Die Freiheit des Wortes ist die Freiheit des Denkens – Kulturstaatsminister Wolfram Weimer eröffnet mit Börsenverein die 77. Frankfurter Buchmesse

Die 77. Frankfurter Buchmesse (15.-19. Oktober 2025) steht im Zeichen von Begegnungen und Gesprächen. In Zeiten sich weltweit zuspitzender Konflikte lädt das wichtigste Treffen des internationalen Verlagswesens zum Dialog ein. © Foto Diether von Goddenthow

Umrahmt von Gesängen der philippinischen Sängerin Rosie Sula, den Philippines Madrigal Singers und den sphärischen Klängen des DJ und Produzenten Timothy Roth haben zum Start des weltweit größten Branchentreffens von Autoren, Verlagen und Lesepublikum der Staatsminister für Kultur und Medien, Wolfram Weimer, sowie die Vorsteherin des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, Karin Schmidt-Friderichs, am frühen Dienstagabend, dem 14. Oktober 2025, die 77. Frankfurter Buchmesse (15.–19. Oktober 2025) bei einem feierlichen Festakt in Frankfurt am Main eröffnet.

Die philippinischen Autoren und Autorinnen freuen sich schon auf das internationale Publikum der nächsten Tage auf der Frankfurter Buchmesse. © Foto Diether von Goddenthow

Im Zentrum der Reden standen die Sorge um die Demokratie und Befürchtungen hinsichtlich der Künstlichen Intelligenz (KI). Das Gastland Philippinen sorgte musikalisch für eine mitreißende Stimmung.

Die größte Bücherschau der Welt steht ganz im Zeichen von Begegnungen und Gesprächen. In Zeiten sich weltweit zuspitzender Konflikte lädt das wichtigste Treffen des internationalen Verlagswesens zum Dialog ein. Darin sieht Juergen Boos, Direktor der Frankfurter Buchmesse, den Kern der Veranstaltung:
„Wir haben uns in den vergangenen Monaten gefragt: Was macht uns im Innersten aus? Wie werden wir gesehen? Die Antwort ist klar, und sie gefällt mir: Die Frankfurter Buchmesse verbindet Menschen. In einer Welt, in der Grenzen gerade wieder an Macht gewinnen, ist die Begabung, verbindend zu sein, auch eine politische. Dieser Aufgabe stellen wir uns jedes Jahr aufs Neue – und in diesem Jahr mit nie dagewesener Dringlichkeit.“

Der Frankfurter Oberbürgermeister Mike Josef (SPD) bedankte sich zum Auftakt seiner Rede persönlich bei der Vorsteherin des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, Karin Schmidt-Friderichs, die ihr Amt in diesem Jahr zum letzten Mal ausübt: „Sie haben einen großartigen Job gemacht.“

Frankfurts Oberbürgermeister erinnerte zudem an das „Neue Frankfurt“, ein Konzept, das weit mehr als ein Wohnungsbauprogramm gewesen sei. Vielmehr habe es sich um die gesellschaftliche Vision einer weltoffenen, demokratischen Metropole gehandelt, die beispielhaft umgesetzt worden sei. Das Wesen der Demokratie sei jedoch auch, dass „sie sich demokratisch abwählen kann“. Damit das nicht geschehe, bräuchten Menschen Orte wie die Buchmesse – Orte der Begegnung in einer Stadt des offenen Wortes wie Frankfurt.

Mehr Leseförderung und Bibliotheken
Auf die Jüngsten in der Gesellschaft, die Kinder, nahm der hessische Minister für Kultus, Bildung und Chancen, Armin Schwarz (CDU), in seiner Rede Bezug: „Demokratie beginnt in den kleinen Geschichten, die Kinder jeden Tag erleben.“ Kinder fragten nicht nach Herkunft, sondern: „Willst du mit mir spielen, zeig mir deine Sprache.“ Bücher seien, so Schwarz, „die demokratischsten Werkzeuge, die wir haben“. Deshalb müsse es mehr Bibliotheken, Leseförderung und für alle Kinder einen leichteren Zugang zu Literatur geben.

