„Rheinland-Pfalz wird in diesem Jahr 70 Jahre alt. Mehr als 70 Jahre gibt es Frieden in Europa. In diesen Jahrzehnten haben die Menschen in unserem Bundesland mit großer Tatkraft viel geschaffen. Gerade der Frieden und die Freiheit, die Abkehr vom Nationalistischen, haben unserem Land diese Entwicklung ermöglicht“, sagte die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer bei ihrem gestrigen Neujahrsempfang vor rund 350 Gästen aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft in der Mainzer Staatskanzlei. Aber momentan sei sie besorgt: Denn wir alle spürten doch, dass das uns Liebgewonnene in Gefahr geraten sei: „die Liberalität, die Toleranz, die Werte der Aufklärung, die Achtung vor Minderheiten und unterschiedlicher Religionen. Wir müssen uns bewusst machen, dass angesichts der nationalistischen Kräfte in ganz Europa all das nicht mehr selbstverständlich ist“, sagte die Ministerpräsidentin.
Dreyer rief dazu auf, gegen ein Treffen und Vernetzung der europäischen «rechtsextremen und populistischen Parteien» des Europaparlaments, der ENF-Fraktion, in Koblenz am 21. Januar zu demonstrieren.
Der IS-Terror habe viele Wunden hinterlassen und halte Deutschland, Europa und die Welt in Atem, sagte Dreyer, die turnusmäßig den Vorsitz im Bundesrat innehat. Dreyer ermahnte angesichts der schrecklichen Anschläge, zuletzt auf dem Berliner Weihnachtsmarkt, dennoch weiterhin besonnen zu reagieren: Nicht jeder Vorschlag sei geeignet, so die Ministerpräsidentin, mögliche Sicherheitslücken zu schließen und zugleich auch die Verhältnismäßigkeit zu wahren. Umso wichtiger sei es, so Frau Dreyer, das Wissen um den Tathergang des schrecklichen Terroranschlags zu nutzen, um zu prüfen, wo tatsächlich Änderungsbedarf besteht, um die Sicherheit noch weiter erhöhen zu können.
„Was unsere Regierung nicht tun wird, ist, alle Flüchtlinge in unserem Land unter Generalverdacht zu stellen. Wir stehen zu unseren humanitären Verpflichtungen, ohne blauäugig zu sein.“, stellte Frau Dreyer klar und dankte dafür, „dass unzählige Bürger und Bürgerinnen in unserem Land dies teilen, und sich bis heute über das normale Maß hinaus engagieren.“
In der Zeit der vielen Flüchtlinge sei das Ehrenamt hier ganz besonders wichtig. Aber es gäbe darüber hinaus unzählige Bereiche des Alltags, wo das Ehrenamt dauerhaft und kontinuierlich erbracht werde, so die Ministerpräsidentin. Erfreut war Dreyer zugleich mit einem neuen Ehrenamts-Rekord aufwarten zu können. So engagierten sich erstmals 48,3 Prozent der Rheinland-Pfälzer ehrenamtlich, gegenüber 48 Prozent im Jahr zuvor. Dreyer dankte stellvertretend für alle ehrenamtlich Tätigen in diesem Jahr den Rettungsdiensten und begrüßte die Vertreter dieser Organisationen und auch der Kirchen.
Dreyer wies darauf hin, dass es insbesondere in diesen Zeiten so wichtig sei, dass die Kirchen und unterschiedlichen Glaubens- und Religionsgemeinschaften in diesem Land auch im neuen Jahr gemeinsam einen konstruktiven Dialog miteinander suchten.
Mit Blick auf das Luther-Jahr fügte die Ministerpräsidentin hinzu, dass 2017 auch unter dem kirchlichen Aspekt ein ganz besonderes Jahr sei, weil das 500ste Reformationsjubiläum gefeiert würde. Es gäbe viele Orte hier in Rheinland-Pfalz, die eng verbunden seien mit dem Leben und dem Werk Martin Luthers, so Dreyer. Entsprechend werde es auch zahlreiche, interessante und schöne und feierliche Veranstaltungen geben, worauf sie sich freue.
(Tipp: Heute Abend wird anlässlich des Luther-Jahrs im Mainzer Rathaus gegen 18.00 Uhr die Ausstellung „Lutherbilder“ eröffnet.)
Die Ministerpräsidentin bekräftigte an ihre Gäste gewandt: „Sie prägen den Erfolg dieses Landes maßgeblich. Sie arbeiten in den unterschiedlichsten Bereichen: in der Wirtschaft und Wissenschaft, in der Politik, in den Gewerkschaften, in Kirchen, und ehrenamtlichen Initiativen daran mit, dass Rheinland-Pfalz weiterhin ein erfolgreiches und solidarisches Land bleibt. Eine Gesellschaft funktioniert nur, wenn alle daran mitwirken und teilhaben. Dafür danke ich Ihnen.“
„Ich freue mich auf die Zusammenarbeit, auf ein gutes, erfolgreiches und hoffentlich friedliches Jahr 2017. Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, dass unsere Gesellschaft stark bleibt und auch in schwierigen Zeiten zusammenhält. Unser Staat ist stark. Wir haben allen Grund zur Zuversicht. Aber es ist auch entscheidend, dass wir uns engagieren für unsere Werte im Wissen um unsere Stärken, die unsere vielfältige Gesellschaft ausmachen, und im Streben nach einer positiven Zukunft, so die Ministerpräsidentin und fügte hinzu:“ Sie alle tragen in ganz unterschiedlichen Bereichen Verantwortung in unserem Land, uns Sie gestalten das Zusammenleben. Und viele Menschen trauen Ihnen und trauen uns dabei auch zu, eine Orientierung für die Zukunft zu geben. Das ist gleichzeitig ein großes Glück und eine große Verantwortung.
Wir sollten diese Verantwortung im neuen Jahr in dem Vertrauen annehmen, dass uns fast alles gelingen kann, wenn wir es zusammen anpacken. «Zusammen sind wir Rheinland-Pfalz», sagte Dreyer, und ergänzte mit Blick auf den Tag der Deutschen Einheit, der in Mainz gefeiert wird: «Zusammen sind wir Deutschland“
An die Gäste gewandt ergänzte die Ministerpräsidentin, dass sie sich sicher, „dass wir auch diejenigen erreichen können, die weniger optimistisch in das neue Jahr starten; diejenigen, denen die Herausforderungen vielleicht zu groß erscheinen, die vor den Veränderungen auch vielleicht ein wenig Angst haben.“ Zusammen werde es „uns gelingen, für die Verzagten auch Mutmacher zu sein, und den Angstmachern mit Kraft und Zuversicht zu begegnen“.
(Dokumentation: Diether v. Goddenthow)