Lichtshow am Landtag: Der Hessische Löwe schlägt 80 Jahre Demokratiegeschichte auf


Hessen feiert seinen 80. Geburtstag. Anlässlich dieses Landesjubiläums präsentiert der Hessische Landtag künftig jeden Abend ab 20:30 Uhr auf der historischen Fassade des Wiesbadener Stadtschlosses die Lichtinstallation „Hessischen Löwengeschichte(n) – Vom Schloss zum Parlamentssitz“. Mit ihr beleuchtet er seine Historie und lädt zum Besuch des Parlaments ein.

Gestern Abend gaben Landtagspräsidentin Astrid Wallmann, Oberbürgermeister Gerd-Uwe Mende und Stadtverordnetenvorsteher Dr. Gerhard Obermayr gemeinsam mit zahlreichen Gästen aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, mit Gästen aus den USA sowie mit Wiesbadener Bürgerinnen und Bürgern auf dem Schlossplatz zwischen Rathaus und Hessischem Parlament den Startschuss zur Lichtinstallation „Hessische Löwengeschichte(n)“.

„Geschichte sichtbar machen und demokratisches Miteinander stärken“ Landtagspräsidentin Astrid Wallmann am 2. Oktober 2025 beim Empfangs anlässlich des 80. Jahrestages der Proklamation Hessens im historischen Musikzimmer des Stadtschlosses, dem ersten provisorischen Parlamentssaal des hessischen Landtags. © Foto Diether von Goddenthow

Die beeindruckende Lichtinstallation zeigt den zum Leben erweckten, fassadenkletternden steinernen nassauischen Löwen, der sich zum hessischen Wappenlöwen wandelt. Als visueller Moderator schlägt er auf der Schlossfassade 8 Minuten lang Kapitel für Kapitel der hessischen Landesgeschichte von 1945 bis heute auf und macht sie lebendig.

Landtagspräsidentin Astrid Wallmann drückt um 20.30 Uhr auf dem Wiesbadener Schlossplatz mit Leo den Startknopf zur Lichtinstallation „Hessische Löwengeschichte(n)“ © Foto Diether von Goddenthow

Bei der Premiere der Illumination sagte Landtagspräsidentin Astrid Wallmann (CDU), dass hierdurch Geschichte auch mal im Stadtraum sichtbar gemacht und das demokratische Miteinander gestärkt werden solle: „Anhand der Vergangenheit des Wiesbadener Stadtschlosses lässt sich exemplarisch Hessens Weg von der Monarchie über Revolutionen, Besatzungen, Kriege und Diktatur bis hin zu unserer heutigen parlamentarischen Demokratie nachvollziehen. Mit dieser innovativen Lichtshow präsentieren wir uns als ein offenes und modernes Haus. Wir wollen unsere Geschichte sichtbar machen und dazu animieren, den Landtag zu besuchen. Ich wünsche mir, dass diese Illumination nicht nur für Staunen sorgt, sondern auch neugierig macht, unser Parlament und dessen Rolle für die Demokratie kennenzulernen.“

Dank an die amerikanischen Freunde

Dank an die USA, an die US-amerikanischen Besatzungstruppen, da diese nicht auf Rache sannen, sondern stattdessen den politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Wiederaufbau des Landes förderten. Das ist ein historisches Glück, wofür wir Hessen und Deutsche immer dankbar sein werden, so Astrid Wallmann. © Foto Diether von Goddenthow

An die Freunde aus den USA gerichtet, sagte die Landtagspräsidentin Astrid Wallmann angesichts der Unterstützung der US-Streitkräfte in den vergangenen 80 Jahren: „Dass wir dieses Jubiläum gemeinsam feiern können, ist keine Selbstverständlichkeit – schließlich war der furchtbare Krieg, den die Deutschen weiten Teilen der Welt aufgezwungen hatten und der viele Millionen Menschen das Leben kostete, zum Zeitpunkt der Proklamation gerade einmal seit vier Monaten beendet. Dass in dieser Situation die US- amerikanischen Besatzungstruppen nicht auf Rache sannen, sondern stattdessen den politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Wiederaufbau des Landes förderten, ist ein historisches Glück, wofür wir Hessen und Deutsche immer dankbar sein werden. Aus den einstigen Feinden im Krieg wurden so innerhalb weniger Jahre politische Verbündete und Freunde.“

