Deutsche Stiftung Denkmalschutz fördert erneut Erhalt des Römischen Bühnentheaters Mainz mit 20 000 Euro – Öffentliche Führungen am Tag des Denkmals (14.09.2025)

Vom römischen Bühnentheater sind nur noch die Fundamente, die Substruktionen, also die Pfeiler(stümpfe) vorhanden, auf denen die eigentlichen Zuschauerränge angebracht waren, auf denen dann die Besucher auf Stufen gesessen haben. Aber diese Zuschauerränge sind im Mittelalter dem sogenannten Steinraub zum Opfer gefallen, so Daniel Geißler, Projektmanager Römisches Erbe der Stadt Mainz,. © Foto Diether von Goddenthow

Seit 25 Jahren unterstützt die Deutsche Stiftung Denkmalschutz (DSD) verlässlich die Arbeiten am Römischen Bühnentheater in Mainz. Am 25. Juli 2025 überreichte die Archäologin Dr. Marion Witteyer – Mitglied im Ortskuratorium der DSD und ehemalige Leiterin der Mainzer Landesarchäologie – stellvertretend für den Mainzer Ortskurator Robert Sommer gemeinsam mit Thomas Kirsch von Lotto-Toto Rheinland-Pfalz den elften symbolischen Fördervertrag über 20.000 Euro an die Stadt Mainz. Entgegengenommen wurde die Förderung durch Baudezernentin Marianne Grosse. Die Mittel sind für die Mauerwerkskonservierung mehrerer Pfeiler der Substruktion bestimmt. Das Römische Bühnentheater gehört zu über 350 Denkmalobjekten in Rheinland-Pfalz, die dank zahlreicher Spenden, der Erträge aus Treuhandstiftungen sowie der Lotterie GlücksSpirale von der privaten DSD gefördert werden konnten.

Das Römische Theater in Mainz am Hang zur Zitadelle oberhalb der Altstadt ist mit einem Fassungsvermögen von über 10.000 Zuschauern das größte antike Theater nördlich der Alpen. Nach ersten Entdeckungen beim Bau des früheren Südbahnhofs 1884 bzw. dem Bau einer Straße 1914/1916 wird es von 1997 bis 2007 ausgegraben. Seither liege der Fokus auf den Erhalt und die Präsentation des Theaters, so Dr. Witteyer . „Die Stadt Mainz ist seither intensiv daran, das Theater nicht nur zu erhalten, sondern eben auch zugänglich zu machen. Die Ergebnisse der Grabung haben gezeigt, dass dieses Theater etwas ganz Besonders ist.

Herausragende Stellung – Pantomimisches statt Tierhatzen

Rekonstruktion des ehemaligen römischen Bühnentheaters Mainz. © Stadt Mainz

Die Datierung des Theaters in die Spätantike – um das Jahr 310 n. Chr. unter Kaiser Konstantin – belege, so Dr. Marion Witteyer, „dass Mainz auch in dieser Zeit noch eine herausragende Stellung in der Region innehatte“. Das sei in dieser Deutlichkeit vor der Freilegung so nicht bekannt gewesen. Ein Bauwerk dieser Größenordnung – mit einem Durchmesser von 116 Metern und einer Bühnenbreite von 42 Metern – sei einst kaum ohne staatliche Mittel realisierbar gewesen. „Einzelne Ziegelstempel deuten darauf hin, dass die Finanzierung tatsächlich aus öffentlicher Hand erfolgte“, so Witteyer. Das wiederum lasse Rückschlüsse auf die gesellschaftliche Bedeutung des Ortes zu: „Man war offenbar bereit, erhebliche Mittel zu investieren – weil man annahm, dass hier das entsprechende Publikum vorhanden war und ein Theater mit mehr als 10.000 Plätzen auch genutzt würde. Das war also kein kleines Bühnentheater für ein paar hundert Personen, sondern ein Monumentalbau.“
Eine weitere Besonderheit liege in der Nutzung: „Es handelt sich um ein spätantikes szenisches Theater“, erklärt Witteyer. „Das heißt: Hier wurden keine Gladiatorenspiele oder Tierhatzen gezeigt, sondern pantomimische Darstellungen und andere Formen der Bühnenkunst.“ Solche Orte seien schon in der Antike weit mehr gewesen als reine Veranstaltungsorte – sie dienten auch als öffentliche Versammlungsräume, vergleichbar mit heutigen Arenen.

