„Ganz schön warm hier! Leben und Sterben in Messel“ Neue Sonderausstellung im Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum Frankfurt eröffnet am 4. Dezember 2025

Ausstellungsansicht: „Ganz schön warm hier! Leben und Sterben in Messel“ Neue Sonderausstellung im Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum Frankfurt eröffnet am 4. Dezember 2025

Frankfurt, 4.12.2025. Zwei Schildkröten, im Liebesakt erstarrt. Eine Schlange, die eine Echse verschlingt und mit ihr den Käfer, den diese gerade gefressen hat. Ein neugeborenes Urpferdchen-Fohlen, das sich an seine Mutter schmiegt. Die neue Sonderausstellung „Ganz schön warm hier! Leben und Sterben in Messel“ im Senckenberg Naturmuseum Frankfurt zeigt vom 5. Dezember bis 30. August 2026 das UNESCO-Weltnaturerbe Grube Messel wie nie zuvor: als Kaleidoskop voller Lebensgeschichten, Dramen, Zufälle und kleiner Wunder, die im Ölschiefer der Grube seit 47 Millionen Jahren bewahrt wurden.

„Im Messel-Jubiläumsjahr 2025 – 150 Jahre erster Fossilfund, 50 Jahre Senckenberg-Grabungen und 30 Jahre UNESCO-Weltnaturerbe – lädt die Ausstellung dazu ein, die Urzeit nicht nur als ferne Epoche zu betrachten, sondern auch als Bühne voller Akteure: räuberische Schlangen, zarte Insekten, fürsorgliche Urpferdchen, verliebte Schildkröten und seltene Vögel“, sagt Dr. Eva Roßmanith, kommissarische Leiterin des Senckenberg Naturmuseums und fährt fort: „Die Ausstellung erzählt Geschichten vom Fressen und Gefressen werden, von Geburt und Tod, von Farben, Federn, Blütenstaub – und nicht zuletzt vom damaligen Treibhausklima, das es in Europa in Zukunft auch wieder geben könnte.“

Die Ausstellung ist entlang dieser Geschichten aufgebaut. Das beginnt bereits im großen Landschaftsmodell, das einen Ausschnitt des urzeitlichen Messel-Sees in Miniatur zeigt: Fische und Krokodile gleiten durchs Wasser, Urpferde stehen am Ufer, Schildkröten nehmen ein Sonnenbad und Schlangen lauern zwischen Farnen. Von dort führt die Schau zu den spektakulären Fundgeschichten, für die Messel weltberühmt ist. Der „Dreierfund“ aus Schlange, mit Echse im Bauch, die wiederum einen Käfer fraß, ist nur eine davon – in einem einzigen Fossil liegen drei Leben übereinander. Kurios: Ein kleines Säugetier, das von einer Schlange verschlungen und wieder ausgewürgt wurde, blieb in zusammengepresster „Wurstgestalt“ erhalten. Ein fossiler Krokodil-Kot – anfassen für Besuchende erlaubt – dessen Inhalt per CT sichtbar gemacht wird, erinnert daran, dass Paläontologie häufig wie Detektivarbeit funktioniert.

Urpferdchen mit Fohlen. Foto: Senckenberg, Tränkner

Manche Fossilien zeigen uns Zärtlichkeit, andere Brutalität und einige sind kurios. „Zusammen ergeben sie ein Bild vom Leben, wie es wirklich war“, sagt Kurator Dr. Thorolf Müller. Jedes Fossil ist eine erzählerische Momentaufnahme, die über reine Daten und Fakten hinausgeht. „Es ist, als würde man in ein Fotoalbum schauen, das 47 Millionen Jahre alt ist“, sagt Müller. Davon zeugen auch die beiden Schildkröten, die während der Paarung starben, oder Tiere mit ihren ungeborenen Jungen im Bauch: ein Urpferd, eine Fledermaus, eine Boa und ein Vertreter der ausgestorbenen Paarhufergattung Messelobunodon. Das Modell eines neugeborenen Urpferdchens mit seiner Mutter ergänzt die seltenen Funde um eine emotionale Perspektive. Im Bereich „Zart und bunt“ macht die Ausstellung sichtbar, wie fein Messel-Funde konserviert sein können: Insekten, die noch immer bunt schimmern wie am ersten Tag, detailliert erhaltene Vogelfederstrukturen, das feine Haarkleid einer Schlafmaus.

Das Klima selbst wird im Bereich „Im Treibhaus“ zum Protagonisten: Ein echter Bohrkern, Blatt-Fossilien und Filmaufnahmen aus Laborsituationen zeigen, wie Forschende das warm-feuchte „Messel-Wetter“ rekonstruieren. Zum Abschluss widmet sich die Schau der Vogelvielfalt: kleine Messelrallen, der einzigartige Wasservogel Juncitarsus merkeli, Vergleiche mit Skeletten heute lebender Vögel und die rätselhafte Beobachtung, dass von großen Vögeln oft nur die Füße übrigblieben – der Rest fiel vermutlich hungrigen Krokodilen zum Opfer.

Darüber hinaus finden Besuchende an ausgewählten Exponaten QR-Codes, die zu digitalen Geschichten und Bezügen zu anderen Funden führen. Diese erzählerischen Verbindungen – die „Konstellationen“ – laden dazu ein, Messel aus neuen Perspektiven zu entdecken. Entwickelt wurden sie vom Deutschen Filminstitut & Filmmuseum e. V. und sind in drei Häusern des Rhein-Main-Gebietes erlebbar: im Hessischen Landesmuseum Darmstadt, im Museum an der Grube Messel und im Senckenberg Naturmuseum.

Der zwei Meter große Riesenvogel Diatryma durchstreifte Messels Urwälder Foto: Senckenberg, Tränkner

Interaktive Elemente wie eine Medienstation im Stil eines alten Arcade-Spielautomaten, an dem nicht nur Kinder virtuell Fossilien freilegen können, runden die Schau ab. Ergänzt wird sie durch die aktualisierte Messel-Dauerausstellung im Untergeschoss, wo das neue Modell des imposanten Laufvogels Diatryma und weitere lebensnahe Tiermodelle den Blick in die Vergangenheit komplettieren.

Die Ausstellung wird gefördert durch die Lipoid Stiftung, die BNP Paribas Stiftung, die Merck’sche Gesellschaft für Kunst und Wissenschaft, die DZ BANK Stiftung, Lotto Hessen, Senckenberg-Mitgliederspenden sowie zahlreiche Einzelspenden.

Eine Vortragsreihe sowie ein vielfältiges Begleit- und Bildungsprogramm ergänzt die Ausstellung. Weitere Informationen auf der Webseite des Museums unter: https://museumfrankfurt.senckenberg.de/de/kalender/
sowie unter https://museumfrankfurt.senckenberg.de/de/projekte/bildungsprogramm-messel/

Alle Termine der Vortragsreihe und Zugangsdaten zur Online-teilnahme unter: www.senckenberg.de/vortraege_messel

Das gesamte Jubiläumsprogramm „Messeljahr 2025“:
https://messeljahr2025.de