Die amerikanische Militärregierung hat Wiesbaden zur Hauptstadt bestimmt

Stadtverordnetenvorsteher Dr. Gerhard Obermayr: „Mit der Entscheidung wurde Wiesbaden nun zum Zentrum eines demokratischen Neubeginns.!“ © Foto Diether von Goddenthow

Auch Stadtverordnetenvorsteher Dr. Gerhard Obermayer unterstrich, dass 80 Jahre Hessen, 80 Jahre Leben in Frieden und Freiheit bedeutet, und dies ohne die Hilfe durch die amerikanische Militärregierung nicht möglich gewesen wäre. Sie habe „1945 die neuen Strukturen des Staates Groß-Hessen verfügt“, mit klarer Ansage, nämlich, dass sich die Menschen des Landes im freiheitlichen und demokratischen Geist eines künftigen Rechtsstaats in Würde, aber auch mit eigener Anstrengung ihr neues Leben aufbauen sollten, so Obermayr. „Diese Geburtsstunde, und aus heutiger Sicht wissen wir, diese gelungene Geburtsstunde haben wir unseren amerikanischen Freunden zu verdanken: dem damaligen Präsidenten aber eben auch den Befehlshabern vor Ort, allen voran General Newman. Die amerikanische Militärregierung hat Wiesbaden zur Hauptstadt bestimmt. Am 1. Oktober überbrachte der amerikanische Colonel James R. Newman mit der Lizenz für den Kurier zugleich auch die Nachricht, dass Wiesbaden Sitz der Landesregierung des neuen Bundeslandes sein werde. Dies war am 2. Oktober der Aufmacher der ersten Ausgabe der Zeitung. Am 12. Oktober 1945 wurde Wiesbaden als neue Hauptstadt offiziell proklamiert, so Obermayr.

Der Plenarsaal des Hessischen Landtages bildet die Herzkammer der hessischen Demokratie, in ihm wird über die Politik Hessens diskutiert und über Gesetze entschieden. Seit der letzten Landtagswahl im Jahr 2023 – der 21. seit der Gründung Hessens im Jahr 1946 – vertreten 133 Abgeordnete in fünf Fraktionen die Interessen der Bürgerinnen und Bürger Hessens. © Foto Diether von Goddenthow

Mit dieser Entscheidung, so der Stadtverordnetenvorsteher, wurde Wiesbaden zum Zentrum eines demokratischen Neubeginns. Heute sei die Stadt die politische Herzkammer Hessens und Teil des wirtschaftsstarken Rhein-Main-Gebiets – dem „powerhouse of Germany“.
Wiesbaden ist Sitz der Staatskanzlei, der Landesministerien, von Bundesbehörden und des Parlaments in diesem Schloss. Nach 1945 erlebte die Stadt eine zweite Blüte: Sie wuchs, modernisierte sich und bewahrte zugleich ihren historischen Charakter.
Auch Namen wie Bill Ramsey und Elvis Presley sowie die internationale Graffiti-Szene prägten das weltweite Image Wiesbadens, so Obermayr.

Die Meinungsfreiheit begann in Hessen vor 80 Jahren

Oberbürgermeister Gerd-Uwe Mende: „Wiesbaden hat sich nach 1945 als Ort demokratischer Neugestaltung profiliert. Bereits im Herbst wurden hier politische Parteien zugelassen“. © Foto Diether von Goddenthow

Oberbürgermeister Gerd-Uwe Mende unterstrich, welch unverzichtbare Rolle unsere amerikanischen Freunde gespielt haben und ging auf den Demokratisierungsprozess sowie die Etablierung einer von Meinungsfreiheit geprägten neuen Presse und Pressefreiheit ein. „Dank dieser Partner- und Schutzgemeinschaft konnte die Gesellschaft neu geordnet werden, konnte der öffentliche Diskurs wieder gedeihen,
„Wiesbaden hat sich nach 1945 als Ort demokratischer Neugestaltung profiliert. Bereits im Herbst wurden hier politische Parteien zugelassen, demokratische Gremien gebildet und der Aufbauausschuss Wiesbaden – später Bürgerrat – gegründet, ein erster Vorläufer unserer kommunalen Demokratie.

So ist die hessische Landeshauptstadt bis heute ein aktiver Ort demokratischer Verantwortung. Wir wissen um die Gefährdungen, wir wissen um die Versuchungen, die offene Gesellschaft zu untergraben, und wir wissen um die Verpflichtung, die Freiheit gegen Missbrauch und Manipulation zu verteidigen. In dieser Stadt, in diesem Land ist Meinungsfreiheit nicht nur ein hohes Gut, sie ist gelebter Alltag.

