Essen/Frankfurt am Main – Die Friedrich und Isabel Vogel-Stiftung vergab am 21. November zum 32. Mal ihre Preise für ausgezeichneten Wirtschaftsjournalismus: Vier Auszeichnungen und ein Stipendium gingen an Journalisten und Journalistinnen aus Druckmedien und Fernsehen. Die feierliche Verleihung fand mit freundlicher Unterstützung der R+V Allgemeine Versicherung AG in der Niederlassung der DZ Bank AG in Frankfurt am Main statt.
Gastredner Hermann-Josef Tenhagen, Chefredakteur der Finanztip Verbraucherinformation gGmbH, appellierte an die Preisträger und zahlreichen Gäste der Veranstaltung , Leser und Zuschauer klüger zu machen, damit sie bessere Entscheidungen treffen können: dies sei die einzige und wahre Alternative zu journalistischem Zynismus.
Laudationes waren Michael Boll (Verleger, Solinger Tageblatt, Professor Dr. Michael Hüther (Direktor, Institut der Deutschen Wirtschaft), Dr. Michael Moerchel (Freier Journalist)
Reinhard Schlieker (ZDF) und Thomas Tuma (stv. Chefredakteur, Handelsblatt).
Abschied nehmen musste die Jury des Vogel-Preises von Professor Michael, Hüther, Direktor des IW Köln, der nach zwölf Jahren das Vergabekomitee der Stiftung – schweren Herzens – auf eigenen Wunsch verließ.
Die mit 3.000 Euro dotierten Vogel-Preise 2017 erhielten:
Nicola Meier für ihr Dossier „Wer rettet Klara?“in der ZEIT Nr, 39/2016
Gianna Niewel für ihre Seite 3-Reportage „Der nachtblaue Orden“ in der Süddeutschen Zeitung vom 02.12.2016
Markus Koch und Matthias Praxenthaler, (Moderation und Produktion), für ihren Livestream „Auf der Couch by Markus Koch – 3 Shows und 3 wichtige Fragen“ Folge 3, Dienstag, 29.11.2016, 19:30 Uhr, (diverse Onlineplattformen und www.aufdercouch.net)
Ariane Riecker und Dirk Schneider (Autoren) mit Team für ihre dreiteilige MDR-Reportage „Wer bezahlt den Osten“, die am 13. Januar 2018 im ARD wiederholt werden.
Das mit 3.000 Euro dotierte Vogel-Stipendium 2017 ging an die feste freie Mitarbeiterin in der NDR Onlineredaktion Stefanie Nickel für ihre Rechercheidee „Krieg und Frieden im Klassenzimmer: Nationalismus in Lehrplänen und ethnische Trennung an Schulen in Bosnien und Herzegowina“
Die Arbeiten der Preisträger im Einzelnen
Nicola Meiers Dossier „Wer rettet Klara?“ erschien in der DIE ZEIT Nummer 39/2016 am Donnerstag, 15.09.2016 : „In dem hervorragend geschriebenen, aufwändig recherchierten und spannend aufgebauten Artikel geht es um die brisante Frage, unter welchen Bedingungen ein Pharmaunternehmen todkranken Patienten auf deren eigenes Risiko ein noch nicht zugelassenes Medikament herausgeben sollte (sog. „compassionate use“). So eindeutig, wie diese Frage auf den ersten Blick zu beantworten scheint, ist es nicht.
Die Autorin schafft es, sehr feinfühlig anhand des Beispiels von Klara, die an der seltenen, tödlich verlaufenden Stoffwechsel-Erkrankung NCL2 leidet, die Situation der betroffenen Patienten zu schildern, ohne in das übliche Muster zu verfallen, die vermeintlich skrupellosen Pharmaunternehmen anzuprangern. Im Gegenteil: Auch der Sichtweise der Pharmaunternehmen, die oft gute (und nicht ausschließlich ökonomische) Gründe haben, die Medikamente nicht herauszugeben, wird viel Platz eingeräumt. Schließlich kommt auch die medizinethische Sichtweise und die Rolle von Journalisten und sozialen Medien zu Wort. Ein komplexes Thema im Spannungsfeld von Wirtschaft, Medizin und Ethik – journalistisch herausragend aufbereitet.“ Juror Michael Boll, Verleger des Solinger Tageblatts.
