
42 Jugendliche im Alter zwischen 13 und 16 Jahren – die Juroren der „JungeMedienJury“ – haben am 3. Dezember 2025 in der 49. Etage von Deutschlands höchstem Gebäude, dem 259 Meter hohen Commerzbank-Tower, im Panoramasaal die Prämierung von Neuerscheinungen in vier Medienkategorien vorgenommen: Das beste Jugendbuch, Der beste Comic/Manga, Das beste Game und Die beste Serie.
Sechs Monate lang hatten sich die 42 Jugendlichen im Rahmen des traditionsreichen, von der Frankfurter Stadtbücherei unter Leitung von Roswitha Kopp betreuten Projekts intensiv mit verschiedenen Medien auseinandergesetzt. In demokratischen Prozessen ermittelten sie aus einer Vielzahl von Neuerscheinungen ihre Favoriten, die sie an diesem Abend im feierlichen Rahmen im Panoramasaal präsentierten und zu Siegertiteln kürten. Zusätzlich gaben sie in jeder Sparte zwei Medienempfehlungen ab. In 21 Jahren haben so insgesamt 975 Jugendliche 1.565 Titel im Rahmen des Projekts „JungeMedienJury“ bewertet.
In diesem Jahr galt es, über 60 aktuelle Medien quer durch alle Genres – von Action über Drama, Krimi, Romance, Science-Fiction und Western bis hin zu Zeitgeschichte – zu sichten. Das bedeutete: Bücher lesen, Filme und Serien ansehen, Games spielen und diese nach den Bewertungskriterien im Bereich Text („Charaktere“, „Verständlichkeit“, „Lust, weiterzulesen“) sowie im Bereich Bild („Cover“, „Atmosphäre“, „Kontinuität“) zu beurteilen.
Projektziele seien, so Dr. Sabine Homilius, Leiterin der Stadtbücherei Frankfurt am Main, die Förderung eines kritischen Medienkonsums, die Schulung der Diskussionsfähigkeit junger Menschen, das ernsthafte Einbeziehen jugendlicher Medienmeinungen in die Gesellschaft sowie – wie hier – das Schaffen eines öffentlichen Forums für sie. Zudem wolle man ihre Medienkompetenz über Peergroups stärken, Netzwerke untereinander fördern und Freundschaften ermöglichen.
Bereichsvorstand Andreas Thiessen von der gastgebenden Commerzbank, der als Hausherr die Begrüßung übernahm, führte locker durch den Abend und ermutigte die Jugendlichen, sich ihre Leichtigkeit zu bewahren und nicht immer nur problematische Themen zu wählen – schwere Themen kämen im Leben noch früh genug auf sie zu. Und tatsächlich fand in diesem Jahr inhaltlich vorwiegend eher „schwere Kost“ Eingang in die Auswahl.

Die Siegertitel waren:
Das beste Jugendbuch: Joanna Ho: Und zwischen uns ein Ozean aus Schweigen (cbj, 2024).
Es handelt von der 17-jährigen US-Amerikanerin mit chinesisch-taiwanesischen Wurzeln, Maybelline Chen. Ihr älterer Bruder Danny gilt als der „perfekte Sohn“ mit einer Yale/Princeton-Zusage, leidet jedoch im Verborgenen unter Depressionen und nimmt sich das Leben. May steht plötzlich vor Trauer, Schuldgefühlen und einem entfesselten Rassismus gegenüber ihrer Familie – sie schreibt einen Zeitungsartikel als Gegenreaktion und lernt dabei, ihre Stimme und ihre Identität zu finden.
Weitere Empfehlungen:
Dirk Reinhardt: No Alternative, Gerstenberg, 2024
Annika Scheffel: Alle Farben von Licht, Carlsen, 2024
Der beste Comic/Manga: Jenny Jinya: Loving Reaper (Panini, 2025).
Er thematisiert das Verhältnis zwischen Menschen und Tieren: wie Tiere unser Leben bereichern – und wie sie oft leidvoll von uns behandelt werden. In diesen Geschichten erscheint die Figur des „Loving Reaper“, ein Sensenmann mit Mitgefühl, der jene Tiere begleitet, die ein schmerzhaftes Leben hatten und einen liebevollen Abschied verdienen.
Weitere Empfehlungen:
Sumiko Arai: The Guy She Was Interested in Wasn’t a Guy at All, Carlsen, 2024
Irene Marchesini & Carlotta Dicataldo: Rebis – Ein Kind der Natur, Cross Cult, 2024
Das beste Game: Split Fiction (Action-Adventure, Hazelight Studios, 2025).
Dabei handelt es sich um ein kooperatives Action-Adventure, in dem zwei Autorinnen – Mio und Zoe – durch ein fehlgeschlagenes Experiment in ihre eigenen Geschichten hineingezogen werden. Die eine schreibt Science-Fiction, die andere Fantasy, und so wechseln die Spieler ständig zwischen zwei völlig unterschiedlichen Welten. Gemeinsam müssen die beiden Figuren ihre Kräfte vereinen, um aus den von ihnen geschaffenen Universen zu entkommen, ihre Freundschaft zu retten und wieder zu ihrer kreativen Inspiration zu finden.
Weitere Empfehlungen:
Neva (Puzzle-Platformer, PC, Switch, PS4, PS5, Xbox Series, Nomada Studios, 2024)
Life is Strange: Double Exposure (Adventure, PC, Switch, PS5, Xbox Series, Deck Nine Games, 2024)
Die beste Serie: Adolescence (Drama, Krimi, Netflix, 2025).
Hier geht es um den 13-jährigen Jamie Miller, der wegen des Mordes an einer Mitschülerin verhaftet wird. Seine Familie, die ermittelnde Polizei und eine Psychologin versuchen herauszufinden, was wirklich geschehen ist – und wie ein so junger Teenager zu einer solchen Tat fähig sein konnte.
Weitere Empfehlungen:
Ransom Canyon (Romantic Western, Netflix, 2025)
A Good Girl’s Guide to Murder (Mystery, Thriller, BBC/Netflix/ZDFneo, 2024)

Bildungsdezernentin Sylvia Weber betonte, dass man „Medienkompetenz nur durch Ausprobieren und kritische Auseinandersetzung lernt“. Vertreter der weiteren Sponsoren – darunter Lions Club, Frankfurter Buchmesse, Alte Oper und Drogenreferat der Stadt – standen den Jugendlichen für Fragen zur Verfügung. So wollten diese etwa von Julia Bloß, die im Drogenreferat im Bereich Prävention und Beratung tätig ist, wissen, warum die Games-Jury ausgerechnet von ihrer Einrichtung finanziert werde. „Seit der Gründung des Referats 1989 haben sich unsere Aufgaben sukzessive erweitert“, erklärte sie. „Heute geht es auch um Süchte wie exzessive Mediennutzung. Hier wollen wir präventiv wirken, damit Kinder und Jugendliche lernen, ihr Nutzungsverhalten besser einzuschätzen.“
Übrigens gelangen alle Titel des „JungeMedienJury“-Wettbewerbs in den Bestand der Frankfurter Stadtbücherei und stehen dort zur Ausleihe zur Verfügung. Sämtliche Titel hatten die Jugendlichen liebevoll auf einem großen Tisch am Ende des Saals präsentiert, wo auch das Abschlussfoto entstand, bevor das Buffet eröffnet wurde und sie gemeinsam mit rund 100 Gästen ihre erfolgreiche Arbeit und Präsentation feiern konnten.
(Diether von Goddenthow /RheinMainKultur.de)