Die Freiheit des Wortes ist die Freiheit des Denkens
Staatsminister Weimer betonte : „Die Frankfurter Buchmesse ist weit mehr als ein Markt der Bücher. Sie ist ein Ort, an dem die Freiheit des Wortes und die Freiheit des Denkens gefeiert werden. Die weltpolitisch hochbrisante Lage und der Siegeszug menschenverachtender Autokratien zeigen deutlicher denn je, welch hohen Stellenwert Literatur haben kann: Originäre Literatur öffnet den Blick, initiiert neue Diskurse, wirbt für Empathie und Toleranz. Damit erhebt sie Einspruch gegen die Unkultur des Ressentiments und der populistischen Propaganda.“

Wider den digitalen Kolonialismus
Wolfram Weimer ging in seiner Rede ausführlich auf die Auswirkungen der Künstlichen Intelligenz auf die Literatur- und Kulturszene ein:
„Amerikanische und chinesische Tech-Giganten trainieren ihre KI-Systeme mit Milliarden von Werken, ohne die Einwilligung der Urheber einzuholen, geschweige denn, ihnen auch nur einen Cent zu zahlen. Völlig ungeniert bedienen sie sich am Fundus geistigen Eigentums rund um den Globus. So werden ganze Kulturen weltweit zu vermeintlichen Rohstofflieferanten degradiert und schamlos ausgebeutet. Das ist digitaler Kolonialismus, den wir nicht länger hinnehmen dürfen. Wir werden der Verletzung von Urheberrechten nicht länger tatenlos zusehen. Wir müssen zu einem wirkungsvollen Urheberrechtsschutz kommen.“

Karin Schmidt-Friderichs eröffnete die Messe
Zum Start des weltweit größten Branchentreffens von Autoren, Verlagen und Lesepublikum forderte der Börsenverein des Deutschen Buchhandels klare Regeln für Internetkonzerne – und stieß damit beim neuen Kulturminister Weimer auf offene Türen. Innovation brauche Fairplay, sagte Schmidt-Friderichs. Es gehe um eine stärkere Regulierung und Besteuerung der globalen Internetkonzerne. Die daraus erzielten Einnahmen sollten für die Fortführung des aktuell bedrohten Kulturpasses, für Leseförderung und mehr soziale Gerechtigkeit verwendet werden.

Mit einer eindringlichen Bitte an Kulturstaatsminister Wolfram Weimer, Big Tech weiterhin kritisch im Blick zu behalten, und mit Dank für seine klare Haltung gegenüber den Tech-Konzernen, eröffnete Schmidt-Friderichs die Buchmesse traditionell mit einem symbolischen Hammerschlag.

Im Ehrengast-Pavillon herzlich empfangen

Mit Papierblümchen wurden die ersten Gäste heute im Ehrengastpavillon der Philippinen empfangen. © Foto Diether von Goddenthow

Im Anschluss an die Festveranstaltung wurden die Gäste herzlich mit Papierblumen und Musik im philippinischen Ehrengast-Pavillon willkommen geheißen. Traditionell reicht das kulturelle Programm des Gastlands über das Messegelände und sogar über die Stadtgrenzen hinaus. Unter dem Motto „Fantasie beseelt die Luft“ haben die Philippinen ein vielfältiges Kulturprogramm vorbereitet. Neben Literatur spielen auch Architektur, Fotografie, Film und Musik eine zentrale Rolle. Außer in Frankfurt finden Veranstaltungen und Ausstellungen auch in Berlin und Heidelberg statt.

Die diesjährigen Ehrengäste sind mit mehr als 100 Schriftstellern, Künstlern, Illustratoren und anderen Kreativen nach Frankfurt gereist. Eine besondere Attraktion mitten in der City ist die „Jeepney Journey“: Ein Jeepney – auf den Philippinen ein im Alltag verwurzeltes, bunt bemaltes Gemeinschaftsfahrzeug – verwandelt sich auf dem Frankfurter Roßmarkt in eine Bühne und einen Treffpunkt für Austausch, Workshops und kulturelle Begegnung.

Der Ehrengast-Pavillon auf dem Messegelände, gebaut aus nachhaltigen, landestypischen Materialien wie Bambus und Ananasfasern, ist als begehbare Inselgruppe konzipiert – eine Architektur, die die Bedeutung des Zusammenkommens und Teilens in philippinischen Gemeinschaften unterstreicht.

