
Wiesbaden/Marburg. Von einer Technologie für mehr emotionale Gesundheit über eine neuartige Software zur Knochendichtemessung bis hin zu einer KI-gestützten Lösung für den Friseursalon: Fünf besonders wegweisende Projekte haben in diesem Jahr beim Gründungswettbewerb „Hessen Ideen“ überzeugt und wurden am Dienstagabend im Lokschuppen Marburg feierlich ausgezeichnet. Wissenschaftsminister Timon Gremmels gratulierte den Gewinnerteams der Philipps-Universität Marburg, Goethe-Universität Frankfurt, TU Darmstadt und der Technischen Hochschule Mittelhessen – und verband seine Glückwünsche mit einem besonderen Gruß: Zum zehnten Mal wurden im Rahmen des „Hessen Ideen“-Wettbewerbs herausragende Gründungskonzepte von Studierenden, Forschenden und Alumni hessischer Hochschulen prämiert. Die Preisverleihung fand deshalb eingebettet in ein buntes Fest mit Start-up-Messe und Podiumsdiskussion statt.
„Zehn Jahre ,Hessen Ideen‘-Wettbewerb – das steht für ein Jahrzehnt voller Kreativität, Mut und Innovationskraft an unseren Hochschulen“, erklärte Minister Gremmels. „Als Schirmherr der Initiative freue ich mich über ihren großen Erfolg, die nachhaltige Stärkung des hessischen Gründungsökosystems und jede einzelne Ausgründung, die in dieser Zeit entstanden ist. Heute ist ,Hessen Ideen‘ ein tragendes Fundament der Gründungsförderung im Land. Die Initiative steht allen Fachrichtungen offen – von Informatik über Biochemie bis hin zur Pflege und Sozialen Arbeit. Viele Projekte greifen reale, oft regionale Herausforderungen auf und machen so unsere Gesellschaft zukunftsfähig. Das beweisen auch die diesjährigen Gewinnerteams. Ich gratuliere herzlich und wünsche ihnen Durchhaltevermögen und Tatkraft für ihren weiteren Weg.“
Die ausgezeichneten Teams im Überblick
Erster Preis (10.000 Euro): Prof. Dr. rer. nat. Hamidreza Jamalabadi, Alina Buschhüter, Svenja Francke und Marco Rothermel von der Philipps-Universität Marburg für ihr Projekt „MindShift“. Ziel ist eine Technologie, die gezielt die Informationsverarbeitung im Gehirn beeinflusst, um negative kognitive Verzerrungen zu korrigieren und so Depressionen und Angststörungen zu behandeln. Grundlage sind bewährte Neurostimulationsverfahren, die in Kliniken und zunehmend im Wellnessbereich genutzt werden. Die Jury lobte vor allem das revolutionäre Potenzial für die Behandlung psychischer Erkrankungen.
Zweiter Preis (7.000 Euro): Dr. Leon David Grünewald, Dr. Christian Booz, Tim Alexander Bergmann, Dipl.-Ing. Miguel Leal Spohr, Dipl. Julian Garritz Cruz und Dr. Stefan Wesarg von der Goethe-Universität Frankfurt mit „BMDNow – Opportunistische Knochendichtemessung aus Routine-CTs“. Ihre automatisierte Software berechnet aus vorhandenen CT-Aufnahmen nachträglich die Knochendichte – ganz ohne zusätzliche Geräte oder Personal. Ein Algorithmus kombiniert neuronale Netze für die Bildsegmentierung mit modernen bildgebenden Verfahren, um präzise Messungen zu liefern. Die Jury überzeugte besonders die Senkung der Strahlenbelastung und die Effizienzsteigerung im Gesundheitswesen.
Dritter Preis (4.000 Euro): Dr.-Ing. Felix Hoffmann, Erkut Sarikaya, Erik Ebert, Eduardo Reis, Julius Frenzel, Franziska Lange und Young-Min Kong von der TU Darmstadt für „autonomIQ“. Ihr Ansatz erleichtert und beschleunigt die Programmierung von Werkzeugmaschinen. Künstliche Intelligenz und physikalische Prozesssimulation optimieren Bearbeitungsschritte – ohne Cloud-Computing oder teure Zusatzlizenzen. Die Jury sieht hier enormes Potenzial, die Wettbewerbsfähigkeit von CNC-Werkzeugmaschinen in vielen Branchen zu steigern.
Sonderpreis (2.000 Euro): Zum zehnjährigen Jubiläum vergab die Jury zusätzlich einen Sonderpreis an Yaris Winter Jimenez, Malwin Najmadin, Leon Budimovic und Jonas Derksen von der Technischen Hochschule Mittelhessen. Ihr Projekt „BERT – Mobile Testkammer für Kleinsatelliten“ ermöglicht es insbesondere kleinen Herstellern, Satelliten auf der Erde unter realistischen Bedingungen des Weltraums – Vakuum, extreme Temperaturen, Schwerelosigkeit – zu testen. Die mobile Kammer kann laut Jury einen neuen Standard für nachhaltige und zuverlässige Raumfahrt setzen und damit einen wichtigen Beitrag für Deutschlands strategische Zukunftsfähigkeit leisten.
Publikumspreis: Das Team um Salah Alnachawati, Wafaa Al Nachwati, Arthur Freye und Osama Nouralddin von der Technischen Hochschule Mittelhessen gewann mit „Hairconomy“. Hier trifft Handwerk auf künstliche Intelligenz: Ein vernetzter Friseurstuhl erkennt Belegung in Echtzeit, übernimmt Terminplanung, digitalisiert Abläufe und bestellt automatisch Material nach.
Insgesamt waren in diesem Jahr 40 Teams aus 15 Hochschulen nominiert. Fachgutachterinnen und Fachgutachter bewerteten die Projekte, während parallel eine Online-Abstimmung der Nutzerinnen und Nutzer lief. 13 Geschäftsideen erreichten das Finale und präsentierten sich der Jury, die schließlich über die Preisträgerinnen und Preisträger entschied.
Über die Initiative „Hessen Ideen“
„Hessen Ideen“ ist eine gemeinsame Initiative des Landes Hessen und der hessischen Hochschulen, getragen von Partnerunternehmen. Sie besteht aus den Bausteinen „Hessen Ideen“-Wettbewerb (erstmals 2016 verliehen), Hessen Ideen Stipendium, Hessen Ideen Hochschulnetzwerk und Hessen Ideen Crowdfunding. Ziel ist es, unternehmerisches Potenzial an den Hochschulen zu entdecken und zu fördern. Seit 2016 hat sich „Hessen Ideen“ zu einer zentralen Plattform für Hochschulgründungen entwickelt, von der bislang fast 500 Gründungsteams profitiert haben. Koordiniert wird die Initiative von UniKasselTransfer an der Universität Kassel in Kooperation mit HIGHEST der TU Darmstadt. Das Land Hessen unterstützt „Hessen Ideen“ im Rahmen des Hessischen Hochschulpakts bis 2025 mit insgesamt 5,4 Millionen Euro.