlingstänzen und Kirschblütenfesten bis hin zu Bildern des Lebens mit und auf dem Wasser wird eine Vielfalt an Motiven präsentiert, die das Spannungsfeld zwischen Bewegung und Beständigkeit, Fragilität und Schönheit ausloten. Diese Werke laden dazu ein, die tiefgründige ästhetische Welt Japans zu erkunden und deren zeitlose Botschaften über Wandel und Vergänglichkeit neu zu entdecken.
Museum Angewandte Kunst
Schaumainkai 17
60594 Frankfurt