Seelenlandschaften – Das Arp Museum öffnet ab 23.11.2025 ein faszinierendes Kapitel der europäischen Kunstgeschichte

James Ensor, Skelett verhaftet Maskierte, 1891, © The Phoebus Foundation Antwerp

Mit der Ausstellung Seelenlandschaften James Ensor – Claude Monet – Léon Spilliaert schlägt das Arp Museum Bahnhof Rolandseck vom 23. November 2025 – 8. März 2026 ein außergewöhnliches Kapitel europäischer Kunstgeschichte auf. In einer hochkarätigen Zusammenstellung aus 28 Gemälden und Skulpturen zeigt das Haus Werke belgischer Meister des späten 19. Jahrhunderts aus der bedeutenden Sammlung The Phoebus Foundation, Antwerp – darunter James Ensor, Léon Spilliaert, George Minne und Théo van Rysselberghe. Die Präsentation wird erweitert durch ausgewählte Meisterwerke der Sammlung Rau für UNICEF, wodurch ein generations- und länderübergreifender Dialog entsteht, der die Kunst des späten 19. Jahrhunderts in ihrer ganzen emotionalen, ästhetischen und geistigen Bandbreite erfahrbar macht.

„Die Ausstellung zeigt Highlights aus einer der interessantesten und umfangreichsten Sammlungen Belgiens“, unterstreicht Museumsdirektorin Dr. Julia Wallner. In Zusammenarbeit mit der herausragenden The Phoebus Foundation, Antwerp sei einer „der schönsten Sammlungsdialoge erwachsen, den wir im Arp Museum je realisieren konnten: Zwischen der flirrenden Schönheit der Gemälde des Impressionismus und der Fauves und den abgründigen Seelenlandschaften des Symbolismus im Fin de Siècle offenbart sich ein reiches, europäisch agierendes künstlerisches Netzwerk an der Wende zur Moderne.“

The Phoebus Foundation zu Gast – Einblicke in eine belgische Schatzkammer

Ausstellungsansicht Seelenlandschaften © Foto: Helmut Reinelt

Mit der Präsentation der Sammlung The Phoebus Foundation erhält das Publikum außergewöhnlichen Zugang zu Belgiens reichen Kunstlandschaften des späten 19. Jahrhunderts. Die Stiftung, die erst 2023 als Gemeinnützige Stiftung anerkannt wurde, widmet sich der Bewahrung, Forschung und öffentlichen Vermittlung bedeutender Kunstwerke. Die Werke aus Antwerpen treten im Arp Museum in ein vielschichtiges Gespräch mit französischen Positionen der Sammlung Rau für UNICEF und machen sichtbar, wie eng die Avantgarden von Paris und Brüssel zur Jahrhundertwende verflochten waren.

Katharina Binz, Ministerin für Familie, Frauen, Kultur und Integration des Landes Rheinland-Pfalz, sagt, dass das Arp Museum mit dieser Ausstellung erneut zeige, „wie wichtig internationale Kooperationen in unserer heutigen Zeit sind: als Mittel des Dialogs zwischen Geschichte und Gegenwart. Die bedeutende Ausstellung öffnet ein Fenster in die vibrierende Kunstszene unseres Nachbarlandes Belgien zur Jahrhundertwende und kombiniert diesen Blick mit herausragenden Werken von Claude Monet, Auguste Renoir, Paula Modersohn-Becker und vielen anderen.“

Netzwerke der Moderne – Eine europäische Künstlerachse zwischen Brüssel und Paris

„In unsicheren Zeiten bieten Netzwerke Schutz, aber auch Experimentierfeld für Gedankenspiele, Impressionen, Abstraktionen. Diese Ausstellung widmet sich genau diesen Künstler-Netzwerken des späten 19. Jahrhunderts, und zwar auf der Schiene Paris–Brüssel. Vier bahnbrechende Kunstströmungen wachsen dank dieses europäischen Dialogs zwischen Frankreich und Belgien.“, diese dynamischen Verflechtungen als Brennpunkt des Ausstellungskonzepts aufzuzeigen, sei eine zentrale Intention dieser Ausstellung, so Kuratorin Dr. Susanne Blöcker den Ansatz des Ausstellungskonzeptes

Deutlich wird, das im Fin de Siècle sich Brüssel und Paris zu pulsierenden miteinander korrespondierende Zentren der Avantgarde entwickelten. Hier entstanden Inspirationsnetzwerke, in denen Maler wie Claude Monet, Paul Signac, Auguste Renoir, James Ensor oder George Minne in regem Austausch standen. Dieser kulturelle Dialog legte den Grundstein für vier bedeutende Kunstströmungen: Impressionismus, Pointillismus, Symbolismus und Fauvismus, so die Kuratorin.

Wichtig war zudem auch, in der Ausstellung einmal den Blick auf den Sammler und die Sammlungsgeschichte zu richten. „Das Sammeln der Kunst war für Gustav Rau“, so Stephan Grünewald, Komiteemitglied von UNICEF Deutschland, „immer sehr persönlich. Jedes Kunstwerk war ihm Ausdruck seiner inneren Welt, seiner Seelenlandschaften. Genau dies eint ihn mit Fernand Huts, Vorsitzender der Antwerpener The Phoebus Foundation. Dies macht das Besondere beider Sammlungen aus.“
Die Gliederung der Ausstellung – Vier Wege durch die Kunstlandschaften der Jahrhundertwende

1. Licht an! Der Impressionismus in Frankreich und Belgien

Ausstellungsansicht Seelenlandschaften © Foto: Helmut Reinelt

Die Schau beginnt mit einem Kapitel, das die revolutionäre Kraft des Impressionismus sichtbar macht. Claude Monet, Auguste Renoir und ihre Weggefährten suchten das Flüchtige, das Atmosphärische, das Wechselspiel des Lichts – ein radikal neuer Blick auf die Welt. In Belgien stieß diese Kunst auf fruchtbaren Boden, besonders bei Emile Claus, der im Austausch mit Pissarro und Monet den Luminismus entwickelte. Seine strahlenden Ansichten der flämischen Leie treten in der Ausstellung in einen intensiven Dialog mit Monets Lichtlandschaften und zeigen, wie stark die europäische Malerei dieser Zeit durch neue wissenschaftliche Erkenntnisse und Sehgewohnheiten geprägt war.

