
„Wir haben nicht gewusst, dass diese Arbeiten heute parallel zu unserem Pressetermin stattfinden würden“, begrüßt Baudezernentin Marianne Grosse gemeinsam mit Museumsdirektor Dr. Ulf Sölter und Altstadt-Ortsvorsteher Dr. Brian Huck die Pressevertreter zu einem letzten Abschiedsrundgang und der symbolischen Schlüsselübergabe an die Mainzer Gebäudewirtschaft. Währenddessen werden draußen die ersten großen Glasfassaden des Verbindungsgangs zwischen Schellbau und Römischem Kaiser herausgebrochen. „Hierdurch wird der Grund, weswegen wir uns heute hier treffen, tatsächlich sichtbar“, so Grosse. „Das Gutenberg-Museum als ehemaliger Nutzer übergibt symbolisch den Schlüssel an die Gebäudewirtschaft Mainz (GWM), vertreten durch die Projektleiterin Marina Bouchè. Die GWM ist nun für den Rückbau und Neubau verantwortlich.“ Sichtlich bewegt fügt die Baudezernentin hinzu: „Wir stehen hier vor einem gigantischen Vorhaben, und ich kann immer noch kaum glauben, dass wir es bisher so erfolgreich gewuppt haben.“

Museumsdirektor Dr. Ulf Sölter beschreibt das vergangene Jahr als eines der anstrengendsten in seiner Karriere: „Die letzten sieben Monate waren von intensiven Umzügen geprägt, wobei die Vorbereitungen natürlich viel früher begonnen haben.“ Besonders hebt er die Arbeit seiner Kollegin Eva Hartmann hervor, die diese Umzüge von Anfang bis Ende organisiert und betreut hat. „Es war eine enorme Herausforderung, für die verschiedenen Bereiche passende Spezialspeditionen zu finden. Beispielsweise mussten die sechs Tonnen schweren historischen Druckmaschinen von einem Spezialisten-Team aus Heidelberg millimetergenau bewegt werden“, erklärt Museums-Assistentin Hartmann. 50 Vitrinen konnten an andere Museen in Wiesbaden, Mannheim und Guntersblum verkauft werden. Die verbliebenen Stücke, etwa die große Tresor-Vitrine, in der einst die Gutenberg-Bibeln präsentiert wurden, seien größtenteils fest verbaut und mit einem Gewicht von 150 bis 250 Kilogramm für andere Museen unterinteressant. Dagegen fänden etliche Regale, die einst im Museum standen, nun anderweitig Verwendung.“, so Hartmann.
Der Umzug ins Interims-Museum „Gutenberg Moved“, das seit etwa 55 Tagen im Naturhistorischen Museum zugänglich ist, war dabei nur der sichtbarste Teil. „Was intern ablief, wie viel Detailarbeit in die Auflösung und Räumung eines so bedeutenden Museums fließt, können Außenstehende kaum nachvollziehen“, erklärt Sölter. Über 100 Lkw-Ladungen wurden inzwischen vom Schellbau abtransportiert. Die umfangreiche Sammlung von rund einer halben Million Objekten wurde größtenteils in einem neuen Zentraldepot untergebracht, daneben gibt es noch zwei weitere Depots in Mainz. Auch die Verwaltung ist inzwischen aus dem Römischen Kaiser in die neuen Bibliotheksräume im Gutenberg-Karree nahe dem Schloss und dem Landtag umgezogen. Die frühere Steinhalle, die einst die archäologische Fachbibliothek des Römisch-Germanischen Zentralmuseums beherbergte, dient dem Gutenberg-Museum nun vorübergehend als Bibliotheks- und Verwaltungsstandort.

Altstadt-Ortsvorsteher Dr. Huck zeigt sich bei der letzten Begehung des Schellbaus sentimental. Als Stadtführer habe er nahezu täglich Besuchergruppen durch das Gutenberg-Museum geführt. Nun stehe man in einem Gebäude, das ohne Kasse, ohne Trubel und ohne Exponate so leblos wirke. Er lobt jedoch die Stadt für die kurze Schließzeit: „Im Vergleich zum Römisch-Germanischen Museum, das Touristen jahrelang von den Römischen Schiffen fernhielt, war das Gutenberg-Museum nur etwa sechs Wochen geschlossen. Es ist großartig, dass die Sammlung nun als ‚Gutenberg Moved‘ im Naturhistorischen Museum besichtigt werden kann.“
Huck begrüßt außerdem die Entscheidung, das Gutenberg-Museum am zentralen Standort am Liebfrauenplatz zu erhalten: „Dieser Platz bleibt damit belebt, und Gutenberg, der uns allen am Herzen liegt, bleibt im Herzen der Stadt, direkt gegenüber dem Dom.“ Der Neubau bringe zwar logistische Herausforderungen und Belastungen mit sich, doch sei er die Mühen wert. Huck äußert die Hoffnung auf eine zügige und reibungslose Durchführung des Projekts.

