Es war heiß und stickig: Dinosaurierzähne als Klimaarchiv des Mesozoikums entdeckt

Skelett eines Tyrannosaurus rex. Fundort: Murray Ranch, Montana, USA © Naturalis Biodiversity Center

Zur Zeit der Dinosaurier war es heiß und stickig auf der Erde: Die Urzeit-Kolosse lebten im Erdmittelalter, dem sogenannten Mesozoikum – einer Epoche, die vor rund 252 Millionen Jahren begann und vor etwa 66 Millionen Jahren mit einem Massenaussterben endete. In dieser Zeit war die Erde von einem gewaltigen Superkontinent geprägt: Pangäa. Sämtliche Landmassen waren zu dieser einzigen gigantischen Landfläche verschmolzen. Aufgrund ihrer enormen Ausdehnung befanden sich viele Regionen Tausende Kilometer von der nächsten Küste entfernt. Das Landesinnere war dadurch oft von heißem, trockenem Klima geprägt – einer wüstenähnlichen Umgebung. Selbst fern des Äquators herrschten hohe Temperaturen, und selbst die Winter an den damaligen Polen waren vergleichsweise milde

Eine bislang ungenutzte Datenquelle eröffnet nun neue Einblicke in das Klima jener fernen Vergangenheit: der Zahnschmelz fossile Dinosaurierzähne. Ihre Analyse liefert eindeutige Hinweise darauf, dass die Atmosphäre während des gesamten Mesozoikums deutlich höhere Konzentrationen an Kohlendioxid (CO₂) enthielt als heute. Forschende der Universitäten Göttingen, Mainz und Bochum haben durch die Untersuchung von Sauerstoffisotopen im Zahnschmelz diese Erkenntnisse gewonnen. Zum Einsatz kam dabei eine neu entwickelte Methode, die erstmals alle drei stabilen Sauerstoffisotope gleichzeitig erfasst – ein innovativer Ansatz, der das Potenzial hat, die paläoklimatische Forschung nachhaltig zu verändern.

Zahn eines Tyrannosaurus rex. Fundort: Alberta, Kanada Foto/©: Thomas Tütken

Die Isotopendaten zeigen nicht nur einen über Jahrmillionen erhöhten CO₂-Gehalt, sondern auch, dass die globale Photosyntheseleistung der Pflanzen im Mesozoikum etwa doppelt so hoch war wie heute. Diese gesteigerte Produktivität könnte ein zentraler Faktor für das dynamische, teilweise extreme Klima zur Zeit der Dinosaurier gewesen sein. Die Ergebnisse der Studie wurden in der renommierten Fachzeitschrift PNAS veröffentlicht.

Für ihre Analyse untersuchten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler den Zahnschmelz fossiler Dinosaurierzähne aus dem späten Jura und der späten Kreidezeit. Die Proben stammten von Fundstellen in Nordamerika, Afrika und Europa. Zahnschmelz gehört zu den widerstandsfähigsten biologischen Materialien und bewahrt über geologische Zeiträume hinweg die Isotopenzusammensetzung des vom Tier eingeatmeten Sauerstoffs. Das Verhältnis der Sauerstoffisotope wiederum wird durch den CO₂-Gehalt der Atmosphäre sowie die photosynthetische Aktivität der Pflanzen beeinflusst. So lassen sich aus diesen Daten Rückschlüsse auf das damalige Klima und die Vegetationsdichte ziehen.

Im späten Jura, etwa vor 150 Millionen Jahren, war der CO₂-Gehalt der Atmosphäre etwa viermal so hoch wie vor Beginn der industriellen Revolution. In der späten Kreidezeit, also vor rund 73 bis 66 Millionen Jahren, lag er immerhin noch beim Dreifachen. Besonders auffällige Isotopenmuster wurden in Zähnen von Tyrannosaurus rex und Kaatedocus siberi festgestellt. Diese deuten auf kurzfristige CO₂-Spitzen hin, die möglicherweise durch außergewöhnliche Ereignisse wie massive Vulkanausbrüche verursacht wurden – etwa durch die gewaltigen Eruptionen der Dekkan-Trapp-Basalte im heutigen Indien am Ende der Kreidezeit. Der erhöhte atmosphärische CO₂-Gehalt dürfte zudem mit höheren globalen Durchschnittstemperaturen und einer gesteigerten Photosyntheseaktivität sowohl an Land als auch in den Ozeanen einhergegangen sein.

Die Studie markiert einen wichtigen Fortschritt in der Paläoklimatologie. Bislang basierten Rekonstruktionen früherer Klimabedingungen vor allem auf Bodenkarbonaten oder sogenannten marinen Proxys – also indirekten Hinweisen aus dem Meer, die klimarelevante Parameter widerspiegeln. Solche Methoden sind jedoch mit Unsicherheiten behaftet. Die neue Triple-Sauerstoffisotopenanalyse eröffnet nun erstmals die Möglichkeit, fossile Zahnfunde landlebender Wirbeltiere systematisch für die Klimarekonstruktion zu nutzen.

„Unsere Methode ermöglicht einen völlig neuen Blick auf die Erdvergangenheit“, erklärt Dr. Dingsu Feng, Erstautorin der Studie und Forscherin am Institut für Geochemie und Isotopengeologie der Universität Göttingen. „Anhand des Zahnschmelzes fossiler Tiere können wir die Zusammensetzung der damaligen Atmosphäre sowie die Produktivität der Pflanzenwelt rekonstruieren – ein entscheidender Schritt für das Verständnis langfristiger Klimaveränderungen.“ Für Feng werden Dinosaurier damit zu Zeitzeugen des Klimas: „Ihre Zähne haben das Klima vor über 150 Millionen Jahren gespeichert – und jetzt beginnen wir, ihre Geschichten zu entschlüsseln.“

Auch Prof. Dr. Eva M. Griebeler, Ökologin an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und Co-Autorin der Studie, betont die Bedeutung der Ergebnisse: „Die Informationen zur damaligen Photosyntheseleistung sind auf anderem Wege kaum zugänglich, aber für das Verständnis der Struktur mariner und terrestrischer Nahrungsnetze von zentraler Bedeutung. Denn die verfügbare Pflanzenbiomasse bestimmt maßgeblich die Artenvielfalt und die Komplexität von Nahrungsketten in Ökosystemen.“

Prof. Dr. Thomas Tütken, Paläontologe an der JGU und ebenfalls an der Studie beteiligt, ergänzt: „Die Analyse der drei Sauerstoffisotope im Zahnschmelz erlaubt es uns, zu bestimmen, welcher Anteil des Sauerstoffs über die Atemluft und welcher über das Trinkwasser aufgenommen wurde. Das bietet nicht nur neue Einblicke in die Physiologie und Paläobiologie der Dinosaurier, sondern ist auch auf andere Wirbeltiere übertragbar.“

Die Methode eröffnet somit tiefgreifende Einblicke in die Veränderungen der Atmosphäre sowie in Klima- und Umweltbedingungen im Laufe der Erdgeschichte.

Schädel mit Zähnen eines Kaatedocus siberi. Fundort: Howe Ranch, Wyoming, USA © Sauriermuseum Aathal

Gefördert wurde das Forschungsprojekt von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) sowie im Rahmen des LOEWE-Programms des Hessischen Ministeriums für Wissenschaft und Forschung, Kunst und Kultur durch das VeWA-Konsortium.

D. Feng et al., Mesozoic atmospheric CO2 concentrations reconstructed from dinosaur tooth enamel, Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) 122: 33, 4. August 2025, DOI: 10.1073/pnas.2504324122