Eine gewaltige Erhaltensaufgabe

Dr. Marion Witteyer, Archäologin und ehemalige Leiterin der Mainzer Landesarchäologie. © Foto Diether von Goddenthow

Die Erhaltung des Bauwerks ist eine enorme Herausforderung und lässt sich nicht kurzfristig lösen.„Das Mauerwerk, das wir heute sehen, war in der Antike so nie sichtbar – es lag über viele Jahrhunderte unter der Erde“, erklärt Dr. Marion Witteyer. Die zentrale Aufgabe bestehe nun darin, das freigelegte, nicht länger durch Erdreich geschützte Mauerwerk witterungsbeständig zu machen – kurz: „erhaltbar und zukunftsfähig“.
Ein Expertengespräch zur Steinkonservierung im Jahr 2018 legte den Grundstein für eine beispielhafte Musterkonservierung, die 2023 an den Pfeilerstümpfen umgesetzt wurde. Diese bildet nun die Grundlage für die laufenden Maßnahmen, die mit Unterstützung der Deutschen Stiftung Denkmalschutz realisiert werden. Ein verlässlicher Partner von Beginn an ist auch die Initiative Römisches Mainz. „Seit den ersten Ausgrabungen begleitet sie das Projekt mit großem ehrenamtlichen Engagement“, so Witteyer. Sei es beim Tag des offenen Denkmals, bei Führungen oder in vielen organisatorischen Fragen – die IRM ist seit Jahren eine tragende Säule der Öffentlichkeitsarbeit rund um das Theater.
Auch Daniel Geißler, heute Projektmanager „Römisches Erbe“ der Stadt Mainz, ist mit dem Projekt seit den Anfängen verbunden: Als Zivildienstleistender war er damals Teil des Grabungsteams – und ist es heute noch, mit neuer Verantwortung und langjähriger Erfahrung.

„Wer den Weg entlangläuft, sieht an den Pfeilern und Mauern helle Stellen – das fällt ins Auge. Als ich noch im Dienst war,“ erzählt Witteyer, „hat mich das immer wahnsinnig geärgert, weil es einfach neu aussieht. Aber in zwei Jahren ist auch diese Stelle von der Witterung gezeichnet und fügt sich ganz natürlich ins Gesamtbild ein. Heute sage ich: Das Neue hat sogar einen Vorteil – man sieht, dass etwas passiert! Es gibt sichtbare Fortschritte.

Baudezernentin Marianne Grosse dankt für anhaltende Unterstützung

Die ehemalige Leiterin der Mainzer Landesarchäologie Dr. Marion Witteyer überreicht am 25.07.2025 im Auftrag des DSD in Beisein von Thomas Kirsch (Lotto Rheinland-Pfalz) den neuen DSD-Fördervertrag in Höhe von 20 000 Euro symbolisch an Baudezernentin Marianne Grosse. © Foto Diether von Goddenthow

Baudezernentin Marianne Grosse zeigte sich dankbar über die anhaltende Unterstützung: „Ich bin wirklich froh, dass wir in all den Jahren nicht innegehalten haben, sondern kontinuierlich an der Sanierung der einzelnen Pfeiler arbeiten konnten – seit Beginn meiner Amtszeit als Dezernentin. Und das geschieht unabhängig von unseren weiteren Planungen: Parallel dazu haben wir nämlich einen umfassenden Wettbewerb vorbereitet. Der Auslobungstext liegt fertig in der Schublade und kann umgesetzt werden, sobald es die Haushaltslage der Stadt wieder zulässt.

Bereits beispielhaft konservierte Pfeilerstümpfe im Römischen Bühnentheater, inklusiv teilweise ersetzter Ziegel, die in Brandenburger Ziegelei speziell angefertigt werden mussten. © Foto Diether von Goddenthow

Deshalb ist es mir besonders wichtig zu betonen: Die Pfeilersanierung schreitet stetig voran. Und auch wenn wir den großen Wettbewerb aktuell noch nicht starten können – wir sind bereit. Das wurde auch offen und transparent mit allen Beteiligten kommuniziert.
Natürlich erfordert die Situation derzeit Geduld. Aber ich bin zuversichtlich, dass sich die finanzielle Lage der Stadt wieder bessern wird. Dann können wir auf das zurückgreifen, was wir über viele Jahre hinweg mit großer Sorgfalt vorbereitet haben.
„Es geht hier nicht um Eile, sondern um Sorgfalt“, betonte Baudezernentin Marianne Grosse. Besonders wichtig sei dabei die Verlässlichkeit starker Partner: „Wir sind sehr froh, dass wir konstante Unterstützer an unserer Seite wissen – das ist die Deutsche Stiftung Denkmalschutz, das ist aber auch Lotto Rheinland-Pfalz. Darüber bin ich wirklich dankbar.“
Ein besonderes Lob richtete sie an das ehrenamtliche Engagement der Initiative Römisches Mainz (IRM): „Was dort geleistet wird, kann man gar nicht hoch genug einschätzen.“
Entscheidend sei, so Grosse weiter, „dass wir unser Römisches Mainz nicht nur bewahren, sondern auch aktiv weiterentwickeln wollen.“ Allein im Jahr 2025 werde die Stadt 150.000 Euro für die Sanierung weiterer Pfeiler investieren.