Gianna Niewels Seite 3-Reportage „Der nachtblaue Orden“ erschien am 2.12.2016 in Süddeutsche Zeitung: „Herbst 2016, die Republik bereitet sich längst auf Weihnachten vor. Die Einzigen, die die Stimmung verderben, sind die Piloten der Lufthansa. Tagelang legen sie den Flugverkehr lahm. Ihre Spartengewerkschaft Cockpit fordert eine Tariferhöhung von 22 Prozent, rückwirkend für die letzten fünf Jahre, in denen ihr Gehalt nicht erhöht wurde. Es geht um viel mehr als um das Geld und die Piloten. Es geht um die große Macht kleiner Spartengewerkschaften generell. Es geht um Tarifeinheit, aber auch um die Frage, wie weit sich unsere Gesellschaft noch fragmentiert.
Auch wir beim Handelsblatt haben darüber vielfältig berichtet, aber leider nie so kraftvoll den großen Wurf wagend, wie es Gianna Niewel mit einer einzigen ‚Seite 3‘ in der „Süddeutschen“ gelungen ist. Ich bin wirklich neidisch auf die SZ-Kollegen und ihr neues und noch junges Top-Talent, das schon derart durchkomponierte Stücke abliefert – geschrieben mit ebenso viel Selbstvertrauen und Sicherheit, Weisheit und zugleich Demut. Ich wünsche dem Wirtschaftsjournalismus, dass unsere Preisträgerin gerade da weitermacht: Wirtschaft braucht Beobachterinnen wie sie.“ Juror Thomas Tuma, stellvertretender Chefredakteur Handelsblatt.
Moderator Markus Koch und Produzent Matthias Praxenthaler, erhielten den Vogelpreis für die 3. Folge ihres am 29.11.2016 um 19.30 Uhr gesendeten Online-Livestreams „Auf der Couch by Markus Koch – 3 Shows und 3 wichtige Fragen“ (www.aufdercouch.net). „Bei Markus Koch auf der Couch wird eingelöst, was vielfach als Mangel benannt: Gute Unterhaltung zum Thema „finanzielle Bildung“. Niedrigschwellig in angenehmer Atmosphäre werden auch schwierige Themen unserer Finanzwelt – wie Robo Advice und Behavioral Finance – aufbereitet und vermittelt.“ Juror Professor Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln e.V.
Ariane Riecker und Dirk Schneider (Autoren), sowie Marianne Harr (Mitarbeit), Prof. Olaf Jacobs (Hoferichter & Jacobs GmbH, Produktion), Silke Heinz (MDR, Redaktion), wurden mit dem Vogelpreis ausgezeichnet für ihre dreiteilige MDR-Reportage „Wer bezahlt den Osten“. Ausgestrahlt wurden im Dritten Programm des Mitteldeutschen Rundfunks: Teil 1 – Geben & Nehmen, Dienstag,30.05.2017, 22:05 Uhr, Teil 2 – Soll & Haben, Dienstag, 06.06.2017, 22:50 Uhr, Teil 3 – Gewinn & Verlust, Dienstag, 13.06.2017, 22:05 Uhr. Ab 13. Januar 2018 soll die dreiteilige Reportage im ADR wiederholt werden.
„‘Wer bezahlt den Osten‘ – das ist eine dreiteilige Chronik der wilden Jahre nach der Wiedervereinigung. Mit zahlreichen Beispielen von tollkühnen Investoren, harten Bürokraten und ausufernden Kosten. Schicksale einzelner und das Wohlergehen oder Untergehen ganzer Industrien werden in Beziehung zueinander gesetzt. Auch wenn es sich vorwiegend um eine historische Betrachtung handelt, wirken die Geschehnisse von damals täglich in unsere aktuelle Gegenwart hinein: in finanzieller, gesellschaftlicher und kultureller Hinsicht.
