
„Zwar wolle man nach dem höchst erfolgreichen wie turbulenten Jubiläumsjahr ‚200 Jahre Museum Wiesbaden‘ – zuletzt gekrönt durch das unerwartete Geburtstagsgeschenk des Swifties-Hypes um Friedrich Heysers Ophelia-Jugendstil-Bild – im Jahr 2026 wieder in den Normalmodus mit drei großen Ausstellungen plus Kabinettformaten zurückkehren, doch Museumsdirektor Dr. Andreas Henning und Dr. Roman Zieglgänsberger, Kustos Klassische Moderne, präsentieren beim heutigen Pressegespräch für 2026 bereits ein neues Ausstellungs-Highlight internationalen Ranges: ‚Die Blauen Reiterinnen‘.“Die Schau feiert am 23. Oktober 2026 im Museum Wiesbaden Weltpremiere. Ausgelöst durch die Entdeckung eines Schriftstücks um 2017/2018 konnte Zieglgänsberger belegen, dass es auch „Die Blauen Reiterinnen“ gab – eine Erkenntnis, die ihn fortan nicht mehr losließ.
Neben diesem absoluten Höhepunkt im Herbst startet das Museum Wiesbaden ab März 2026 fortlaufend mit einem ganzen Strauß spannender Kunst-, Kultur- und naturwissenschaftlicher Ausstellungen.
Folgend ein Überblick der geplanten Ausstellungs-Saison 2026:
Unter Druck – Politische Plakate (18. März 2026)

Die Sonderausstellungen der Kunstabteilung beginnen am 18. März 2026 mit politischen Plakaten. In Kooperation mit dem Hessischen Landtag zeigt „Unter Druck“ Plakate von 1918 bis 1933 aus der Sammlung Maximilian Karagöz. Das politische Plakat tritt in Europa erstmals während des Ersten Weltkriegs massiv als Propagandainstrument auf – mit sehr unterschiedlichen Strategien: von sachlich-faktischer Argumentation bis zur gezielten Lüge und emotionalen Manipulation. Diese Bandbreite entwickelt sich in den folgenden Jahren weiter.
Nach dem Krieg spiegeln expressionistische Plakate den traumatisierten Zustand einer Nation. Die zunehmende Brutalisierung der politischen Auseinandersetzung in den 1920er und frühen 1930er Jahren zeigt sich auch in den drastischen Bildmotiven, besonders an den politischen Rändern. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten endet schließlich die Vielfalt der politischen Stimmen im öffentlichen Raum.
Gezeigt werden politische Plakate aus der Sammlung des Wiesbadeners Maximilian Karagöz. Parallel dazu präsentiert der Hessische Landtag politische Plakate von 1945 bis 1991 (18. März – 12. April 2026).
GIFT – Gifte faszinieren (20. März 2026 – 4. April 2027)

Ab dem 20. März 2026 startet im Landesmuseum die großangelegte Jahresausstellung „GIFT“. Die Naturhistorischen Sammlungen verbinden darin Natur, Kultur und Wissenschaft auf vielfältige Weise. In der Natur übernehmen Gifte unterschiedlichste Funktionen: Baumsteigerfrösche nutzen sie zum Schutz, die Kobra zum Beutefang.
Auch der menschliche Umgang mit dem Giftigen wird beleuchtet – von historischen und aktuellen Giftmorden über Umweltgifte bis zur medizinischen Nutzung toxischer Substanzen. Die Erkenntnis von Paracelsus bleibt dabei gültig: „Allein die Dosis macht, dass ein Ding kein Gift ist.“
Jugendstil und Symbolismus – Georg Lührig: Ein Meister aus Dresden (22. Mai 2026 – 17. Januar 2027)
Vom 22. Mai 2026 an widmet sich diese große Schau der Wiederentdeckung des bedeutenden Dresdner Künstlers Georg Lührig (1868–1957). Im Mittelpunkt stehen selten gezeigte Werke aus Jugendstil und Symbolismus, darunter Dresdner Fresken, die im Zweiten Weltkrieg zerstört wurden.
Lührig prägte um 1900 maßgeblich die Kunstszene Dresdens. Sein Werk zeichnet sich durch beeindruckende gestalterische und inhaltliche Vielfalt aus – von Kohle- und Bleistiftstudien über Aquarelle, Lithografien, Ölgemälde bis hin zu monumentalen Auftragsfresken. Ebenso zu entdecken sind seine Arbeiten als Kriegsmaler während des Ersten Weltkriegs in Frankreich/Champagne und Syrien/Aleppo.
Brutpflege: Liebe ohne Worte (ab 7. Juni 2026)