An etlichen Stellen, insbesondere im nordwestlichen Bereich, gleichen manche „Pfeilerstumpf-Situationen“ noch Trümmerfeldern: Steine haben sich gelöst. Hier gibt es noch viel zu tun, um den voranschreitenden Verfall aufzuhalten. © Foto Diether von Goddenthow

„Mein besonderer Dank gilt heute der Deutschen Stiftung Denkmalschutz und Lotto-Toto Rheinland-Pfalz – insbesondere Herrn Kirsch – für die erneute Unterstützung. Diese Hilfe ist für uns nicht nur finanziell bedeutsam, sondern auch mit Blick auf die öffentliche Akzeptanz. Es ist von unschätzbarem Wert, starke Partner an unserer Seite zu haben und gemeinsam geschlossen aufzutreten. Dafür danke ich Ihnen allen von Herzen.“

Lotto Rheinland-Pfalz auch weiterhin treuer Förderer
Thomas Kirsch von Lotto Rheinland-Pfalz freute sich, „dass wir auch dieses mit Ehrenamt unterstützte Förderprojekt unterstützen dürfen und immer wieder dabei sein können und hoffen auch, dass wir in ähnlicher oder gleicher Missionen noch oft hier sein können und Ihnen entsprechende Fördergelder in dieser Form oder Förderverträge übergeben können. Und ja, wie gesagt, das sind wir froh und stolz drüber und wir werden das gerne weiter betreiben, danke schön.

Ausblick auf die Konservierungsarbeiten am Römischen Bühnentheater

Daniel Geißler, Archäologe und Projektmanager Römisches Erbe der Stadt Mainz, war bereits als Zivildienstleister bei den Ausgrabungen des Römischen Bühnentheaters dabei. Er informiert über den gegenwärtigen Stand der Konservierungsmaßnahmen und erläutert gemeinsam mit Baudezernentin Marianne Grosse den Ausführungsplan. © Foto Diether von Goddenthow

Anschließend berichtete der für die Konservierungsarbeiten zuständige Archäologe Daniel Geißler, Projektmanager „Römisches Erbe“ der Stadt Mainz, über die aktuellen und geplanten Konservierungsmaßnahmen am Römischen Bühnentheater. Was heutige Besucher sähen, seien ja die Fundamente – die sogenannten Substruktionen –, also jene Pfeiler, auf denen einst die Zuschauerränge des Römischen Theaters ruhten. „Auf diesen steinernen Unterbauten saßen die Besucher auf gestuften Sitzreihen. Diese Zuschauerränge selbst sind jedoch im Mittelalter dem sogenannten Steinraub zum Opfer gefallen“, so Geißler. Übrig geblieben sei nur der Fundamentbereich, der tief in den Hang des Jakobsbergs hinein gebaut wurde – und der später vollständig zugeschwemmt wurde.

Opus caementitium

Links der koservierte Pfeilerstumpf, rechts soll demnächst die „Kelle“ angelegt werden. © Foto Diether von Goddenthow

„Heute erkennen wir deutlich die Bauweise: Außen sind die Pfeiler mit Kalksteinquadern verkleidet, doch im Inneren, der Mauer-Kern, also das eigentlich tragende Mauerwerk, besteht aus einem ganz besonderen Material – römischem Beton, dem sogenannten Opus caementitium.“, erklärt der Archäologe. Die Bedeutung dieses Materials für die römische Baukunst könne kaum überschätzt werden. Dieser Begriff ist historisch belegt und der Ursprung unseres heutigen Wortes „Zement“. Die Römer schufen mit diesem Material eine Bauweise, die weit über ihre Zeit hinaus Bestand hatte – auch an den nördlichsten Grenzen ihres Imperiums.
„Dieses Material ist außerordentlich stabil“, so Geißler, „doch es war nie dafür gedacht, jahrzehntelang ungeschützt der Witterung ausgesetzt zu sein. Heute regnet es ganzjährig auf die freigelegten horizontalen Flächen – im Winter gefriert das Wasser, dehnt sich aus, und führt zu Schäden, selbst in diesem massiven Material.“

 

Erhalten statt rekonstruieren

Der Pfeiler 79 wurde 2023 gesichert. Er ist von besonderem archäologischen Interesse, da er die ursprüngliche Gesamtgröße des Bühnentheaters andeutet. Von seiner Position mit dem Zirkel den Kreis weitergezogen, ergäbe sich eine Ausdehnung bis unter die heutige Lutherkirche, so Geißler. © Foto Diether von Goddenthow