Der Bezug zum Thema Soziale Marktwirtschaft ist geradezu Kernelement dieser hervorragenden Serie. Dabei wird durchaus problematisiert, dass viele Menschen in der ehemaligen DDR von der Geschwindigkeit des Wandels überfahren worden sind. Und dass viele im Namen der Marktwirtschaft versuchten, ihren eigenen Vorteil zu suchen – und dies auf rücksichtslose Weise. An Beispielen wagemutiger Unternehmer wird jedoch auch gezeigt, dass der unternehmerische Geist dazu angetan ist, ganze Landstriche neu zu beleben. Die Autoren haben für den MDR ein zeithistorisches Werk von bleibender Bedeutung geschaffen.“ Juror Reinhard Schlieker, Zweites Deutsches Fernsehen
Das mit 3.000 Euro dotierte Vogel-Stipendium im Jahr 2017 erhielt:
Stefanie Nickel , feste freie Mitarbeiterin in der NDR Onlineredaktion erhielt den Vogelpreis für ihre Rechercheidee „Krieg und Frieden im Klassenzimmer: Nationalismus in Lehrplänen und ethnische Trennung an Schulen in Bosnien und Herzegowina“. „Stefanie Nickel ist Nachrichtenredakteurin und Autorin in der Onlineredaktion des Norddeutschen Rundfunks. Als freiberufliche Journalistin schreibt sie Reportagen für Magazine und Zeitungen. An der Leuphana Universität Lüneburg hat sie ein berufsbegleitendes Studium zu Nachhaltigkeit und Journalismus abgeschlossen und dort zu nachhaltigem Wirtschaften, extensiver Landwirtschaft und deren Alternativen gehört. Der Zusammenhang von Bildung und wirtschaftlicher Entwicklung interessiert sie dabei besonders. In ihrer Recherchereise möchte sie die ethnisch getrennten und nationalistisch aufgeladenen Bildungssysteme in Bosnien und Herzegowina und dessen Auswirkungen auf die Wirtschaft des Landes analysieren. Ihre als Arbeitsprobe eingereichte Reportage „Grünau lebt“, die in der Zeitschrift Chrismon erschienen ist, schildert in einem einfühlsamen Feature die Entwicklung der Plattenbausiedlung Grünau in Leipzig und hat die Jury restlos überzeugt.“ Juror Dr. Michael Moerchel, freier Journalist, Bonn
Vergabekriterien und Juroren des Friedrich und Isabel Vogelpreises
Über die Vergabe der Vogel-Preise entschieden 2017 die folgenden Juroren: Michael Boll (Verleger des Solinger Tageblatts), Heinrich Meyer (Herausgeber Neue Ruhr Zeitung), Hermann Neusser (Verleger des Bonner General-Anzeigers), Dr. Michael Moerchel (freier Journalist), Peter Brors und Thomas Tuma (stv. Chefredakteure Handelsblatt) Prof. Dr. Michael Hüther (Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln e.V.) und Reinhard Schlieker (Wirtschaftsredakteur ZDF).
Leitfigur für Dr. Friedrich Vogel und seine Frau Isabel war Ludwig Erhard, dessen Idee der sozialen Marktwirtschaft der Handelsblattgründer und Journalist mit seinen Publikationen unterstützte. Darin sah er seinen Beitrag zum Wiederaufbau der durch den Krieg zerstörten deutschen Wirtschaft. Seine Ideale leben in der 1984 gegründeten Vogel-Stiftung weiter, die jährlich Wirtschaftsjournalisten für ihre beispielhaften Arbeiten auszeichnet. Unterstützt wurde die Verleihung der Vogel-Preise 2017 von R+V Allgemeine Versicherung AG. Die Verleihung fand im DZ-Hauptgebäude in Frankfurt am Main statt.
Die Bewerbungen für den Vogel-Preis 2018 können ab 1. März 2018 wieder eingereicht werden. Bewerbungsschluss ist der 15. Juli 2018. Weitere Informationen erhalten Sie unter www.vogelstiftung.de
(Quelle: Presseinformation der Vogel-Stiftung).