
Am 8. November 2024 hatte Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz zu ihrer Jahresfeier eingeladen, die in diesem Jahr ganz im Zeichen ihres 75. Jubiläums stand. In Vertretung für den an einer Lungenentzündung erkrankten rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Alexander Schweitzer sprach Wissenschaftsminister Clemens Hoch ein Grußwort. Darin erinnerte Hoch insbesondere an die Bedeutung der Wissenschaftsfreiheit für Forschung und Lehre, und abweichend vom Manuskript, zeigte er sich anlässlich des US-Wahlergebnisses doch besorgt um einen weiterhin so freien wissenschaftlichen Austausches mit US-Kollegen.

Zu Beginn der Feier hatte Prof. Dr.-Ing. Reiner Anderl, Präsident der Akademie, auf das vergangene Berichtsjahr zurückgeblickt und ehrte Dr. Albrecht Graf von Kalnein, Vorstand der Werner Reimers Stiftung, für dessen langjährige Unterstützung der Akademie mit der Leibniz-Medaille, der höchsten Auszeichnung der AdW. Dr. Albrecht Graf von Kalnein engagierte sich in besonderer Weise bei der Gründung und Weiterentwicklung der Jungen Akademie und vertiefte die Beziehungen zwischen der Akademie der Wissenschaften und der Werner Reimers Stiftung.
Den Festvortrag hielt Prof. Dr. phil. Lutz Raphael zum Thema „Zukunftschancen eines Experiments: 75 Jahre Mainzer Akademie“. Dabei blickte er auf 75 Jahre Akademie-Geschichte zurück. Lutz Raphael, Professor für Neuere und Neueste Geschichte, ist seit 2016 Mitglied der Geistes- und sozialwissenschaftlichen Klasse. Seit 2021 ist er neuer Vorsitzender des Verbands der Historiker und Historikerinnen Deutschlands e.V.
Die Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz wurde 1949, nach dem Zweiten Weltkrieg, von einer Gruppe engagierter Intellektueller und Wissenschaftler um den bekannten Schriftsteller und Arzt Alfred Döblin gegründet. Döblin, bekannt für seine Romane wie Berlin Alexanderplatz, war nach seiner Rückkehr aus dem Exil in die deutsche Kulturszene zurückgekehrt und trieb die Idee einer Institution voran, die einen Neubeginn für die Wissenschaft und Kultur in Deutschland symbolisieren sollte. Döblin selbst brachte die Überzeugung ein, dass Literatur und Kunst eine wichtige Rolle in der Gesellschaft und im Dialog mit der Wissenschaft spielen sollten. Die Akademie sollte die Kultur und Wissenschaft über Disziplingrenzen hinweg erneuern und sowohl Forscher als auch Künstler einladen, zum geistigen Wiederaufbau Deutschlands beizutragen. Diese Vision von Döblin, zunächst als Experiment verstanden, trug wesentlich dazu bei, dass die Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz zu einem bedeutenden Impulsgeber in der deutschen Wissenschafts- und Kulturlandschaft wurde.
Diese besondere Kombination wissenschaftlicher und künstlerischer Disziplinen war und ist in Deutschland einzigartig und unterstreicht seither den Anspruch, sowohl die Natur- und Geisteswissenschaften als auch die Kunst zu fördern.
Ein zentraler Schwerpunkt der Akademie lag schon früh auf der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses sowie auf Forschungsprojekten, die dem kulturellen Erbe und der geisteswissenschaftlichen Grundlagenforschung gewidmet sind. Im Bereich der Naturwissenschaften sind die Akademieprojekte oft langfristig und umfassen Forschungen in Feldern wie Biodiversität und Mathematik. Die Literatur- und Musiksparte der Akademie hingegen bietet Schriftstellern und Musikern ein Netzwerk und einen Raum für Austausch und Präsentation.
Die Verleihung der Akademie-Preise

Auch in diesem Jahr wurden auf der Jahresfeier die Akademiepreise verliehen, nämlich an:
den Förderpreis Biodiversität an Henry Knauber, der von einem Forschungsschiff per Video zugeschaltet war (siehe Bildlegende).
den Kurt-Ringger-Preis an Priv.-Doz. Dr. Sabine Tittel. Die Preisträgerin hat in ihrer romanistischen Habilitationsschrift über das Thema ›Historische lexikalische Semantik und Linked Data‹ eine erstklassige Studie zur Modellierung von sprachhistorischen Ressourcen für das Semantic Web vorgelegt. Die zukunftsweisende und in höchstem Maße innovative Arbeit verknüpft in vorbildlicher Weise Inhalte der traditionellen historischen Sprachwissenschaft mit den Methoden der Digital Humanities und bildet einen Meilenstein in der Geschichte des Fachs, so die Begründung der Jury.
und
den Walter Kalkhof-Rose-Gedächtnispreis für Naturwissenschaften an Dr. Alissa Miriam Drees. Sie erhält den Walter Kalkhof-Rose-Gedächtnispreis 2024 für ihre hervorragenden Arbeiten auf dem Gebiet der Aptamere. Sie hat das Verfahren der Hochdurchsatz-Sequenzierung mit dem fluoreszierenden Liganden-Interaktion-Profiling-Verfahren verbunden und damit herausragende Ergebnisse erzielt, insbesondere durch ihre Anwendung auf medizinische Zielproteine. Damit hat sie einen wesentlichen Forschungsbeitrag geliefert, der weit über ihre engeren Fachgrenzen hinausweist, so die Jurybegründung.
Ihre Antrittsreden hielten die Mitglieder Professorin Dr. Angelika Lohwasser (Geistes- und sozialwissenschaftliche Klasse, Professorin für Ägyptologie am Institut für Ägyptologie und Koptologie der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster), an den Astronomen Professor Dr. Michael Kramer (Mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse, Direktor des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie (MPIfR) in Bonn; Honorarprofessor an der Universität zu Bonn), an die Dramatikerin und Essayitin Sasha Marianna Salzmann (Klasse der Literatur und der Musik, Sie war Mitbegründerin des Kultur- und Gesellschaftsmagazins ›freitext‹) und an den Musikwissenschaftler Prof. Dr. Klaus Pietschmann (Geistes- und sozialwissenschaftliche Klasse, Leiter der Abteilung Musikwissenschaft an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz).

Den musikalischen Rahmen der Jahresfeier bildeten Hanna Kim Koo (Sopran) und Ivan Petrov (Klarinette), Narek Atoyan (Klarinette) sowie Shai Terry (Mezzosopran) und Russell Poyner (Gitarre).
Kontakt:
Akademie der Wissenschaften und der Literatur
Geschwister-Scholl-Str. 2
55131 Mainz
http://www.adwmainz.de