In enger Abstimmung mit Fachinstitutionen – darunter das Institut für Steinkonservierung, die Generaldirektion Kulturelles Erbe, die Landesarchäologie, die Denkmalpflege sowie die untere Denkmalschutzbehörde der Stadt Mainz – wurde ein langfristiges Konservierungskonzept entwickelt. Als leitender Restaurator ist Dr. Walter Hartleitner, verantwortlich, ein ausgewiesener Experte, der u. a. an der Porta Nigra, dem Kaiserdom in Frankfurt und dem Schloss Aschaffenburg arbeitet.
„Wir haben uns bewusst gegen ein Reburial (Wiederverfüllung) und gegen flächendeckende Schutzdächer entschieden“, betont Geißler. „Unser Ziel ist es, das Original sichtbar zu erhalten. Keine meterhohen Fantasie-Aufmauerungen, sondern das, was wirklich da ist – in originaler Struktur.“
Die Arbeiten umfassen das Neuverfugen, das Wiederbefestigen gelockerter Steine und, wo nötig, das Auftragen einer schützenden Mörtelschicht. Im südlichen Halbrund sind bereits Fortschritte sichtbar – dort erkennt man deutlich die helleren Bereiche frisch konservierter Pfeiler.

Systematisches Vorgehen nach Ampelschema

Pfeiler- u. Mauergrundrisse sind – je nach Schädigungsgrad – ampelartig unterschieden. Pfeiler 79, grün, ist bereits gerettet.© Foto Diether von Goddenthow

Ein für die Erhaltungsplanung eigens entwickeltes Ampelsystem bewertet die Pfeiler je nach Erhaltungszustand: Auf dem Plan steht Rot für stark geschädigt, Orange/Gelb: weniger/noch weniger stark geschädigt. Grün: bereits saniert Wie man auf dem Plan erkennen kann, „arbeiten wir uns systematisch vom südöstlichen in den nordwestlichen Bereich des Theaters vor. Dieses Jahr stehen vier weitere Pfeiler zur Sanierung an – sie werden derzeit eingerüstet und in den nächsten Monaten behandelt.“ Besonders hervor hob Geißler den Pfeiler Nr. 79: „Er ist archäologisch von großer Bedeutung, da er auf eine mögliche vierte Pfeilerreihe und damit auf eine größere Ausdehnung des Römischen Bühnentheaters bis unter die heutige Luther-Kirche hinweise.

Blick auf die kommenden Maßnahmen
Für 2026 ist die Konservierung einer Mauer im Bereich des Gewölbegangs (Parodos) geplant. Bereits in diesem Jahr wird hierfür ein Gerüst aufgebaut und eine detaillierte Schadensaufnahme durch Dr. Hartleitner erfolgen. Neben dem Opus caementitium seienhier auch römische Ziegel verbaut, die bei Frost geradezu zersplitterten und deswegen gleichfalls restauriert werden müssen, so Geißler. Teilweise würden einzelne sogar ganz ausgewechselt. Diese Ziegel könne man nicht im Baumarkt kaufen, „sondern, die müssen wir wirklich in Manufakturen, die es vor allen Dingen noch in Brandenburg gibt. neu anfertigen lassen“, so das Projektmanager Römisches Erbe. Man stehe dabei auch „im engen Austausch mit dem Landesbetrieb Liegenschafts- und Baubetreuung, der unter anderem für die Kaiserthermen in Trier zuständig ist. Von dort haben wir bereits passende Ziegel bezogen – ein gutes Beispiel für die fachliche Zusammenarbeit über Standortgrenzen hinweg. Wir orientieren uns dabei stets an den bestmöglichen Lösungen, sowohl in technischer als auch in denkmalpflegerischer Hinsicht.“, so Geißler, der abschließend auf die enge Kooperation mit der Deutschen Stiftung Denkmalschutz und auf die monatlich vor Ort angebotenen öffentliche Führungen hinwies.

Öffentliche Vermittlung & Tag des offenen Denkmals am 14.09.

© Foto Diether von Goddenthow

Denn ein zentraler Bestandteil des Projekts bleibt die Vermittlung an die Öffentlichkeit. In Zusammenarbeit mit der Deutschen Stiftung Denkmalschutz finden monatlich Führungen statt. Auch am Tag des offenen Denkmals, am Sonntag, den 14. September, wird das Römische Theater gemeinsam mit der Initiative Römisches Mainz geöffnet und präsentiert.
„Das Theater bietet viele Gelegenheiten zur Begegnung mit antiker Baukunst – insbesondere mit der römischen Betontechnik, die bis heute fasziniert. Und man kann nicht oft genug betonen: Was hier geschieht, geschieht kontinuierlich, mit größter Sorgfalt und auf Grundlage streng wissenschaftlicher Kriterien.“

(Diether von Goddenthow/ RheinMainKultur.de)

Siehe auch:
Römisches Mainz – Gebäudewirtschaft der Stadt Mainz
Initiative Römisches Mainz
„Rettet das Römische Mainz“