© Foto Diether von Goddenthow
© Foto Diether von Goddenthow

Im Frankfurter Congress Center Messe Frankfurt wurde feierlich die 76. Frankfurter Buchmesse eröffnet. Von heute an haben zunächst Fachbesucher Zutritt. Ab Freitagmittag, 18.Oktober, öffnet die weltweit größte Bücherschau auch für das allgemeine Lesepublikum ihre Pforten. Auf sie warten über 1.000 Autoren in 650 Veranstaltungen auf 15 Bühnen und mehr als 4.000 Aussteller, die ihre Neuerscheinungen präsentieren.

Auf der gestrigen Eröffnungspressekonferenz unterstrich Karin Schmidt-Friderichs: die Frankfurter Buchmesse sei ein Fest der Ideen, des Lesens und der Buchbegeisterung, der Vielfalt und der Debatte: „Die Buchmesse ist eine Agora des dialektischen Austauschs in wechselseitigem Respekt, ein Ort, an dem unterschiedliche Meinungen aufeinandertreffen, ohne aufeinanderzuprallen.“ Der konstruktive Meinungsaustausch sei angesichts zunehmender Polarisierung in der Gesellschaft von großer Bedeutung.

Die Buchbranche geht mit stabilen Umsätzen in die Buchmesse und den Bücherherbst. In den zentralen Vertriebswegen liegt das Geschäft nach neun Monaten mit einem Plus von 0,5 Prozent leicht über dem des Vorjahreszeitraums (Quelle: Media Control). Gerade die bei den jungen Menschen und bei #BookTok beliebten Genres New und Young Adult wachsen derzeit.

Karin Schmidt-Friderichs: „Bücher begeistern Menschen – und das sogar wieder mehr. Viele junge Leser*innen sind im absoluten Lesefieber. Sei es, weil sie in Geschichten ein- und abtauchen möchten, sei es, um Neues zu entdecken, sich Wissenswelten zu erschließen, sei es, um sich anhand sorgfältig recherchierter und klar formulierter Hintergrundinformationen eine eigene Meinung zu bilden oder diese zu überprüfen.“

Über diesen positiven Nachrichten sollten wir, so die Vorsteherin, allerdings nicht vergessen, dass jedes vierte Kind die Grundschule verlässt, ohne richtig lesen zu können. „Der Bildungsnotstand in unserem Land nimmt weiter zu. Und die Politik verschließt weitgehend die Augen davor. Dabei ist Lesekompetenz Grundlage für demokratische Teilhabe. Nur wer versteht, was in den Wahlprogrammen steht, also hinter die Kulisse markiger Wahlversprechen schaut, kann verantwortungsvoll wählen“, sagt Karin Schmidt-Friderichs.

Auch in Zeiten knapper Haushalte dürfe daher nicht an Bildung, an Kultur- und Leseförderung gespart werden. Neben wirksamen Initiativen zur Verbesserung der Lesefähigkeit sei die Fortführung des Kulturpasses für 18-Jährige wichtig, um auch künftig niedrigschwellige Zugänge zu Kultur und Literatur zu schaffen. Für die Meinungsbildung sei es ebenso unerlässlich, dass in Öffentlichkeit und Medien über kultur- und gesellschaftspolitische Fragen gesprochen werde. Es sei daher eine falsche Weichenstellung, wenn aktuell überlegt werde, die Kulturberichterstattung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk noch weiter zu reduzieren.

Zudem weist Karin Schmidt-Friderichs auf eine bedenkliche Zunahme bürokratischer Hürden hin, die Buchhandlungen, Verlage und Buchlogistiker immer mehr lähmten. Angesichts wachsender Nachweis- und Berichtspflichten, z.B. zu Lieferketten, Produktsicherheit und Verpackungswegen, oder drastisch gestiegener Anforderungen und Bearbeitungszeiten im Steuerrecht fordert die Vorsteherin dringend einen Abbau von Bürokratie.

Ein zentrales Thema für die Branche ist zurzeit Künstliche Intelligenz. KI biete viele Chancen, auch für Verlage, Buchhandlungen und die Logistik. Karin Schmidt-Friderichs: „KI kann unterstützen und assistieren, kann Prozesse vereinfachen und kreative Impulse geben. Was sie – zumindest noch – nicht kann: Überraschende, irritierende, berührende, inspirierende Texte schreiben. Und was oft vergessen wird: Die Fähigkeiten dieser Systeme basieren auf dem größten Datenklau der Geschichte. Urheberrechtlich geschützte Texte und Bilder wurden und werden millionenfach ohne das Einverständnis der Urheber*innen und ohne Honorarzahlungen als Trainingsmaterial für KIs eingesetzt. Das geht so nicht! Wir brauchen klare Regeln. Das europäische KI-Gesetz, der AI-Act, ist ein erster Schritt in die richtige Richtung, viele Punkte sind aber noch offen.“

Bei der gestrigen Eröffnung der Buchmesse sprachen zudem Juergen Boos, Direktor Frankfurter Buchmesse, Mike Josef, Oberbürgermeister der Stadt Frankfurt am Main, Boris Rhein, Hessischer Ministerpräsident, Claudia Roth, Staatsministerin für Kultur und Medien und Alessandro Giuli, Minister für Kultur der Italienischen Republik. Zu den Gastlandsprecherinnen bei der Eröffnungsfeier gehörten Susanna Tamaro, Physiker Carlo Rovelli und der Philosoph Stefano Zecchi.