Projektleiterin Marina Bouché erläutert die nächsten Schritte: Zunächst werden die Spolien geborgen, restauriert und eingelagert. Danach werden die Versorgungsleitungen – Strom, Gas und Wasser – getrennt und kontaminierte Bauteile wie Dämmmaterialien und Ummantelungen von Versorgungsrohren entfernt. Bouché zeigt sich erleichtert, dass für einen Bau aus dem Jahr 1962 vergleichsweise wenige Schadstoffe gefunden wurden.
Am 10. März erfolgt der nächste sichtbare Schritt: Die Baustelle wird mit einem Bauzaun gesichert. Anschließend wird das Gebäude entkernt, bevor der eigentliche Abriss beginnt. Dieser erfolgt von der Mailandsgasse und Seilergasse aus, um die Nachbarn in der Rotekopfgasse möglichst wenig zu beeinträchtigen. Nach dem Abriss wird der Keller ausgehoben, und die Stadt- und Landesdenkmalpflege untersucht die Baugrube auf archäologische Funde. Sobald die Untersuchungen abgeschlossen sind, sollen die Arbeiten am Neubau beginnen. „Ab diesem Punkt benötigen wir rund 36 Monate, um das neue Gutenberg-Museum zu errichten“, erklärt Grosse.

Für Marianne Grosse ist der Abschied vom Schellbau ein emotionaler Moment: „Es ist nicht leicht, ein solches Gebäude zu verlassen, vor allem, wenn man hier so viele persönliche Erfahrungen gemacht hat.“ Sie erinnert sich an den Vortragsraum, der schon bei ihrem Amtsantritt vor 15 Jahren etwas angestaubt wirkte, aber dennoch das Herzstück des Gebäudes war. „Hier fanden Bürgerbeteiligungen, Ausstellungseröffnungen, der Stomp-Preis und der Mainzer Stadtdrucker-Preis statt. Dieser Raum hat so viel erlebt.“

Die Entscheidung zum Abriss des Schellbaus sei das Ergebnis eines langen, sorgfältigen Prozesses der Stadtgesellschaft gewesen. „Letztlich wurde einstimmig beschlossen, dass der Schellbau, der 1962 eingeweiht wurde, nicht mehr zukunftsfähig ist für ein Weltmuseum der Druckkunst.“ Gleichzeitig eröffne der Neubau die Chance, den Ort städtebaulich aufzuwerten. „Es wird Durchgänge zwischen Seilergasse, Rotekopfgasse und Mailandsgasse geben, was ein völlig neues Erleben unseres Museums ermöglicht“, so Grosse. Obwohl sie eine Schwäche für den Brutalismus und den Sichtbeton-Stil der 1960er- und 1970er-Jahre hat, betont sie, dass es wichtiger sei, optimale Rahmenbedingungen für das neue Weltmuseum zu schaffen. „Mit dem Siegerentwurf des internationalen Wettbewerbs sind wir davon überzeugt, dies zu erreichen.“
Wenn alles nach Plan läuft, und die archäologischen Untersuchungen keine größeren Verzögerungen verursachen, soll das neue Gutenberg-Museum 2029 eröffnet werden. Bis dahin bietet „Gutenberg Moved“ im Naturhistorischen Museum eine Möglichkeit, die Sammlung, darunter die wertvollen Gutenberg-Bibeln, zu besichtigen. Grosse zeigt sich begeistert von der Interimsausstellung: „Es ist ein kleines bauliches Wunder und gibt uns eine Vorstellung davon, wie das neue Museum einmal aussehen wird.“ Außerdem wird der Bauzaun rund um die Baustelle mit Guckfenstern ausgestattet, damit die Mainzer den Abriss und den Baufortschritt des neuen Museums mitverfolgen können.
(Diether von Goddenthow /RheinMainKultur.de /Rhein-Main.Eurokunst)
Alle Informationen zu den Neubauplänen finden Sie unter: https://neubau-gutenberg-museum.de
Die Landeshauptstadt Mainz hat eine E-Mail-Adresse für Rückfragen zum Projekt und der Baustelle für die Öffentlichkeit eingerichtet: umbau.gm@stadt.mainz.de