Sprachenvielfalt – Reichtum oder Verwirrung? – Schubladendenken ist wichtig beim Spracherwerb – ForschungFrankfurt

Neue Ausgabe des Wissenschaftsmagazins „Forschung Frankfurt“ über Voraussetzungen, Möglichkeiten und Grenzen der Verständigung.
Die Sprache zeichnet den Menschen aus. In ihrer Komplexität unterscheidet sie ihn von anderen Lebewesen. Sprache ist Teil menschlicher Identität, und wichtiges Orientierungsmittel. Doch wie funktioniert sprachliche Verständigung? Was haben die vielen Sprachen der Welt gemeinsam? Und welche Möglichkeiten der Verständigung gibt es zwischen Sprachen, Kulturen, Religionen? Wie erlernen Kinder Grammatik und Wortschatz? Und wie lassen sich daraus Erkenntnisse für den „Lernprozess“ von KI gewinnen? Damit befasst sich die Arbeitsgruppe von Prof. Jochen Triesch – nachzulesen in der neuen Ausgabe von „Forschung Frankfurt“. Das Wissenschaftsmagazin der Goethe-Universität widmet sich dem Thema „Sprache. Wir verstehen uns!“. Mit diesen Fragen beschäftigt sich die neueste Ausgabe von „Forschung Frankfurt“, dem Wissenschaftsmagazin der Goethe-Universität, unter dem Titel „Sprache. Wir verstehen uns!“.

Unglaublich: Zwischen 7000 und 8000 verschiedene Sprachen haben sich auf der Erde entwickelt. Manche dienen Milliarden von Menschen zur Verständigung, andere werden nur von einer kleinen Anzahl von Sprecherinnen und Sprechern beherrscht. Wer heutzutage diese Vielfalt erforschen will, wer Sprachen miteinander vergleichen, Beziehungen zwischen Sprachsystemen offenlegen will, kann auf digitale Ressourcen zurückgreifen. Für Studien mit computergestützten Werkzeugen steht Sprachmaterial aus großen Datenbanken und Textbeständen (Korpora) zur Verfügung. Pionierarbeit auf diesem Gebiet leistet seit Jahrzehnten das Institut für Empirische Sprachwissenschaft an der Goethe-Universität. Die TITUS-Datenbank, die seit den späten 1980er Jahren aufgebaut wurde, hat nun Verstärkung erhalten. Gerd Carling, Professorin für Vergleichende Sprachwissenschaft, hat bei ihrer Berufung die Datenbank „DiACL“ mitgebracht, die nun mit TITUS verbunden wurde und unter dem Namen „CompLing“ einzigartige Möglichkeiten der Forschung bietet – für Wissenschaftler, Studierende und Laien. Mehr dazu lesen Sie in der neuesten Ausgabe von Forschung Frankfurt „Sprache. Wir verstehen uns!“, die soeben erschienen ist.

Schubladendenken ist wichtig beim Spracherwerb
Wenn Kleinkinder sprechen lernen, ist das ein sehr effizienter Vorgang. Aus wenigen Informationen, eigenen Beobachtungen und Kommentaren von Bezugspersonen entwickeln sie ein komplexes Verständnis der Welt. Objekte erfassen sie in ihrer Ganzheit, verknüpfen das Wissen um das Aussehen zum Beispiel eines Autos oder eine Banane mit vielen anderen Zusammenhängen – dazu gehört auch der sprachliche Begriff. Kurzum: Es geht um die Bedeutungszuschreibung, die sich je nach Kontextualität  verändern kann. Dabei hilft dem Menschen das Bilden von Kategorien – in die Begriffe wie in Schubladen einsortiert werden. Manche Begriffe haben sogar mehrere Schubladen, die je nach Kontext „geöffnet“ werden. Sie sind  mehrdeutig  wie z.B. „Ton“ (Klang / Material/  zwischenmenschlicher Kommunikationsstil), oder Bank (Geldinstitut, Sitzmöbel, „Archiv“ wie in Daten-Bank und Viele andere.

Das Team um Jochen Triesch vom Frankfurt Institute for Advanced Studies (FIAS) nutzt Computermodelle, die das Lernen eines Kleinkindes simulieren – um so auch neue Wege für KI-Lernen zu entdecken. Denn im Vergleich zu einem Kleinkind ist das Lernen von Künstlicher Intelligenz eher passiv und wenig ökonomisch. Wie genau die Forschung funktioniert, lesen Sie in der neuen Ausgabe von Forschung Frankfurt „Sprache. Wir verstehen uns!“, die soeben erschienen ist.

Weitere Themenschwerpunkte
Um linguistische Forschung geht es auch in weiteren Beiträgen im Heft. Ein Sonderforschungsbereich an der Goethe-Universität etwa befasst sich mit der Negation (Verneinung) in unterschiedlichen Sprachen, in Schwerpunktprogramm ViCom geht es um die Rolle von Mimik und Gestik bei der Verständigung. Was zeichnet den Spracherwerb von mehrsprachig aufwachsenden Kindern aus? Wie kommt der Mensch überhaupt zur Sprache und wie macht das Gehirn aus Schallwellen Sprache? Und auf besonders eindrückliche Weise macht die Inhaberin der ersten Übersetzungsdozentur Uljana Wolf deutlich, warum poetisches Übersetzen nicht einfach von der KI erledigt werden kann.

Andere Beiträge widmen sich den Schwierigkeiten und Möglichkeiten des Zusammenlebens von Religionen – in der nachreformatorischen Zeit, im Nationalsozialismus und im digitalen Zeitalter. Um Verständigung über kulturelle Grenzen hinweg geht es zum Beispiel in einem Beitrag über Missionare in Französisch Louisiana.

Im Profilbereich „Universality and Diversity“ befassen sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ganz explizit mit dem Wesen von Sprachen und wie sie funktionieren, aber auch mit den Bedingungen für interreligiöse Verständigung. In einer Zeit, in der das Trennende oft präsenter ist als das Verbindende, ist es wichtig, die Möglichkeiten und Voraussetzungen des gesellschaftlichen Dialogs zu erforschen.

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