
Nach der erfolgreichen Sonderausstellung „Nach dem Leben geformt. Hans Wewerka und das Westerwälder Steinzeug des Jugendstils“ im Frühjahr 2024 setzt das Wiesbadener Stadtmuseum am Markt (sam) mit der neuen Sonderausstellung „Grau, Blau, Geritzt“ vom 1. Oktober 2025 bis 1. März 2026 die Präsentation wertvollen Westerwälder Steinzeugs aus der Sammlung Nassauischer Altertümer fort.
Während bei der Wewerka-Schau die gestalterische Komponente und Einflüsse des Jugendstils im Vordergrund standen, richtet diese Ausstellung den Blick vor allem auf handwerkliche Ausführung und Gebrauchswert der Keramik: Graublauer Schimmer, eingeritzte Ornamente, kräftige Silhouetten – Westerwälder Steinzeug war einst ein begehrter Exportschlager, kunstvoll, praktisch oder überraschend eigenwillig. Die Präsentation im sam – Stadtmuseum am Markt holt verborgene Depotstücke ans Licht und macht erlebbar, wie aus einfachem Ton lebendige Kultur entsteht.
Das traditionsreiche „Kannenbäckerland“ im Westerwald gehört zu den ältesten Keramikzentren Europas. Seit dem Mittelalter entstehen hier Krüge, Kannen, Figuren und Vorratsgefäße – vieles für den täglichen Gebrauch, manches als kunsthandwerkliches Einzelstück. Auch in der Umgebung von Wiesbaden prägte dieses Steinzeug über Jahrhunderte Wirtschaft, Brauchtum und Heimatbild.
Mehrere Eigenschaften machten das Westerwälder Steinzeug unverwechselbar: enorme Bruchfestigkeit und eine kühle Stabilität – ideale Voraussetzungen für Mineralwasserflaschen und Schmalztöpfe, wie sie noch heute bekannt sind.
Historische Keramik begegnet poetischer Fotografie: Die Ausstellung setzt die Objekte in Beziehung zu Arbeiten von Eckart Bartnik, der die Tongruben der Region in farbintensiven, beinahe surrealen Bildern einfängt.
Ein umfangreiches Begleitprogramm lädt ein, Material, Geschichte und Gestaltungsvielfalt neu zu entdecken.
Rahmenprogramm
After Work mit Bembel & Co.
Kuratorenführungen in entspannter Atmosphäre – dazu hessische Snacks und ein Glas „Äppelwoi“. Dr. Vera Klewitz, Kuratorin der Sonderausstellung, vermittelt die Bedeutung des Westerwälder Steinzeugs einst und heute.
Termine: Donnerstags, 18 Uhr
30. Oktober 2025 – 20. November 2025 – 22. Januar 2026
Dauer rund 90 Minuten, Kosten: 6 € zzgl. Eintritt, Anmeldung erforderlich, Teilnehmerzahl begrenzt.
Öffentliche Führungen
„Westerwälder Steinzeug – mehr als Bembel?“ Über Jahrhunderte war das „weiße Gold“ des Westerwaldes Alltagsware, Exportschlager und Symbol regionaler Stärke. Die Führung zeigt den Weg vom Rohstoff Ton zum Kulturgut.
Termine:
Sonntag, 9. November 2025, 14 Uhr
Samstag, 6. Dezember 2025, 14 Uhr
Sonntag, 22. Februar 2026, 11.30 Uhr
Dauer ca. 60 Minuten, Eintritt plus 4 €, ohne Anmeldung, begrenzte Teilnehmerzahl.
Gruppenführungen
Nach Vereinbarung, ca. 60 Minuten.
Kosten: Schulklassen 50 €, Erwachsene 85 €.
Offene Werkstatt
Angeregt von der Ausstellung „Grau, Blau, Geritzt“ entstehen eigene kleine Kunstwerke im Stil des Westerwälder Steinguts – etwa ein Mini-Bembel oder ein Ornament für den Weihnachtsbaum. Für alle Kreativen ab 6 Jahren geeignet.
Termine:
Samstag, 25. Oktober 2025, 15–17 Uhr – Bemalung eines Mini-Bembels
Samstag, 6. Dezember 2025, 15–17 Uhr – Gestaltung eines Ornaments
Dauer je nach Tempo 30–40 Minuten, Kosten 4 € pro Stück, ohne Anmeldung, Einstieg jederzeit möglich.
Finissage am Sonntag, 1. März 2026
14–16 Uhr: Offene Werkstatt
15–16 Uhr: Kuratorenführung mit Dr. Vera Klewitz
16–17 Uhr: Umtrunk
Vorträge
„Vom Zellraum zum Weltraum? – Naturverständnis durch fotografische Abstraktion“
Vortrag von Eckart Bartnik, künstlerischer Fotograf, Wiesbaden
Donnerstag, 23. Oktober 2025, 18 UhrBartnik bewegt sich zwischen Mikro- und Makrokosmos, zwischen wissenschaftlicher Präzision und künstlerischer Fantasie. Im Mittelpunkt steht seine Serie Revelation, aufgenommen in den Tongruben des Westerwalds – Landschaften, in denen sich Erdgeschichte in Farbe, Struktur und Form spiegelt und die wie Traumbilder wirken.
„TONangebend – Westerwälder Steinzeug erobert Europa und die Welt“
Vortrag von Annette Zeischka-Kenzler, Keramikmuseum Westerwald, Höhr-Grenzhausen
Dienstag, 11. November 2025, 18 Uhr
Ab dem späten 16. Jahrhundert wurde das Kannenbäckerland zu einem führenden Zentrum luxuriöser Keramik. Migration aus Raeren und Siegburg sowie eine geschickte Handelspolitik begünstigten den Erfolg. Über den Rhein gelangte die robuste, zugleich feine Ware problemlos in die niederländischen Häfen und von dort in alle Welt.
„Steinzeug aus Raeren und sein Einfluss auf das Westerwälder Steinzeug“
Vortrag von Barbara Bong, Töpfereimuseum Raeren VOG
Dienstag, 10. Februar 2026, 18 Uhr