
Im Kaisersaal des Frankfurter Römers fieberten rund 500 Gäste aus Kultur, Gesellschaft, Politik und Wirtschaft mit, welcher Roman der 6 nominierten Autoren den Deutschen Buchpreis 2025 erhält. Obgleich jeder der Werke, die es in die Shortlist geschafft hatten, den Preis verdient hätten, setzte sich Dorothee Elmigers Roman „Die Holländerinnen“ durch. Er ist erschienen im Hanser Verlag, München.

Die Jury begründete ihre Wahl so: „Dieser Roman ist ein Ereignis. Eine Schriftstellerin berichtet von einer Reise in den südamerikanischen Urwald, die sie gemeinsam mit einer Theatergruppe unternimmt – auf den Spuren zweier Holländerinnen, die dort vor Jahren verschwunden sind. Während dieser Expedition erzählt die Gruppe sich immer beunruhigendere Geschichten. Je tiefer sie in das Dickicht und den Morast vordringen, desto stärker zieht Elmiger die Leser in einen Sog der Angst. Ihr Werk schildert Menschen, die in ihr ‚dunkelstes Gegenteil‘ geraten. Dabei überzeugt nicht nur die Sprache, sondern auch der indirekte Hinweis auf unsere Gegenwart, die zunehmend in Selbstüberschätzung verfällt. Elmigers Stil ist zugleich distanziert und von großer Intensität. „Die Holländerinnen“ – ein faszinierender Trip ins Herz der Finsternis.“
Zur Jury des Deutschen Buchpreises 2025 gehörten:
Laura de Weck (Schweizer Radio und Fernsehen, Sprecherin der Jury),
Maria Carolina Foi (Universität Triest),
Jürgen Kaube (Frankfurter Allgemeine Zeitung),
Friedhelm Marx (Universität Bamberg),
Kathrin Matern (Frau Rilke Buchladen, Neustrelitz),
Lara Sielmann (Deutschlandfunk Kultur)
und Shirin Sojitrawalla (freie Kritikerin).

Karin Schmidt-Friderichs, Vorsteherin des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, die wegen des turnusmäßigen Amtswechsels in diesem Jahr letztmalig den Buchpreis verlieh, unterstrich einmal mehr die Bedeutung dieser insbesondere auch für die Juroren aufwendigen Veranstaltung:
„Der Deutsche Buchpreis schenkt uns jedes Jahr einen Raum zum Innehalten. Er zeigt, wie vielfältig die deutschsprachige Literatur unsere Gegenwart widerspiegelt – mit all ihren Widersprüchen. Jeder Roman entfaltet sich Seite für Seite, Wort für Wort, und wird von jedem Leser anders wahrgenommen. In diesem Dialog zwischen Text und Leser dürfen wir uns irritieren lassen, bestätigt fühlen oder überrascht werden. Wir dürfen nachdenken, statt vorschnell zu urteilen, und die Literatur als Ort der Begegnung feiern.“
Dr. Ina Hartwig, Kulturdezernentin der Stadt Frankfurt, dankte in ihrer Begrüßung Karin Schmidt-Friderichs für ihre wunderbare Art, mit der sie seit Jahren das Amt der Vorsteherin des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels ausgeübt habe – insbesondere auch in den schwierigen Jahren der Corona-Pandemie.
Nominiert waren außerdem die Autoren: Kaleb Erdmann: Die Ausweichschule (park x ullstein, Juli 2025),
Jehona Kicaj: ë (Wallstein Verlag, Juli 2025),
Thomas Melle: Haus zur Sonne (Kiepenheuer & Witsch, August 2025),
Fiona Sironic: Am Samstag gehen die Mädchen in den Wald und jagen Sachen in die Luft (Ecco Verlag, März 2025),
Christine Wunnicke: Wachs (Berenberg Verlag, März 2025).
Diese Romane, so Schmidt-Friderichs, „führen uns auf sehr unterschiedliche Wege. Wir begegnen Familiengeschichten, die von Traumata und Schweigen geprägt sind, wir tauschen ein in radikal andere Erzählformen und wir stehen inmitten gesellschaftlicher Spannungsfelder: Gewalt und Zuneigung, Identität und Anderssein, historische Belastungen ebenso wie aktuelle Konflikte.“ Es seien in hohem Maße gegenwärtige Geschichten, „die die Sorgen – ja, fast die Düsternis unserer Zeit widerspiegeln“, so die Vorsteherin des Börsenvereins. Was alle diesjährigen nominierten Romane verbände, sei das Thema Gewalt in ganz unterschiedlichen Erscheinungsformen.
Dorothee Elmiger erhält ein Preisgeld von 25.000 Euro; die fünf weiteren Finalisten bekommen jeweils 2.500 Euro. Der Siegertitel wurde in mehreren Auswahlrunden ermittelt. Seit Beginn der Ausschreibung sichtete die siebenköpfige Jury 229 Romane, die zwischen Oktober 2024 und September 2025 erschienen sind. Aus diesen wählte sie zunächst eine Longlist mit 20 Titeln, aus der anschließend sechs Werke für die Shortlist bestimmt wurden. Die Preisverleihung fand im Kaisersaal des Frankfurter Römers statt.
Dorothee Elminger dankte und versuchte in ihrer Rede die richtigen Worte zu finden
Sie beendete ihre Worte mit einem Zitat von Marie Luise Kaschnitz, das sie in der Berliner U-Bahn gelesen habe: „Der Dichter ist das Sprachrohr der Ratlosigkeit seiner Zeit“ – und einen Tocotronic-Song, in dem es heißt, „dass das Unglück überall zurückgeschlagen werden muss.“
Folgend Elmingers im Original:
Mit dem Deutschen Buchpreis 2025 zeichnet die Stiftung Buchkultur und Leseförderung des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels den deutschsprachigen Roman des Jahres aus. Hauptförderer des Deutschen Buchpreises ist die Deutsche Bank Stiftung, weitere Partner sind die Frankfurter Buchmesse und die Stadt Frankfurt am Main.
Unter dem Hashtag #buchpreisbloggen stellen 20 Literaturblogger die nominierten Titel 2025 vor. Die Rezensionen werden unter www.deutscher-buchpreis.de/news veröffentlicht und über die Social-Media-Kanäle des Deutschen Buchpreises geteilt.
(Börsenverein /Diether von Goddenthow /RheinMainKultur.de)