Ophelia zieht die Swifties an – Jugendstil trifft Popkultur im Museum Wiesbaden

Friedrich Wilhelm Theodor Heyser „Ophelia“, 1900, Wiesbadener Museum. © Foto Diether von Goddenthow

Wiesbadens Jugendstil- und Art-Nouveau-Sammlung von Ferdinand Wolfgang Neess gehört zu den schönsten Jugendstil-Sammlungen überhaupt. Nun gelangt sie – durch ein einziges Gemälde – von ganz unerwarteter Seite zu neuer Popularität:
Vor dem Jugendstil-Gemälde „Ophelia“ von Friedrich Wilhelm Theodor Heyser drängen sich plötzlich Dutzende Besucherinnen und Besucher – Smartphones in der Hand, glitzernde Outfits, aufgeregtes Flüstern. Der Grund für den Ansturm: Taylor Swift.
Seit die US-Sängerin in ihrem jüngsten Album „The Fate of Ophelia“ das Motiv der versunkenen Shakespeare-Heldin neu interpretiert und im dazugehörigen Musikvideo eine Szene zeigt, die verblüffend an Heysers Bild erinnert, ist das Werk zum Pop-Phänomen geworden.
Wo bisher Kunstliebhaberinnen und -liebhaber in Ruhe den zarten Pinselstrich und die symbolistische Farbigkeit des wunderbar allegorischen Gemäldes bewunderten, posieren nun zunehmend auch – Swifties aus aller Welt – vor der Leinwand.
Das um 1900 entstandene Werk zeigt Ophelia, die tragische Figur aus Hamlet, in einer Zwischenzeit –  in einem Moment zwischen Leben und Tod: im Wasser, umgeben von Blüten, den Blick in eine ferne Stille gerichtet. Heyser, ein Schüler der Spätromantik, malte sie als Sinnbild von Schönheit und Vergänglichkeit.

Swift aber verwandelte dieses Bild in ein Symbol weiblicher Selbstbestimmung – ihre Ophelia sinkt nicht, sie erhebt sich.
Seitdem ist das Museum Wiesbaden zu einem „Wallfahrtsort“ geworden. Täglich bilden sich Schlangen vor dem Saal, in dem „Ophelia“ hängt. Teenager in Taylor-Swift-T-Shirts stehen neben älteren Kunstfreunden, die neugierig auf das Phänomen blicken.

Wie Sarah Schadt vom Landesmuseum Wiesbaden in SWR Kultur am 9.10.2025 versicherte, sei das Museumsteam sich ganz sicher, das in dem Musikvideo tatsächlich Heysers Werk zitiert wird: „Dieses weite, wallende, weiße Gewand das sie da trägt. Auch der ganze dunkelgrüne Hintergrund, der so geheimnisvoll erscheint, mit kleinen roten und weißen Blüten die da versteckt sind. Und auch die Pose die Taylor Swift in ihrem Musikvideo einnimmt – das ist wirklich alles eins zu eins unser Werk.“

Die für den 2. November 2025 anberaumte Taylor-Swift-Fan-Veranstaltung war binnen weniger Stunden ausgebucht gewesen. Eine Sonderführung mit Musik, Kunstgeschichte und Selfie-Spot – alles im Zeichen von „Ophelia“.

Übrigens kann man Heysers Werk Ophelia auch zu den regulären Öffnungszeiten des Museums Wiesbaden besichtigen. Der Weg dorthin führt durch eine der schönsten Jugendstilsammlungen überhaupt.
Was wie ein PR-Zufall begann, ist längst zu einer kulturellen Brücke geworden: Zwischen Jugendstil und Popkultur, zwischen Museum und Musikvideo, zwischen Generationen. Die zarte Gestalt im Wasser hat wieder zu sprechen begonnen – und diesmal hört die ganze Welt zu.

(Diether von Goddenthow – RheinMainKultur.de)

Zum Andenken:  Heysers „Ophelia“ gibt’s als Plakatdruck in Originalgröße für 10 Euro an der Museumskasse.

Hessisches Landesmuseum
für Kunst und Natur
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