Am 12. Oktober 1945 wurde die neue Hauptstadt offiziell proklamiert. Öffentlich bekannt wurde dies mit dem Erscheinen der ersten unabhängigen Zeitung nach Kriegsende – dem Wiesbadener Kurier – am heutigen 2. Oktober.“, so der Oberbürgermeister.

Die Löwen-Schau am Stadtschloss, dem Hessischen Parlamentsgebäude

Die „Hessischen Löwengeschichte(n)“ erzählt anlässlich des Jubiläums 80 Jahre Hessens. Bild: Im März 1848 erschüttert die Revolution auch das Stadt-Schloss in Wiesbaden. Wie überall auf dem Kontinent demonstrieren auch in Nassau die Bürgerinnen und Bürger für mehr Freiheit, Mitbestimmung und gegen die reaktionäre Politik des Herzogs. Unter dem Druck von 30.000 Demonstranten aus allen Landesteilen, die sich am 4. März vor der Residenz versammeln, verspricht Herzog Adolf vom Balkon des Schlosses, die „Neun Forderungen der Nassauer“ zu erfüllen. Der Löwe angelt symbolisch die auf diese Weise gewährten Bürgerrechte vom Balkon – die mit dem Ende der Revolution nur wenig später wieder eingeschränkt werden. © Foto Diether von Goddenthow

Das Lichterspektakel setzt im Jahr 1837 ein – in der Epoche der Herzöge von Nassau und mit dem Bau des Stadtschlosses. Bis heute lässt sich das prachtvolle Innere des klassizistischen Gebäudes bei einem Besuch im Landtag bestaunen. In der Illumination erscheint es in leuchtenden Ornamenten und fantastischen Fabelwesen, die der Hessenlöwe auf die schlichte Schlossfassade projiziert.
Die Zeitreise führt von der Revolution im März 1848 weiter in das Schicksalsjahr 1866, als aus der nassauischen Hauptstadt Wiesbaden eine preußische Provinzstadt wurde. Auf der Fassade wird daran erinnert, dass das Schloss Kaiser Wilhelm I. und seinem Enkel als häufig genutzte Nebenresidenz diente. Nach dem Ersten Weltkrieg folgte die Besetzung der Stadt: Zunächst nutzten französische, später britische Truppen das Schloss als Hauptquartier.

In der frühen NS-Zeit wurde das Stadtschloss zunächst Museum; nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs nahm dort die Wehrmacht ihren Sitz. Bilder von Zerstörung und Leid erscheinen eindrücklich auf der Fassade. Am 19. September 1945 proklamierten die US-amerikanischen Streitkräfte Groß-Hessen und bestimmten kurz darauf Wiesbaden zur Hauptstadt des neuen Landes. In der Lichtinstallation wird dieses Kapitel anhand historischer Originaldokumente sichtbar.

Am 1. Dezember 1946 trat die Verfassung des Landes Hessen in Kraft. Seither ist das Schloss Sitz des Hessischen Landtags und bildet als Parlament das legislative Herz des Landes. Der virtuelle Hessenlöwe führt die Zuschauerinnen und Zuschauer durch Vergangenheit und Gegenwart des Landtags: Er öffnet Einblicke in den historischen Musiksaal, der bis 1962 als Plenarsaal diente, ebenso wie in den modernen Plenarsaal, der seit 2008 die Herzkammer der hessischen Demokratie darstellt.

Illumination als Auftakt zu „80 Jahre Hessen“

Und allabendlich grüßt das Wappentier, um 20.30 Uhr, am Wiesbadener Stadt-Schloss, Teil des Hessischen Landtags. © Foto Diether von Goddenthow

Im Jahr 2026 feiert der Hessische Landtag die Geschichte des Landes mit zahlreichen Veranstaltungen. Die Lichtshow bildet den festlichen Auftakt des Jubiläumsjahres zum 80. Jahrestag der Proklamation Hessens. Sie schenkt Wiesbaden – der Stadt, die am 2. Oktober 1945 zur Landeshauptstadt ausgerufen wurde – zugleich ein dauerhaftes neues Wahrzeichen.

Die Illumination ist in den Wintermonaten täglich ab 20:30 Uhr am Schlossplatz zu sehen. In den Sommermonaten beginnt sie, angepasst an die später einsetzende Dunkelheit, zu späterer Stunde.

 

(Hessischer Landtag / Diether von Goddenthow – RheinMainKultur.de)