Die Studienausstellung „Brutpflege – Liebe ohne Worte“ zeigt ab dem 7. Juni 2026 zahlreiche Beispiele elterlicher Fürsorge im Tierreich. Ob Insekt, Frosch, Vogel oder Fisch – viele Arten zeigen Bindungsverhalten, das durch Nerven und Hormone gesteuert wird, ähnlich wie beim Menschen. Vielleicht fühlen Tiere anders, vielleicht nicht wie wir – doch Elternliebe existiert überall, selbst wenn sie instinktgesteuert ist.
Women & Type – Call for Flags (11. Juli – 3. Oktober 2026)

Im Rahmen der „World Design Capital Frankfurt RheinMain 2026“ präsentiert das Museum Wiesbaden vom 11. Juli bis 3. Oktober 2026 *„Women & Type – Call for Flags“**. Die Schau würdigt das gestalterische Können international renommierter Typografinnen und Type Designerinnen. Im Zentrum stehen Fragen nach Identität, Geschlecht und Herkunft.
Über einen „Call for Flags“ gestalten 20 international bekannte Designerinnen typografische Flaggen, die die Wiesbadener Flaniermeile „Rue“ (Wilhelmstraße) bespielen. Ergänzt wird dies durch Präsentationen im Oktogon des Museums Wiesbaden sowie im Pavillon LUX der Hochschule Mainz.
Ein Kooperationsprojekt zwischen dem Museum Wiesbaden und dem Institut Designlabor Gutenberg der Hochschule Mainz.

Die Blauen Reiterinnen (23. Oktober 2026 – 21. Februar 2027)
Die Abteilung Klassische Moderne feiert mit der Weltpremiere der „Blauen Reiterinnen“ eines der spannendsten kunsthistorischen Projekte der kommenden Jahre. Gemeinsam mit der Städtischen Galerie im Lenbachhaus München, dem Paula Modersohn-Becker Museum Bremen und der Fondazione Werefkin in Ascona werden bedeutende, teils vergessene Künstlerinnen der Avantgardebewegung „Der Blaue Reiter“ erstmals umfassend in einer Gruppenausstellung vorgestellt.
Der Blaue Reiter steht für visionäre Beiträge in Theorie, Malerei, Grafik, Literatur und Musik – geprägt durch die Subjektivierung der Kunst, die Befreiung der Farbe und die Gleichwertigkeit verschiedener Ausdrucksformen. Dennoch blieb bis heute nahezu unerforscht, welchen Anteil die Künstlerinnen im Umfeld dieser Bewegung an der Entwicklung der Moderne hatten, welche Netzwerke sie bildeten und wie sie sich gegen widrige gesellschaftliche Normen behaupteten.
Die Ausstellung stellt jene Künstlerinnen vor, deren Lebenswege oft kaum rekonstruierbar sind, darunter: Erma Bassi, Sonia Delaunay-Terk, Emmi Dresler, Elisabeth Epstein, Elisabeth Erdmann-Macke, Natalia Gontscharowa, Else Lasker-Schüler, Maria Franck-Marc, Olga Meerson, Gabriele Münter, Carla Pohle und Marianne von Werefkin.
Mit schönen Grüßen von Spinne und Bär – Ursula und Bernard Schultze (2027)

Zum Abschluss erinnern das Museum Reinhard Ernst, das Museum Wiesbaden und der Nassauische Kunstverein Wiesbaden mit drei Ausstellungen an die legendäre Schau „Couleur vivante“ von 1957.
Der Fokus der Wiesbadener Präsentation liegt auf den Werken von Ursula und Bernard Schultze. 2027 jährt sich die einst wegweisende Ausstellung „Lebendige Farbe – Couleur vivante“ zum 70. Mal. Sie versammelte damals das Who’s who der gestisch-abstrakten Malerei und setzte zugleich ein Zeichen für die junge deutsch-französische Freundschaft.
Im Zentrum der Kabinettausstellung steht die enge Beziehung des Künstlerpaars zum Museum Wiesbaden und zu Clemens Weiler, dem innovativen Direktor der Nachkriegszeit – sichtbar nicht nur in den Werken selbst, sondern auch in persönlichen Grußkarten, Notizen und Anekdoten. Sammlungsgeschichte wird so zu Kunstgeschichte – flankiert von zahlreichen lange nicht gezeigten Schätzen aus den Depots.
(Museum Wiesbaden /Diether von Goddenthow – RheinMainKultur.de)
Museum Wiesbaden
Hessisches Landesmuseum
für Kunst und Natur
Friedrich-Ebert-Allee 2
65185 Wiesbaden
Fon 0611 ⁄ 335 2250 (-51)
Fax 0611 ⁄ 335 2192