2. Farbleuchten – Die Pointillisten der Gruppe Les Vingt
Mit der 1883 gegründeten Künstlergruppe Les Vingt wurde Brüssel zum Zentrum einer Neoavantgarde. James Ensor, Fernand Khnopff und Théo van Rysselberghe suchten Kontakt zu internationalen Strömungen und nahmen Elemente des Pointillismus auf, wie sie von Georges Seurat und Paul Signac entwickelt worden waren. Die Methode, reine Farben in Punkten nebeneinanderzusetzen, erzeugt eine vibrierende Bildwirkung, die die belgischen Künstler mit poetischen Stimmungen verbanden. Van Rysselberghe und Signac, lebenslang befreundet, trugen entscheidend dazu bei, Brüssels Kunstszene mit der Pariser Avantgarde zu vernetzen.

3. Die Landschaft der Seele – Symbolismus und Libre Esthétique
Mit dem Symbolismus verlagert sich der Fokus von äußeren Landschaften in innere Welten. Die 1890 gegründete La Libre Esthétique setzte an die Stelle äußerer Beobachtung eine kunstpsychologische Vertiefung. Die Werke der belgischen Symbolisten – etwa von Léon Spilliaert, Fernand Khnopff, Félicien Rops und James Ensor – beschäftigten sich mit Träumen, Ängsten, Einsamkeit und metaphysischen Fragen. Ensors Masken werden zu grotesken Spiegeln des Selbst, Spilliaerts nachtgestalten wandeln wie Schatten durch Ostende. Skulpturen wie jene von George Minne oder die stillen Landschaften Valerius De Saedeleers machen die Stimmung der Jahrhundertwende spürbar: ein Ringen nach Innerlichkeit in einer Zeit gesellschaftlicher und technologischer Umbrüche.

Maurice Denis, Juli, 1892 © Arp Museum Bahnhof Rolandseck Sammlung Rau für UNICEF, Foto Peter Schälchli, Zürich

4. Die Revolution des Ausdrucks – Die Fauves im Salon d’Automne
Mit dem Fauvismus bricht die Farbe endgültig aus ihrer traditionellen Funktion heraus. Der Pariser Salon d’Automne von 1905 wurde von Kritiker Louis Vauxcelles als Schau der „wilden Bestien“ bezeichnet – ein Name, der den Fauves blieb. André Derain, Maurice de Vlaminck und ihre Mitstreiter suchten die reine emotionale Kraft der Farbe. In Belgien fand dieser Ansatz begeisterte Anhänger wie Rik Wouters und Edgard Tytgat, denen es gelang, eine heitere, lebensbejahende Bildsprache zu entwickeln, die dem dunklen Symbolismus ein völlig anderes Lebensgefühl entgegensetzte. Die Ausstellung zeigt eindrucksvoll, wie dieser eruptive Farbimpuls den Weg zur Abstraktion eröffnete.

Über The Phoebus Foundation, Antwerp
Die Antwerpener Stiftung verbindet Kunstsammlung, Forschung und kulturelle Vermittlung. Sie sorgt für die wissenschaftliche Aufarbeitung, Erhaltung und Präsentation einer Sammlung, die ursprünglich als privates Engagement von Fernand Huts, Karine Van den Heuvel und der familiengeführten Katoen-Natie-Gruppe begann. Heute zählt sie zu den bedeutenden Kulturstiftungen Belgiens.

Katalog
Der Ausstellungskatalog Seelenlandschaften 1874–1914 erscheint im Verlag Landesstiftung Arp Museum Bahnhof Rolandseck. Herausgegeben von Dr. Julia Wallner und Dr. Susanne Blöcker, enthält er Beiträge ausgewiesener Expert*innen wie Cathérine Verleysen, Götz Czymmek, Kerstin Thomas, Herwig Todts, Anna Kuwalewski und Bettina Zeman.
144 Seiten • 24,50 Euro • erhältlich im Museumsshop

Audioguide
Der kostenfreie Audioguide zur Ausstellung umfasst 25 Texte mit rund 60 Minuten Laufzeit. Er beleuchtet die Sammlungen Rau für UNICEF und The Phoebus Foundation sowie ausgewählte Werke und Künstler*innen. Die kunsthistorischen Vertiefungen stammen von Rosalie Rathaj (Johannes Gutenberg-Universität Mainz). Der Audioguide ist über die App Arp Museum abrufbar oder als Leihgerät (3 Euro) erhältlich.

Museumskoffer
Sechs Museumskoffer der Universität Paderborn ergänzen die Vermittlungsarbeit. Sie eröffnen kreative Zugänge zum Symbolismus – etwa über Künstlerkolonien, literarische Einflüsse wie Edgar Allan Poe oder die Welt Léon Spilliaerts. Zwei Koffer befinden sich vor der Kunstkammer Rau, vier weitere im Arp Labor für experimentelle Kunstvermittlung.

Ort:
Landes-Stiftung Arp Museum Bahnhof Rolandseck
Hans-Arp-Allee 1
53424 Remagen