Impression vom Ehrengast Pavillon. © Foto Diether von Goddenthow

Kulturpolitisches auf der neuen Centre Stage
Zu den Neuentwicklungen der Messe gehört die Centre Stage in Halle 4.1. Ein Schwerpunkt dieser Bühne ist das kulturpolitische Programm der Frankfurter Buchmesse „Frankfurt Calling – Perspectives on Culture and Politics“. Hier ist der Ort für den Dialog über Menschenrechte und Meinungsfreiheit, über die Kriege in Gaza und der Ukraine, über Autoritarismus und Strategien des demokratischen Widerstands, aber auch über die Bedeutung der Künstlichen Intelligenz für die Zukunft von Arbeit und Gesellschaft.

Ihr Kommen haben unter anderem die Friedensnobelpreisträgerin Maria Ressa, der frühere NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg, der palästinensische Buchhändler Mahmoud Muna und Bundesjustizministerin Dr. Stefanie Hubig zugesagt.

Eröffnung des Standes der Ukraine

Am Mittwoch um 11 Uhr wird Staatsminister Weimer den Länderstand der Ukraine eröffnen, der mit Mitteln aus dem Bundeskulturhaushalt gefördert wurde.
Staatsminister Weimer erklärt dazu: „Die Ukraine wird uns mit einem beeindruckenden Programm ihre reiche Literatur näherbringen und damit die Sichtbarkeit der ukrainischen Kultur in Deutschland und Europa erhöhen. Dadurch wird die Ukraine auch den so wichtigen Kulturaustausch zwischen unseren beiden Ländern weiter voranbringen. Die Bundesregierung hat den Stand der Ukraine bei der Buchmesse daher gerne unterstützt. Wir werden den Kulturschaffenden der Ukraine in Deutschland auch in Zukunft eine Bühne bieten. Denn der Platz der ukrainischen Kultur, der Platz aller Menschen in der Ukraine, ist in einem freien Europa.“

Im Rahmen der Buchmesse werden außerdem die ersten beiden Bände der „Ukrainischen Bibliothek“ vorgestellt – ein groß angelegtes Übersetzungsprojekt, das vom Staatsminister gemeinsam mit seinem österreichischen Amtskollegen gefördert wird.

Podiumsdiskussion über Thomas Mann

Staatsminister Weimer wird am Mittwoch um 12 Uhr an einer Podiumsdiskussion zum Thema „Die Demokratie wird siegen! Exil und Widerstand – Thomas Mann als politischer Autor“ teilnehmen.
Die Veranstaltung wird von Mara Delius moderiert. Gesprächspartner sind Sebastian Guggolz, Verleger und künftiger Vorsteher des Börsenvereins, sowie die Autorin Nora Bossong. Organisiert wird die Diskussion vom Verband der Literaturübersetzerinnen und -übersetzer, dem Deutschen Übersetzerfonds und dem Deutschen Literaturfonds.

Messe-Rundgang

Anschließend wird Staatsminister Weimer am Mittwoch ab 15 Uhr bei einem Messe-Rundgang die Stände verschiedener Verlage besuchen und sich dort mit den jeweiligen Verlegern austauschen.
Geplant sind Treffen mit folgenden Verlagen: Matthes & Seitz, C.H. Beck, Carl Hanser, Frankfurter Verlagsanstalt, Taschen, Diogenes, Penguin Random House, S. Fischer und Herder.

Friedenspreis des Deutschen Buchhandels

Den Abschluss der Buchmessewoche bildet am Sonntag, dem 19. Oktober, die Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels.
Staatsminister Weimer wird an der feierlichen Veranstaltung in der Frankfurter Paulskirche teilnehmen.
Preisträger ist der Historiker und renommierte Osteuropa-Experte Karl Schlögel, der für sein herausragendes wissenschaftliches Werk und seine Verdienste um das Verständnis osteuropäischer Geschichte und Kultur geehrt wird.

 

Das komplette Programm findet sich unter:
www.buchmesse.de/themen-programm